CEO Neri kämpft um Milliardenübernahme

HPE stellt nach Stopp von Juniper-Deal trüberen Ausblick

Hewlett Packard Enterprise ringt mit zunehmendem Margendruck. CEO Antonio Neri gibt sich in Zeiten wachsenden politischen Gegenwinds allerdings kämpferisch.

HPE stellt nach Stopp von Juniper-Deal trüberen Ausblick

HPE enttäuscht nach Stopp von Juniper-Deal

Ausblick fällt nach „aggressivem Discounting im Markt“ schwächer aus als erhofft – Personalabbau geplant – CEO Neri ringt um Milliardenübernahme

xaw New York

Aktionäre von Hewlett Packard Enterprise (HPE) müssen die nächste Enttäuschung verkraften. Nach der Klage des US-Justizministeriums gegen die Übernahme des Netzwerkausrüsters Juniper hat das IT-Unternehmen einen schwächeren Ausblick für das zweite Geschäftsquartal gestellt als erwartet. Der um Faktoren wie aktienbasierte Vergütungen und Abfindungskosten bereinigte Gewinn werde zwischen Februar und April bei 28 bis 34 Cent pro Anteilsschein liegen. Für 2025 rechnet HPE mit 1,70 bis 1,90 Dollar. Wall Street war von 50 Cent im Quartal und 2,13 Dollar im Geschäftsjahr ausgegangen.

Aktie unter Druck

Die Aktie des 2015 von HP abgespaltenen Unternehmens stand nach der Eröffnung in New York am Freitag schwer unter Druck, zeitweise gab sie um nahezu 16% nach. Auch die Ergebnisse für das Ende Januar abgeschlossene erste Geschäftsquartal fielen nicht durchweg überzeugend aus. Der adjustierte Gewinn lag mit 49 Cent pro Aktie zwar in der von HPE gesetzten Prognosespanne, Analysten hatten sich laut dem Datendienst Factset im Konsens aber noch etwas mehr erhofft. Der Umsatz fiel mit 7,85 Mrd. Dollar allerdings 16% höher aus als in der Vorjahreszeit, an Wall Street waren im Vorfeld Schätzungen von lediglich 7,81 Mrd. Dollar herumgereicht worden.

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Vorstandschef Antonio Neri sieht ein aggressives Discounting im Markt als Grund für den Profitabilitätsdruck bei HPE. Foto: picture alliance / Andy Kropa/Invision/AP | Andy Kropa.

HPE-CEO Antonio Neri zeigt sich nun selbstkritisch. „In einigen Bereichen des Portfolios, insbesondere im Server-Geschäft, hätten wir unsere Strategie besser ausführen können“, sagt der Vorstandschef im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Zwar verleihen der Boom um künstliche Intelligenz (KI) und die resultierende hohe Nachfrage nach Computing-Ressourcen der Server-Sparte Schwung: Das Zugpferd des Unternehmens steigerte die Erlöse im Vergleich zum ersten Geschäftsquartal 2024 um 29% auf 4,29 Mrd. Dollar und übertraf damit die Erwartungen. Allerdings ging die operative Marge nach 11,4% im Vorjahr auf 8,1% zurück.

Neri hebt „aggressives Discounting im Markt“ als Begründung für den Profitabilitätsdruck hervor. „Sowohl im KI- als auch im traditionellen Server-Geschäft“ habe der Wettbewerb angezogen. Dies sei zwar zu erwarten gewesen. „Doch gegen Ende des Quartals haben wir zu meiner Enttäuschung festgestellt, dass unsere Bepreisung den Wert unseres Inventars nicht korrekt abgebildet hat“, räumt Neri ein. Notwendige Anpassungen könnten das Wachstum kurzfristig bremsen.

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Mit Blackwell-GPUs ausgerüsteter Serverturm: Die IT-Branche steckt in einer Transition hin zu neuen Grafikprozessoren. Foto: picture alliance / Sipa USA | Travis Ball

Zudem stecke die gesamte Branche in einer „rapiden Transition hin zu Grafikprozessoreinheiten der nächsten Generation“. Der Wechsel auf GPUs der aktuellen Nvidia-Reihe Blackwell habe dafür gesorgt, dass die Lagerbestände von HPE ungewöhnlich hoch ausgefallen seien. Auf der Halbleiterplattform basierende Chips weisen 2,6-mal so viele Transistoren auf wie ihre Vorgängermodelle und bieten damit eine deutlich höhere Performance. Allerdings sind sie deshalb auch komplexer aufgebaut. Die Zusammensetzung des Gemischs aus Silikon, Metall und Plastik muss vollkommen reibungslos ablaufen, der Defekt eines Teils kann den ganzen 40.000-Dollar-Chip unbrauchbar machen. Derweil richten sich die Blicke am Markt schon auf die Nachfolgerreihe „Rubin“, die nach Erwartungen der Wall Street 2026 in Produktion gehen soll und zu der Nvidia bei seiner Entwicklerkonferenz in Kalifornien im laufenden Monat mehr Details bekannt geben dürfte.

