Rolls-Royce enttäuscht erneut
hip London
Der britische Technologiekonzern Rolls-Royce hat im ersten Halbjahr die Markterwartungen enttäuscht. Trotz einer Erholung des Flugverkehrs schaffte es die defizitäre Zivilluftfahrtsparte nicht über die Nulllinie. „Wir managen aktiv die Auswirkungen einer Reihe von Problemen, darunter die steigende Inflation und anhaltende Störungen in der Beschaffungskette, mit einem schärferen Fokus auf Preisgestaltung, Produktivität und Kosten“, ließ sich CEO Warren East zitieren, der das Steuer Ende des Jahres an Tufan Erginbilgic übergibt (vgl. BZ vom 26. Juli). „Als Resultat unseres Handelns wird die Zivilluftfahrtsparte schlanker und agiler“, versprach er. Allerdings geht das Management davon aus, dass sich die genannten Faktoren und der Krieg in der Ukraine auch im kommenden Jahr auf das Geschäft auswirken werden. Man habe Probleme, geeignetes Personal zu finden, insbesondere wenn es um erfahrene Ingenieure mit bestimmten Kenntnissen gehe.
Wie die FTSE-100-Gesellschaft mitteilte, knickte ihr bereinigtes operatives Ergebnis auf 125 (i.V. 307) Mill. Pfund ein. Analysten hatten 165 Mill. Pfund erwartet. Unter dem Strich fand sich ein Verlust von 1,61 Mrd. Pfund. Ein Jahr zuvor hatte an dieser Stelle noch ein Gewinn von 394 Mill. Pfund gestanden. Der Free Cash-flow verbesserte sich um mehr als 1 Mrd. Pfund, überschritt aber immer noch nicht die Nulllinie.
Die Zivilluftfahrtsparte profitierte davon, dass wieder mehr Flugzeuge in der Luft sind. Die Zahl der Flugstunden großer Triebwerke, die von Rolls-Royce unter langfristigen Verträgen gewartet werden, sei im Vorjahresvergleich um mehr als zwei Fünftel gestiegen, über alle Triebwerkstypen hinweg um ein Drittel. Allerdings bewegten sich sowohl die Auslieferungen von Triebwerken als auch die Werkstattbesuche in den ersten sechs Monaten unterhalb der Erwartungen des Managements. Dazu hätten vor allem Probleme in der Beschaffungskette und Verzögerungen beim Verkauf von Ersatztriebwerken beigetragen, heißt es in einer Pflichtveröffentlichung. „Wir sind enttäuscht, dass die Marge der Zivilluftfahrtsparte, eine Reihe von Einmaleffekten herausgerechnet, deutlich unter dem Breakeven lag“, schrieb die Jefferies-Analystin Chloe Lemarie. Dazu rechnet sie etwa einen positiven Sondereffekt von 219 Mill. Pfund aus langfristigen Wartungsverträgen. Für das laufende Halbjahr geht Rolls-Royce davon aus, dass Verbesserungsmaßnahmen in der Beschaffung greifen und sowohl die Auslieferungen als auch das Wartungsgeschäft Fahrt aufnehmen werden.
Unterdessen segneten die spanischen Aufsichtsbehörden den Verkauf von ITP Aero an ein von Bain Capital geführtes Konsortium ab. Der Erlös soll für die vorzeitige Rückzahlung eines 2 Mrd. Pfund schweren Kredits genutzt werden, der zu 80% von UK Export Finance garantiert wird. Der 2025 fällige Kredit ist Rolls-Royce zufolge der einzige, der Zinsschwankungen ausgesetzt ist.