ESG

Nachhaltigkeits­berichte: Global denken und handeln

Die Europäische Kommission hat ihren Richtlinienvorschlag zum „Corporate Sustainability Reporting“ (CSRD) vorgelegt. Der Vorschlag ist ein großer Schritt in die richtige Richtung. Die Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung...

Nachhaltigkeits­berichte: Global denken und handeln

Die Europäische Kommission hat ihren Richtlinienvorschlag zum „Corporate Sustainability Reporting“ (CSRD) vorgelegt. Der Vorschlag ist ein großer Schritt in die richtige Richtung. Die Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung auszuweiten, zu vereinheitlichen und klarzustellen und sie überdies stärker in der Corporate Governance der Unternehmen zu verankern, ist zu begrüßen. Gleiches gilt für die Ausweitung des Kreises der betroffenen Unternehmen. Die inhaltliche Prüfungspflicht stärkt zudem das Vertrauen in solche Informationen.

Gleichwohl sehen wir in einigen Punkten noch Bedarf für Verbesserungen, die die Zielsetzungen der Reform weiter stützen würden.

Internationaler Standard

Aufgrund globaler Lieferketten und Nutzung finanzieller und nicht-finanzieller Ressourcen benötigen die Stakeholder eine global vergleichbare Nachhaltigkeitsberichterstattung. Ein „Flickenteppich“ wäre mit Mehrkosten für alle Beteiligten verbunden. Daher sollte für weltweit tätige Unternehmen ein internationaler Standard entwickelt werden, der – wie bei den International Financial Reporting Standards (IFRS) – durch den bekannten Mechanismus in europäisches Recht übernommen werden könnte. Die IFRS-Foundation hat sich dieser Aufgabe angenommen und erhält dabei weltweit Unterstützung, z. B. von der International Federation of Accountants (IFAC). Die Märkte brauchen zeitnah bessere Berichtsstandards. Das europäische Momentum ist dabei ein wesentlicher Beitrag. So kann Europa auch Einfluss nehmen auf einen internationalen Standard. Ein Nebeneinander eines verpflichtend anzuwendenden europäischen Standards einerseits und internationaler Standards andererseits sollte indessen vermieden werden. Die nachhaltige Transformation kann nur durch globale Zusammenarbeit gelingen. Dies sollte auch für Berichtsstandards gelten!

Frage der Skalierbarkeit

Durch die begrüßenswerte Ausdehnung der Anwendungspflicht auf große Kapitalgesellschaften ab 250 Arbeitnehmer (allein in Deutschland rund 15000 Unternehmen) stellen sich Fragen der Skalierbarkeit und Anschlussfähigkeit an nationale Rechnungslegungsnormen. Mit solchen Aufgaben tun sich globale Organisationen nachweislich schwer. Der EU käme hier also die Aufgabe zu, wesentliche Teile des Mittelstandes bei der Umsetzung zu unterstützen, was nicht zuletzt aus deutscher Sicht lohnenswert wäre. Die ebenfalls begrüßenswerte Absicht der EU-Kommission, (freiwillige) Berichtsstandards für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) vorzulegen, zeigt insofern den Weg.

Die Nachhaltigkeitsberichterstattung soll künftig von unabhängigen Stellen verpflichtend inhaltlich geprüft werden. Dies steigert die Verlässlichkeit der Informationen. Nach einer politisch festzulegenden Übergangszeit sollten die Prüfungen von Nachhaltigkeitsinformationen indessen mit derselben Verlässlichkeit durchgeführt werden wie die Prüfung von Finanzinformationen. Unterschiedliche Aussagesicherheiten würden von den Adressaten nicht verstanden und würden überdies der Bedeutung der Nachhaltigkeitsberichterstattung nicht gerecht werden. Das vorhandene internationale Prüfungsinstrumentarium sollte auf globaler Ebene weiter konkretisiert werden. Eines eigenständigen europäischen Prüfungsstandards bedarf es dafür nicht.

Der Kommissionsvorschlag ge­währt ein Mitgliedstaatenwahlrecht, nach dem die Prüfung künftig Wirtschaftsprüfer wie auch unabhängige Drittanbieter durchführen dürfen. Hierdurch darf es indessen nicht zu unterschiedlichen Prüfungsqualitäten kommen. Auch Drittanbieter müssen daher gleichen Anforderungen an ihre Unabhängigkeit und Qualifikation unterliegen wie Wirtschaftsprüfer.

Diese Absicht drückt auch die EU-Kommission­ aus. Allerdings bleibt offen, wie dies angesichts der hohen Regulierungsdichte der Wirtschaftsprüfer gelingen soll. Zudem verfügt der Wirtschaftsprüferberuf als einziger Beruf über ein fundiertes und qualitätsgesichertes Prüfungs-Know-how. Als Abschlussprüfer hat er umfassende Kenntnisse des geprüften Unternehmens und dessen Umfelds. Eine Prüfung auch der Nachhaltigkeitsberichterstattung durch den Abschlussprüfer hätte daher erhebliche Effizienzvorteile.

Ambitionierter Zeitplan

Der Trend geht zu einer integrierten Darstellung von Finanz- und Nachhaltigkeitsberichterstattung im Lagebericht der Unternehmen. Die Beauftragung unterschiedlicher Prüfer für eine solche integrierte Berichterstattung vermag nicht zu überzeugen. Die Bedeutung der Nachhaltigkeitsberichterstattung kommt auch dadurch zum Ausdruck, dass die Verantwortung der Unternehmensorgane für die Nachhaltigkeits- und Finanzberichterstattung gleichermaßen besteht. Die stärkere Integration der Nachhaltigkeitsberichterstattung in die Corporate Governance ist sehr zu begrüßen.

Der Zeitplan zur Umsetzung ist ambitioniert, aber es ist richtig, dass die Europäische Union aufs Gaspedal drückt. Notwendige fachliche Strukturen auf Seiten der EU müssen noch geschaffen werden, die Mitgliedstaaten haben die Richtlinie bis Ende des Jahres 2022 zu transformieren und die Unternehmen sowie deren Prüfer sollen die Regelungen schon für Geschäftsjahre beginnend 2023 anwenden.

Eine stabile rechtliche Grundlage läge dann aber erst seit wenigen Monaten vor. Auch vor dem Hintergrund, dass der Anwenderkreis deutlich ausgeweitet werden soll, wäre eine stufenweise Ausweitung mit einer angemessenen Übergangsfrist hilfreich. Dies ließe dann auch ausreichend Zeit für den Aufbau erforderlicher Systeme und Prozesse als Grundlage von Berichterstattung und Prüfung.

Zweifel an der Aussagekraft der Nachhaltigkeitsberichterstattung müssen vermieden werden. Sie würden das gesamte Projekt als Teil des „Green Deal“ gefährden. Das IDW setzt sich dafür ein, die Nachhaltigkeitsberichterstattung und ihre Prüfung dauerhaft auf ein solides Fundament zu stellen.