Übernahmegerüchte treiben Norma an
Der hessische Verbindungstechnikspezialist Norma steht nach Übernahmespekulationen und einem unerwartet starken Schlussquartal 2022 bei Investoren hoch im Kurs. Die Aktie legte am Dienstag zeitweise um fast 20 % auf über 23 Euro zu − so viel kostete das Papier zuletzt im Juni vorigen Jahres.
Die Nachrichtenagentur Bloomberg hatte zuvor unter Berufung auf informierte Kreise berichtet, dass das SDax-Unternehmen, dessen Aktienkurs sich im vergangenen Jahr halbiert hatte, in den letzten Monaten mehrere Übernahmeangebote von Finanzinvestoren erhalten, diese aber allesamt zurückgewiesen habe. Norma wollte die Vorgänge gegenüber der Börsen-Zeitung nicht kommentieren. Auch Vertreter der genannten möglichen Kaufinteressenten wollten laut Bloomberg keine Stellungnahme abgeben.
Ende 2022 sei ein möglicher Verkauf sondiert worden, wobei mindestens drei Buy-out-Firmen Interesse gezeigt hätten, hieß es weiter. Dabei handele es sich um den Private-Equity-Riesen Carlyle Group aus den USA, die französische PAI Partners und um die deutsch-schwedische Private-Equity-Gesellschaft Triton. Von Carlyle habe es gleich mehrere Angebote mit einem erheblichen Aufschlag auf den Aktienkurs gegeben. Ob die Gespräche noch einmal aufgenommen werden, sei unklar. Die jüngste Kurserholung mache es Interessenten und dem Management schwer, sich auf einen Preis zu einigen. Analysten halten den Kurs nach wie vor teils für unterbewertet.
Dem Hersteller von Schlauchschellen und Rohrverbindungen haben in den vergangenen zwei Jahren Knappheiten und dadurch gestiegene Preise für Rohstoffe wie Stahl und Kunststoff zu schaffen gemacht. Sowohl 2021 als auch 2022 kam es zu Warnungen hinsichtlich der Margen- bzw. der Ergebnisentwicklung. Im vergangenen Jahr sank das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) nach vorläufigen Zahlen um 13 % auf 99 Mill. Euro, wie das 125 Jahre alte Unternehmen am Dienstag mitteilte. Der Wert lag dennoch über den Analystenschätzungen. Die bereinigte Ebit-Marge landete bei 8 %, nach 10,4 % im Vorjahr.
Den Umsatz steigerte das Unternehmen zwar um fast 14 % auf 1,24 Mrd. Euro. Allerdings waren hier vor allem günstige Währungseffekte und Preiserhöhungen die treibende Kraft.
„Vom reinen Volumen her haben wir aber kein Wachstum gesehen, sondern einen moderaten Rückgang“, räumte der zu Jahresbeginn angetretene Interims-CEO Miguel Ángel López Borrego ein. Sein Vorgänger Michael Schneider war Ende 2022 aus dem Vorstand ausgeschieden − „einvernehmlich“, wie es bei der Bekanntgabe im August hieß. Schneider, der seit November 2019 offizieller Vorstandschef von Norma war, hatte die Position anfangs als Übergangslösung zusätzlich zu seiner CFO-Funktion übernommen. López Borrego kommt seinerseits aus dem Aufsichtsrat und soll das Amt nach derzeitiger Planung maximal bis Ende 2023 ausüben.
Mit dem Ergebnis aus dem vergangenen Jahr sei man „nicht zufrieden“, betonte der CEO. Die Gesamtlage stimme ihn momentan „weiterhin vorsichtig, aber trotzdem optimistisch“. Die finalen Jahreszahlen will Norma am 28. März vorlegen.
Als Autozulieferer hatte Norma in den vergangenen Jahren auch indirekt die Probleme der Fahrzeughersteller zu spüren bekommen, etwa beim Chipmangel. 2019 hatte die Firma ein Spar- und Umbauprogramm gestartet und zum Beispiel Einkaufsaktivitäten stärker gebündelt, zudem wurde ein Werk im thüringischen Gerbershausen zum Ende des vergangenen Jahres geschlossen. Mit dem Programm will Norma von 2023 an jährliche Einsparungen von rund 50 Mill. Euro erzielen.
Mit Blick auf die strategische Weiterentwicklung wolle Norma nun „ein Unternehmensprogramm aufsetzen und dann die Märkte und unsere Stakeholder informieren, welche Aktionen wir auf welchem Gebiet planen“, sagte López Borrego. „Wir sind gerade in der Vorbereitung des Programms und werden voraussichtlich im Rahmen der Veröffentlichung der Q1-Zahlen im Mai die Inhalte des Programms verkünden.“
Hoffnungen macht sich Norma seit einiger Zeit im Geschäft mit Wassermanagement-Lösungen, wie Drainagesystemen und Tröpfchenbewässerungsanlagen. In den USA habe sich der Bereich zuletzt erneut robust entwickelt, hieß es. Die nächsten Wochen und Monate wolle man nun nutzen, um das Unternehmen auf „bislang nicht ausgeschöpfte Wachstumspotenziale im margenstarken Industrie- und Wassergeschäft auszurichten“.