Strommarkt

Vager Plan zum Abschöpfen der „Zufallsgewinne“

Die Reaktionen auf das dritte Entlastungspaket der Bundesregierung, die den Strommarkt betreffen, fallen verhalten aus. Gewarnt wird vor Einschnitten, die zu Fehlanreizen führen.

Vager Plan zum Abschöpfen der „Zufallsgewinne“

ab Köln – Mit ihrem dritten Entlastungspaket, das die Ampel-Koalition am Wochenende vorgestellt hat, will die Regierung die Strompreise bremsen und dabei die „Zufallsgewinne“ der Energieversorger abschöpfen. Allerdings bleibt die Regierung bei der Ausgestaltung der Maßnahmen vage. Präferiert werde eine EU-weite Regelung. Sollten die Anpassungen im Strommarktdesign in Europa jedoch nicht zeitnah umgesetzt werden, werde Deutschland im Alleingang voranschreiten, heißt es.

Konkret soll eine Preisobergrenze für besonders profitable Stromerzeuger eingezogen werden. Die Differenz aus dem Großhandelspreis für Strom am Spotmarkt und dieser Preisobergrenze soll abgeschöpft und zur Finanzierung eines vergünstigten Preises für den nicht näher definierten Basisverbrauch von Privathaushalten verwendet werden. Vergleichbares ist für kleine und mittelständische Unternehmen mit Versorgertarif gedacht.

So unkonkret die Maßnahmen ausfallen, so verhalten sind die Reaktionen der Versorger. Für RWE-Chef Markus Krebber steht zwar außer Frage, „dass die Unternehmen der Energiewirtschaft einen Beitrag (zur Abfederung der hohen Energiepreise) leisten sollten“, zugleich warnt er jedoch vor Schnellschüssen: „Kurzfristige Markteingriffe müssen so ausgestaltet werden, dass die Funktionsweise des Marktes und die Investitionsfähigkeit der Unternehmen unter allen Umständen erhalten bleibt.“

Am wirkungsvollsten könne die Ursache der Energieknappheit mit Investitionen in die Energieversorgung und die Energieinfrastruktur bekämpft werden, sagt Krebber. Diese Einschätzung teilt der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE). Um die fossile Versorgungskrise zu überwinden gebe es ein Rezept: Investieren, Investieren, Investieren, wird BEE-Präsidentin Simone Peter zitiert. Zugleich treibt den BEE die Sorge um, dass Eingriffe in den Strommarkt Fehlentwicklungen an­reizen und erhebliche Verwerfungen mit sich bringen. „Noch immer sind wir weit von den ambitionierten Zielen für erneuerbare Energien der Bundesregierung entfernt. Jetzt darf man nicht das Kinde Erneuerbare mit dem Bade Kostensenkung ausschütten“, sagt Peter.

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) fürchtet, dass erforderliche Inves­titionen in die Energiewende durch die Übergewinnsteuer unterbleiben könnten. Energie Baden-Württemberg (EnBW) will sich erst gar nicht zu dem Maßnahmenpaket äußern, da „die konkrete Ausgestaltung verschiedener Maßnahmen noch offen“ sei. Eon bläst ins gleiche Horn.

Ursache für die explodierten Strompreise sind zum einen die hohen Gaspreise als Folge der reduzierten bzw. inzwischen gestoppten Gaslieferungen aus Russland. Zum anderen ist Europa aktuell mit einem knappen Stromangebot konfrontiert, da viele der französischen Atomkraftwerke stillstehen. Auch das treibt den Preis. Der Strompreis bildet sich nach dem sogenannten Merit-Order-System. Das ist der übliche Weg, auf dem sich auf Märkten der Preis bildet, zu dem Angebot und Nachfrage ausgeglichen werden. Den Gleichgewichtspreis setzen die Grenzkosten des teuersten Anbieters. In der Stromerzeugung sind das Gaskraftwerke. Den Gleichgewichtspreis erhalten aber alle Anbieter. Dadurch fahren die günstigeren Produzenten – Erzeuger von Strom aus Fotovoltaik, Wind, Atom und Kohle – teils hohe Gewinne ein.

Nicht aus dem Blick verloren werden sollte laut RWE, dass in Deutschland ein großer Teil des Stroms langfristig im Voraus verkauft wird. In diese Verträge dürfe rückwirkend nicht eingegriffen werden, fordert Krebber und verweist darauf, dass die Termingeschäfte für Stabilität sorgten. Konkret wird das Maßnahmenpaket nur an einem Punkt: dem CO2-Preis. Die zum Jahreswechsel anstehende Erhöhung des Preises für Verschmutzungszertifikate soll um ein Jahr verschoben werden. Damit verschieben sich auch die Folgeschritte 2024 und 2025 um ein Jahr.

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