Finanzierungsrunde bei Anthropic

USA legen im Kampf um KI-Vormachtstellung nach

Trotz der jüngsten Turbulenzen um das chinesische Startup DeepSeek ist das Investoreninteresse an Amerikas defizitären KI-Vorreitern ungebrochen. Die OpenAI-Rivalin Anthropic verdreifacht nun ihre Bewertung.

USA legen im Kampf um KI-Vormachtstellung nach

USA legen im Kampf um KI-Vormachtstellung mit Investitionen nach

OpenAI-Rivalin Anthropic verdreifacht Bewertung bei Milliarden-Fundraising – TSMC kündigt Ausbau von Produktionskapazitäten in Arizona an

xaw New York

Der Kampf um die Vormachtstellung bei künstlicher Intelligenz (KI) wird zunehmend hektischer. Nach den jüngsten, durch das chinesische Startup DeepSeek ausgelösten Zweifeln an der Positionsstärke der amerikanischen Tech-Szene legen nicht nur die Riesen der Branche mit neuerlichen Investitionen in Rechenzentren nach – mit ihnen verbündete Start-ups kurbeln auch ihre Fundraising-Bemühungen an. So hat die für ihren Chatbot Claude bekannte Anthropic im Rahmen einer Finanzierungsrunde 3,5 Mrd. Dollar aufgenommen und ihre Bewertung damit auf 61,5 Mrd. Dollar verdreifacht. Der hohe Investorenandrang verdeutlicht dabei die anhaltend bullishen Ausblicke für das Wachstum defizitärer junger KI-Unternehmen.

Wachsende Begehrlichkeiten

Denn der Anthropic-Deal platzt wohl zwischen zwei Finanzierungsrunden der wichtigsten Konkurrentin OpenAI. Im Oktober des vergangenen Jahres sammelte das Start-up 6,6 Mrd. Dollar ein und erzielt eine Bewertung von 157 Mrd. Dollar. Die nächste gewaltige Mittelaufnahme ist schon in Arbeit: Ende Januar drangen Verhandlungen über eine Finanzierungsrunde an die Öffentlichkeit, bei der OpenAI angeblich 40 Mrd. Dollar einspielen und auf eine Bewertung von 340 Mrd. Dollar kommen will – dies alles ohne profitables Geschäftsmodell. Zugleich schmetterte der Verwaltungsrat ein unaufgefordertes, nahezu 100 Mrd. Dollar schweres Übernahmeangebot Elon Musks für die Nonprofit-Gesellschaft hinter dem jungen Unternehmen ab.

Unterdessen führen die von den ehemaligen OpenAI-Managern Mira Murati und Ilya Sutskever gegründeten KI-Start-ups Thinking Machines Lab und Safe Superintelligence wohl angeregte Diskussionen mit Investoren, ohne bislang überhaupt Produkte vorweisen zu können. Sutskevers Unternehmen könnte bei einer anstehenden Finanzierungsrunde laut Insidern eine Bewertung von 30 Mrd. Dollar und mehr anstreben.

Entwicklungskosten im Fokus

Die Begehrlichkeiten sind groß, obwohl DeepSeek den Markt in Unsicherheit gestürzt hat. Die Performance des zu Jahresbeginn lancierten Chatbots „R1“ kann wohl bereits mit jener führender Modelle von OpenAI mithalten – und das, obwohl den Chinesen weniger fortschrittliche Chips zur Verfügung stehen und sie angeblich einen Bruchteil der Mittel investiert haben, die US-Konkurrenten in ihre Anwendungen gesteckt haben. Angeblich kostete das Training von „R1“ lediglich 5,6 Mill. Dollar. Anthropic-Chef Dario Amodei hatte für die die jüngsten Versionen seiner Modelle Investitionskosten von 100 Mill. bis 1 Mrd. Dollar angesetzt.

Das kalifornische Startup wird wie OpenAI von Tech-Riesen gestützt. Ende Januar wurde bekannt, dass Alphabet frische Mittel im Volumen von 1 Mrd. Dollar in Anthropic steckt, nachdem die Google-Mutter zuvor bereits Investitionen von 2 Mrd. Dollar zugesagt hatte. Amazon ließ über die vergangenen anderthalb Jahre bereits 8 Mrd. Dollar an den Claude-Entwickler fließen, setzt im Rahmen einer Kooperation mit diesem eigens designte Chips ein und arbeitet daran, dessen KI-Modelle in die nächste Generation des virtuellen Sprachassistenten Alexa zu integrieren.

US-Regierung will Standort stärken

Bei der jüngsten Anthropic-Finanzierungsrunde übernahm die Venture-Firma Lightspeed die Federführung und steuerte laut Insidern 1 Mrd. Dollar bei. Ebenfalls beteiligt sollen etwa der Risikokapital-Arm von Salesforce, Cisco Investments und Jane Street gewesen sein. Die Investitionen erfolgen nur rund eine Woche, nachdem Anthropic ihr nach eigenen Angaben bisher leistungsfähigstes Modell Claude 3.7 Sonnet vorgestellt hat. Die Mittel sollen in den Ausbau von Computing-Ressourcen sowie eine Expansion in Europa und Asien fließen.

Derweil arbeitet die Regierung in Washington daran, die Führungsposition des KI-Standorts USA zu festigen. Präsident Donald Trump präsentierte bereits kurz nach seinem Amtsantritt im Januar das Joint Venture „Stargate“, über das OpenAI, der japanische Technologieinvestor Softbank und der Datenbankriese Oracle über die kommenden vier Jahre bis zu 500 Mrd. Dollar in die amerikanische Rechenzentren-Infrastruktur stecken sollen. Unternehmen wie Apple ziehen mit großvolumigen Investitionsankündigungen für den Standort nach.

Zugleich will Trump die Fertigung hochleistungsfähiger Halbleiter als wichtigster Grundlage des Technologietrends verstärkt in die USA holen. Unter seinem Amtsvorgänger Joe Biden wurden bereits umfangreiche Ausfuhrkontrollen auf Chips und Fertigungstechnik fällig, der neue Präsident setzt nun zudem auf umfangreiche Importzölle. Nun hat der taiwanesische Auftragsfertiger TSMC angekündigt, zusätzliche 100 Mrd. Dollar in den Ausbau seiner Produktionskapazitäten in Arizona stecken zu wollen. An dem Standort hat der Weltmarktführer bisher bereits 65 Mrd. Dollar gebunden.

Furcht vor Lieferketten-Chaos

Die Furcht vor einer chinesischen Invasion in Taiwan und resultierenden Verwerfungen in der globalen Halbleiter-Lieferkette treibt Investoren schon seit geraumer Zeit um. TSMC produziert Schätzungen zufolge rund 90% der weltweit modernsten Prozessorchips. Der Analysedienst Semi und die Boston Consulting Group gehen davon aus, dass die Halbleiter-Produktionskapazität in den USA bis 2032 um über 200% wachsen wird, zwischen 2012 und 2022 seien es lediglich 11% gewesen.

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