Private-Equity-Boom beginnt abzuebben
cru Frankfurt
Steigende Zinsen, hohe Inflation und drohende Rezession erschweren zunehmend den Einstieg von Finanzinvestoren in neue Unternehmensbeteiligungen. Dem globalen Abschwung der Wirtschaft im Jahr 2022 wird sich nach Einschätzung eines neuen Reports der Unternehmensberatung Bain & Company auch die Private-Equity-Branche aller Voraussicht nach nicht entziehen können. Die Zurückhaltung wachse spürbar.
Die Abkühlung folgt allerdings auf mehrere Jahre der Rekordjagd. Mit noch nicht investierten Kapitalzusagen ihrer institutionellen Investoren – im Fachjargon: „Dry Powder“ – von 3,6 Bill. Dollar sind Private-Equity-Fonds laut Bain gut gewappnet. Der Betrag ist mehr als doppelt so hoch wie 2016. „Limited Partners haben immer wieder ihre Absicht bekundet, ihre Private-Equity-Anteile beizubehalten oder zu erhöhen“, betont Hugh MacArthur, Leiter Private Equity bei Bain. „Sie sind nach wie vor davon überzeugt, dass die Renditen von Private Equity höher sind als die anderer Anlageklassen.“
Zinswende bremst
So haben Buy-out-Fonds in der ersten Hälfte des Jahres 2022 weltweit noch 512 Mrd. Dollar in neue Beteiligungen investiert und sind damit laut MacArthur auf dem besten Weg, den zweithöchsten Jahreswert aller Zeiten zu erreichen – hinter dem Allzeitrekord von 2021. Der 18-Monats-Gesamtwert von 1,7 Bill. Dollar ist das bei weitem stärkste Jahr und Halbjahr in der Geschichte der Branche. Die durchschnittliche Transaktionsgröße blieb in der ersten Jahreshälfte nahe bei 1 Mrd. Dollar.
„Der künftige Erfolg der Private-Equity-Branche hängt entscheidend davon ab, wie gut sie die Auswirkungen der zu erwartenden wirtschaftlichen Turbulenzen antizipieren kann“, erklärt Bain-Partner Alexander Schmitz. Die Fonds hätten ihre überdurchschnittlichen Renditen der letzten 20 Jahre zu einem großen Teil den höheren Bewertungen zu verdanken. Davon sei in Zeiten starker Inflation und steigender Zinsen nicht länger auszugehen.
Erschwert würden Transaktionen im aktuellen Umfeld zudem durch zwei weitere Faktoren. Mit der Zinswende der Zentralbanken steigen die Finanzierungskosten, vor allem im Technologiesektor. Zudem prüfen Banken nun wesentlich kritischer, inwieweit sich eine Transaktion rechnet. „Angesichts von Verlusten bei Krediten, die vor der Konjunkturabschwächung aufgenommen wurden, stellen die Banken immer mehr Fragen zum Inflationsrisiko eines Unternehmens und zu steigenden Zinsen, was den Abschluss von Transaktionen erschwert“, berichtet Bain-Mann MacArthur. Es gebe eine Verzögerung bei der Anpassung der Private-Equity-Bewertungen. Aber es gebe Anzeichen dafür, dass sich die Bewertungen den öffentlichen Märkten anpassen werden. „Das führt dazu, dass Käufer und Verkäufer zunehmend Schwierigkeiten haben, sich auf einen Preis zu einigen.“ Auch auf der Verkaufsseite bleibt die Private-Equity-Branche laut Bain vor den Folgen der wirtschaftlichen Unsicherheit nicht verschont. Im ersten Halbjahr 2022 sank das Exit-Volumen der Buy-out-Fonds im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 37% auf 338 Mrd. Dollar. Dazu trug insbesondere die Ebbe bei Börsengängen bei. Der Wert aller IPOs weltweit lag zur Halbzeit nur bei 91 Mrd. Dollar und damit 73% unter dem Niveau im ersten Halbjahr 2021.
Exits werden schwieriger
Werden Verkäufe in die Public Markets schwieriger, verlängern sich die Haltefristen von Portfoliounternehmen – und damit verringern sich wiederum die Ausschüttungen an Investoren. „Unter diesen Herausforderungen werden Private-Equity-Fonds voraussichtlich künftig noch stärker auf Secondary Buy-outs und damit auf Verkäufe an Wettbewerber setzen“, sagt Bain-Partnerin Silvia Bergmann. Derweil dürfte die Auflage neuer Fonds aufwendiger und langwieriger werden. Im ersten Halbjahr 2022 kamen Buy-out-Fonds beim Fundraising weltweit auf 138 Mrd. Dollar – halb so viel wie im gleichen Vorjahreszeitraum.