Wohnungskonzern

Vonovia rutscht in rote Zahlen

Der Immobilienkonzern Vonovia bekommt die Folgen rasant gestiegener Zinsen und Kosten zu spüren. Unter dem Strich steht ein Verlust, und für 2023 erwarten die Bochumer einen Rückgang des operativen Gewinns.

Vonovia rutscht in rote Zahlen

hek Frankfurt

Der Wohnimmobilienkonzern Vonovia hat im abgelaufenen Geschäftsjahr rote Zahlen geschrieben. Unter dem Strich steht nach Angaben des Bochumer Dax-Konzerns ein Periodenverlust von 669,4 Mill. Euro. Im Turnus 2021 wurde noch ein Überschuss von 2,44 Mrd. Euro erzielt. Der operative Gewinn (Funds from Operations, FFO) kam allerdings um ein Fünftel auf 2,04 Mrd. Euro voran.

Der Nettoverlust geht vor allem auf die Wende in der Portfoliobewertung zurück. Verbuchte Deutschlands größter Vermieter, der von einem Korruptionsfall erschüttert wird, 2021 noch 7,39 Mrd. Euro Bewertungsgewinn, schlagen nun 1,27 Mrd. Euro an Wertminderungen ins Kontor. Den um Ver- und Zukäufe sowie Neubau bereinigten Verkehrswert des Portfolios gibt Vonovia per Jahresende 2022 mit 94,7 (i. V. 95,4) Mrd. Euro an.

Dem Wertanstieg im ersten Halbjahr folgte eine Abwertung um 3,9% im zweiten Semester. Aufgrund der Investitionen in die energetische Sanierung sei der Wert des Wohnportfolios im Gesamtjahr noch um 0,5% gestiegen. Der Nettovermögenswert, der Verkehrswert ohne Schulden, gab aber um 6% auf 45,7 Mrd. Euro nach. Je Aktie sind das 57,48 Euro.

Zur erwarteten Wertentwicklung im laufenden Jahr gibt Vonovia keine Einschätzung. Die strukturellen Werttreiber für Wohnimmobilien seien intakt, ist Vorstandschef Rolf Buch überzeugt. Er verweist auf die „eklatante Knappheit“ an bezahlbarem Wohnraum und das stagnierende Angebot: „Wir können kaum noch freie Wohnungen anbieten.“ Der Leerstand sei Ende 2022 mit 2,0% so niedrig gewesen wie nie. Die organische Mietsteigerung wird mit 3,3 (3,8) % angegeben. Zum Jahresende verfügte der Konzern über 549 000 Wohnungen in Deutschland, Schweden und Österreich.

Die Dividende will Vonovia von 1,66 Euro je Aktie auf 0,85 Euro halbieren (vgl. BZ vom 17. März), wobei Aktionäre die Wahl haben zwischen Barausschüttung und neuen Aktien. Grundsätzlich hält Vonovia nach eigenen Angaben an der Strategie fest, 70% des FFO nach Minderheiten auszuschütten. Die Konkurrenten TAG Immobilien, Grand City Properties und LEG Immobilien haben die Dividende gleich ganz gestrichen. