Politische Unsicherheit setzt US-Autobauer unter Druck
Politische Unsicherheit belastet US-Autobauer
Trump-Unterstützung von CEO Musk droht für Tesla zum Bumerang zu werden – General Motors bereitet sich auf Turbulenzen durch Strafzölle vor
xaw New York
In einem zunehmend unsicheren Umfeld für den Automarkt sendet Elektro-Vorreiter Tesla neuerliche Schwächesignale. Das in Austin ansässige Unternehmen hat mit seinen Ergebnissen zum abgelaufenen Quartal trotz Rekord-Absatzzahlen die Erwartungen der Wall Street verfehlt, nachdem es sich gerade erst aus einem Negativtrend bei der Profitabilität freigekämpft hatte.
Margen im Abwärtstaumel
Die Bruttomarge sackte im Zeitraum zwischen Oktober und Dezember auf 16,3% ab – der Konsens der Analystenschätzungen hatte bei 19,03% gelegen. Der Gewinnanstieg um 3% auf 2,57 Mrd. Dollar blieb ebenfalls hinter den Prognosen zurück, ohne Einmaleffekte durch einen Wertanstieg der Bitcoin-Reserven wäre der Überschuss noch schwächer ausgefallen. Nun geht angesichts des Machtwechsels in Washington die Furcht vor einer neuen Abwärtsspirale um.
Denn Tesla-CEO Elon Musk gilt zwar als wichtigster Unterstützter von US-Präsident Donald Trump und genießt großen Einfluss in dessen Administration. Anleger setzten zuletzt darauf, dass sich die Nähe des Milliardärs zum Weißen Haus für seine Unternehmen auszahlt: Nach dem Wahlsieg Trumps schoss die Marktkapitalisierung von Tesla bis kurz vor Weihnachten auf ein Allzeithoch von über 1,5 Bill. Dollar. Doch befürchten Analysten, dass Musks andere Unternehmungen zur Ablenkung werden. Noch schwerer wiegen laut Wells Fargo allerdings die Gefahren durch Trumps reaktionäre Politik.
Steuergutschriften in Gefahr
„Die Fundamentaldaten sind schwach und eine IRA-Aufhebung stellt 2025 ein materielles Risiko für die Nachfrage und die Margen dar,“ kommentieren die Analysten des Geldhauses, die zum Verkauf der Tesla-Aktie raten, die Aussichten. Dabei beziehen sie sich auf Trumps Ankündigungen, zumindest Teile des von Amtsvorgänger Joe Biden unterzeichneten Inflation Reduction Act unwirksam zu machen. Das Gesetz enthält Steuergutschriften von 7.500 Dollar auf den Kauf von Elektroautos, die zur bedeutenden Absatzstütze für Tesla geworden sind.
Nun droht Trump Stromer für US-Kunden also unattraktiver zu machen. Dabei ringt die Branche ohnehin schon damit, dass die E-Auto-Preise nach wie vor zu hoch ausfallen, um im großen Still Verbrenner-Fahrer anlocken zu können. Selbst umfangreiche Rabattaktionen der Anbieter lindern das Problem bisher kaum. Gartner-Analyst Pedro Pacheco hält die Strategie, den Absatz durch Discounts anzukurbeln, gerade mit Blick auf die Traditionsautobauer nicht für nachhaltig, die nicht im gleichen Ausmaß wie Tesla zu Einsparungen über technologische Innovation in der Lage seien. Tatsächlich hat der Elektro-Vorreiter die Produktionskosten für seine Fahrzeuge im abgelaufenen Quartal um 1.200 Dollar pro Einheit gedrückt. Allerdings sind die Preise im Schnitt noch deutlich stärker um 3.100 Dollar pro Stück gefallen.
Musk verfehlt Zielmarken
Wenngleich Tesla die Verkäufe durch die Discounts angekurbelt hat und mit seinen Auslieferungen von 495.579 Fahrzeugen im Schlussquartal 2024 ein Allzeithoch erreichte, verfehlte Musk damit doch seine Zielmarken. Bei der Zahlenvorlage zum dritten Quartal hatte der Milliardär noch getönt, im Gesamtjahr die 2023 erreichte Verkaufszahl übertreffen zu wollen. Dafür hätte Tesla zwischen Oktober und Dezember aber 515.000 Fahrzeuge ausliefern müssen. Nun ist für 2025 von einer „Rückkehr zum Wachstum“ im Automobilgeschäft die Rede, nachdem Musk zuletzt noch Absatzsteigerungen von 20 bis 30% in Aussicht gestellt hatte.
Anleger sorgen sich davor, dass dafür neue Discounts her müssen, die wiederum auf den Margen lasten. Noch schwächer sieht die Umsatzrendite bei Nichtberücksichtigung von Effekten aus dem Handel mit Emissionsgutschriften aus. Durch den Verkauf solcher Credits erzielte Tesla im abgelaufenen Quartal Erträge von 692 Mill. Dollar. Der E-Autobauer setzt darauf, dass die Gutschriften angesichts strikterer globaler Emissionsstandards eine robuste Einnahmequelle bleiben. Doch Trumps Politik sehen Analysten auch diesbezüglich als Risiko, will der Präsident doch CO2-Emissionsregeln lockern.
Streit mit anderen Trump-Unterstützern
Tesla-Aktionäre wetten zwar darauf, dass Musk die Automobilregulierung der neuen Regierung in Washington entscheidend beeinflussen kann. Zugleich hält sich allerdings die Sorge, dass die freundschaftliche Beziehung zwischen dem Tesla-CEO und dem Präsidenten nicht lange hält. Zuletzt wurden bereits erste Risse zwischen den beiden Alphatieren sichtbar. So kritisierte Musk die von Trump stolz präsentierte Rechenzentren-Partnerschaft „Stargate“, mittels derer der ChatGPT-Entwickler OpenAI, die japanische Softbank Group und der Datenbankriese Oracle über die kommenden vier Jahre bis zu 500 Mrd. Dollar in den Ausbau der Infrastruktur für künstliche Intelligenz in den Vereinigten Staaten stecken wollen.
„Sie haben das Geld in Wahrheit gar nicht“, schrieb Musk, der über sein eigenes Start-up xAI mit OpenAI konkurriert, auf seiner Plattform X. Softbank habe „weniger als 10 Mrd. Dollar gesichert“, das wisse er „aus zuverlässiger Quelle“. Tatsächlich bezeichneten Analysten die Investitionspläne in zentralen Punkten noch als vage. So sei unklar, wie die Partner die notwendigen Mittel aufbringen wollen. Am späten Mittwoch New Yorker Zeit wurde indes bekannt, dass Softbank sich in Gesprächen befindet, 15 bis 25 Mrd. Dollar in OpenAI zu stecken. Damit würden die Japaner, die momentan lediglich über rund 30 Mrd. Dollar an liquiden Mitteln verfügen, Microsoft als größten Investor des KI-Start-ups ablösen. Teile der Mittel könnte OpenAI wiederum in das von Musk kritisierte „Stargate“-Projekt stecken.
Offene Rivalitäten
Dass der Milliardär in Bezug auf die KI-Partnerschaft bereits von der Linie des Trump-Lagers abweicht, zeigt laut Washington-Insidern nicht nur, dass der selbsternannte „Free Speech“-Verfechter seine ungefilterten Meinungsäußerungen auch nach dem Regierungswechsel nicht einstellt. Sie verdeutlichen auch, welch heftige Rivalitäten der Tesla-Chef mit anderen Wirtschaftsköpfen pflegt, deren Unterstützung Trump für seine ökonomische Agenda benötigt. So verbindet ihn insbesondere mit OpenAI-Chef Sam Altman eine offene Feindschaft, seitdem Musk seine Unterstützung für das Start-up 2018 im Streit über den gewinnorientierten Arm des Start-ups zurückfuhr.
Ein allzu forsches Auftreten Musks birgt laut Politbeobachtern das Risiko, dass der Unternehmer es sich mit dem Präsidenten verscherzt. Zugleich drohen Trumps geplante Strafzölle die Automobilindustrie hart zu treffen. Tesla produziert den Großteil ihrer in den USA verkauften Fahrzeuge zwar in Texas und Kalifornien, ist dabei aber auf Zulieferungen aus Kanada und Mexiko angewiesen. Auf Importe aus beiden Ländern will Trump Strafzölle von 25% erheben. Laut S&P Global Mobility könnte dies kurzfristig zu Schließungen von US-Fabriken und hohen Kostenanstiegen für Autokäufer führen.