HPE reagiert auf den Profitabilitätsdruck mit einer Kostenstraffung. Gemäß Finanzchefin Marie Myers hat das Unternehmen bereits die Reiseauslagen und Ermessensausgaben reduziert. Nun sollen durch Entlassungen über die nächsten 18 Monate Einsparungen von 350 Mill. Dollar innerhalb des Geschäftsjahres 2027 folgen. Laut Neri soll die Belegschaft um 5% schrumpfen, dabei einbezogen sind neben dem ins Auge gefassten Personalabbau auch natürliche Abgänge.

Strafzölle erschweren Prognose

Derweil sorgt die Regierung in Washington für zusätzliche Verunsicherung. Die Strafzölle von Präsident Donald Trump gegen US-Handelspartner, insbesondere Mexiko, gehen auch an HPE nicht spurlos vorüber. Neri rechnet damit, dass HPE die Preisstruktur in der Folge an höhere Kosten anpassen muss. „Die Situation ist im Fluss und wir sind eins der ersten Unternehmen, dass die Zölle in seine Guidance aufnehmen kann“, betont der CEO.

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Sorgt mit seinem Strafzoll-Wirrwarr auch bei HPE-Investoren für Unruhe: US-Präsident Donald Trump. Foto: picture alliance / Consolidated News Photos | Al Drago - Pool via CNP.

Im April stünden dann auch „reziproke“ Zölle gegen US-Handelspartner an. Mit den nach einer Vielzahl von Kriterien formulierten Maßnahmen will Trump sich insbesondere Länder vorknöpfen, die einen hohen Handelsüberschuss gegenüber den USA aufweisen. Gerade die Auswirkungen auf die Handelsbilanz zwischen den Vereinigten Staaten und Europa sei für Unternehmen schwierig abzuschätzen. „Wir müssen unseren Ausblick nach bestem aktuellen Wissen formulieren“, unterstreicht Neri. Mit Blick auf das Geschäft in der Europäischen Union sieht der CEO die „üblicherweise treibende“ deutsche Wirtschaft nicht mehr als Motor; auch nach der Bundestagswahl sei mit keiner schnellen Verbesserung des geschäftlichen Umfelds in der Bundesrepublik zu rechnen.

Die Zollunruhen verunsichern die Wall Street, die zuletzt hoch bewertete Tech-Titel abgestoßen hat. Die Aktie von HPE lag zwischen Jahresbeginn und New Yorker Handelsschluss mit nahezu 16% im Minus. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis auf Basis der Profitschätzungen für die kommenden zwölf Monate ist infolge des jüngsten Abwärtstrends aber auf 8,6 und damit unter den Branchenschnitt gefallen.

Streit um Milliardenübernahme

Größter Unruheherd bleibt bei HPE indes die Anfang des vergangenen Jahres angekündigte, 14 Mrd. Dollar schwere Übernahme von Juniper. Das US-Justizministerium reichte Ende Januar Klage ein, um den Deal zu verhindern. Denn der geplante Merger „werde den Wettbewerb erheblich reduzieren und das Innovationspotenzial schwächen“, sagte Omeed Assefi, der kommissarische Leiter der Kartellrechtsabteilung im Justizministerium. Dies werde dazu führen, dass weite Teile der US-Wirtschaft mehr bezahlen würden, um weniger Leistung von den Anbietern drahtloser Technologien zu erhalten.

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Durch die Übernahme von Juniper Networks will HPE die Basis an Cloud-Kunden erweitern. Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | PAUL SAKUMA.

Cisco Systems ist im Wireless-Network-Markt für große Unternehmenskunden und Regierungsorganisationen führend, Juniper und HPE folgen auf den nächsten Plätzen. Zusammengenommen würden die drei Unternehmen nach Berechnungen des US-Justizministeriums 70% des Segments kontrollieren. HPE und Juniper kündigten nach der Intervention aus Washington an, den Deal „energisch vor Gericht verteidigen“ zu wollen. Sie verweisen darauf, dass die Übernahme in 13 anderen Rechtsräumen grünes Licht erhalten habe, unter anderem in der EU.

Scharfe Kritik an Regulator

Nach Darstellung Neris würde ein Deal den Wettbewerb und die nationale Sicherheit der Vereinigten Staaten sogar stärken, da ein kombiniertes Unternehmen gegen globale Rivalen wie der chinesischen Huawei, deren drahtlose Netzwerkprodukte in den USA seit 2022 vom Verkauf ausgeschlossen sind, konkurrenzfähiger sei. Zudem steige durch einen Zusammenschluss die Kapazität für Investitionen in Forschung und Entwicklung und komme somit Kunden zugute, die ein „umfassenderes KI-getriebenes, in der Cloud beheimatetes IT-Paket“ erhielten.

Die Behauptung des Justizministeriums, dass der W-LAN-Markt aus drei großen Spielern bestehe, habe mit der Realität nichts zu tun. Der Regulator ignoriere gut kapitalisierte Branchenvertreter mit ähnlichen Anteilen wie Juniper, die über alle Kundensegmente hinweg aktiv seien. Die Abnehmer holten sich für die meisten Aufträge Angebote von fünf Wettbewerbern ein. Zudem seien die Eintrittsbarrieren infolge einer Verschiebung hin zu Cloud-getriebenen Geschäftsmodellen gesunken. Die Analyse des Justizministeriums sei damit „voller Fehler“, der Regulator überschreite seine Kompetenzen.

Hoffnung auf außergerichtliche Einigung

Neri gibt sich mit Blick auf den Deal weiter kämpferisch. „Wir denken, dass wir über überzeugende Argumente verfügen und die Transaktion bis Ende 2025 abschließen können“, sagt er. Ein Richter hat im Prozess zwischen HPE und dem US-Justizministerium einen Verhandlungstermin für Juli angesetzt. Neri hegt indes die Hoffnung, noch zuvor zu einer außergerichtlichen Einigung zu kommen. Diese Hoffnung ruht auch auf Gail Slater, die Trump als Leiterin der Kartellrechtsdivision im Justizministerium nominiert hat. „Wir setzen, dass sie sich unseren Fall noch einmal ansieht, wenn sie im Amt bestätigt ist – und realisiert, dass wir das Kartellrecht nicht verletzen“, sagt Neri.

Aktionäre sorgen sich unterdessen darum, dass die US-Regierung HPE oder Juniper im Zuge einer Einigung zwingen könnte, Geschäftseinheiten abzustoßen. Eine Veräußerung der Juniper-KI-Plattform Mist, die zum Management verschiedener Netzwerktypen dient, hat Neri zuletzt schon ausgeschlossen. Schließlich sei es schwer, Software aus einer integrierten Plattform herauszulösen. Dass die designierten Partner dem Justizministerium in anderer Hinsicht entgegenkommen, will der CEO aber nicht ausschließen. Assetverkäufe müssten allerdings „unter Wettbewerbs- und Marktgesichtspunkten Sinn ergeben und dürfen das Produkt für unsere Kunden nicht verwässern.“

Hybrid Cloud als neuer Motor

Trotz der gewachsenen Unsicherheit hat Neri „sehr großes Vertrauen“ in die eigene Strategie. Die Kundennachfrage habe über das vergangene Jahr hinweg über alle Geschäftsbereiche und Märkte angezogen, im Server- und Netzwerk-Geschäft fielen die Zuwächse zweistellig aus, während die Bestellungen bei Speicherlösungen explodiert seien. Die Sparte Hybrid Cloud gilt unter Analysten schon länger als künftiger Wachstumstreiber. Die Erlöse dort legten im abgelaufenen Quartal um 10% auf 1,4 Mrd. Dollar zu, die operative Marge zog nach 4% im Vorjahr auf 7% an.

Zudem zielt Neri darauf ab, die Plattform HPE Greenlake auszubauen. Diese kombiniert lokale Rechenzentren mit öffentlichen Speicherressourcen, sodass Unternehmen ihre Daten und Anwendungen auf beide verteilen können. Das Quartal beendete HPE mit 41.000 Greenlake-Kunden. Die Annualized Revenue Run-Rate als Metrik für die Stärke der Abonnement-Erlöse zog gegenüber dem Vorjahr um 45% auf 2,1 Mrd. Dollar an. Für die Aktionäre ist das ein Hoffnungsschimmer.

Die Profitabilität der Kernsparten von Hewlett Packard Enterprise steht unter Druck. CEO Antonio Neri gibt sich in Zeiten wachsenden politischen Gegenwinds allerdings kämpferisch. Der Manager will die milliardenschwere Übernahme des Netzwerkausrüsters trotz einer US-Blockade noch vor Jahresende abschließen.