GM gilt als besonders anfällig
General Motors versucht bereits, die Schläge durch Trumps Handelspolitik zu dämpfen. Der Konzern gilt als besonders anfällig, produziert er doch mehr als ein Drittel seiner in den USA verkauften Fahrzeuge in Mexiko und Kanada. CEO Mary Barra sprach bei der Zahlenvorlage am Dienstag von „mehreren Registern, die wir ziehen können“. Dazu zählen wohl beschleunigte Fahrzeugimporte, aber auch eine Verschiebung von Produktionskapazitäten in die Vereinigten Staaten.
Die ohnehin besorgten GM-Aktionäre mussten dabei noch zusätzlich verkraften, dass dem Autobauer im Schlussquartal 2024 eine 4 Mrd. Dollar schwere Sonderbelastung durch die Restrukturierung des gebeutelten China-Geschäfts entstand. Unter dem Strich stand somit ein Verlust von 2,9 Mrd. Dollar. Im Zusammenspiel mit der Bedrohung durch die Strafzölle überschattet dies nun eine eigentlich robuste Entwicklung im Kernmarkt USA. Der Vorsteuergewinn vom GM legte unter Ausschluss von Einmaleffekten 2024 um 21% auf 14,9 Mrd. Dollar zu. Denn die Detroiter griffen in geringerem Umfang als die Konkurrenz zu Rabatten auf ihre teuren SUVs und Pick-ups zurück.
Analysten warnen vor anhaltender Unsicherheit
Bank of America warnt infolge von Trumps Handelsstrategie vor einer Phase erhöhter politischer Unsicherheit für den Automobilsektor, die ein Jahr oder sogar länger anhalten könne. Tesla rückt in diesem Umfeld einmal mehr Langfrist-Hoffnungen in den Fokus.
Musk betonte in einer Analystenschalte am Mittwoch einmal mehr, welch ungeheures Wertsteigerungspotenzial er in den KI-Bemühungen des E-Autobauers sieht. Diese sollen zum Treiber für das Geschäft mit humanoiden Robotern – Tesla legt derzeit eine Produktionslinie auf, die zunächst 1.000 Modelle des Typs „Optimus“ pro Monat abwerfen können und dann exponentiell wachsen soll – sowie für das autonome Fahren werden soll. Laut Musk stehen externe Verkäufe der Roboter, die zunächst unternehmensintern zum Einsatz kommen sollen, möglicherweise für die zweite Jahreshälfte 2026 zu erwarten. Bei einem Output von 1 Million „Optimus“ Modellen pro Jahr sollen die Stückkosten bei 20.000 Dollar liegen.
„Rapide“ technologische Verbesserung
Unterdessen verhandelt Tesla nach eigenen Angaben mit anderen Autobauern über eine Lizenzierung ihrer KI-trainierten Technologie für selbstfahrende Autos. Diese „verbessert sich rapide“, heißt es in einer Mitteilung. Dies werde es Kunden zu einem nicht näher spezifizierten Zeitpunkt ermöglichen, dem „Full Self Driving“-Programm der höchsten Automatisierungsstufe ohne ständige menschliche Kontrolle komplett des Steuer zu überlassen.
Im Oktober hatte Tesla zwei autonome Fahrzeuge vorgestellt: Den Bus Robovan und das Taxi Cybercab, das angeblich 2026 in die Serienfertigung gehen soll. Ab März will Tesla indes eine neue Version der Cashcow Model Y ausliefern, die zu einem Einstiegspreis von 60.000 Dollar zu haben sein soll – damit ist sie deutlich teurer als die bisherige Variante.
Hoffnung auf neue Modelle
Folglich benötigt Tesla wohl einen anderen Treiber für das Absatzwachstum. Tesla peilt für das erste Halbjahr 2025 den Start eines neuen Massenmarkt-Modells an. Analysten zweifeln nach zahlreichen Enttäuschungen allerdings an der Belastbarkeit von Musks Zeitplänen. Angesichts der Unklarheit um viele Zukunftsprojekte des Unternehmers wiegt die politische Unsicherheit am Automarkt in den Augen vieler Anleger umso schwerer.
Die Profitabilität von Tesla stürzt zurück in die Abwärtsspirale. Dies stellt ein bedenkliches Signal für den US-Autosektor dar, der ohnehin vor Donald Trumps Politik zittert. Neben einer Streichung von Steuergutschriften für E-Autos drohen insbesondere Strafzölle gegen Mexiko und Kanada zu Verwerfungen zu führen.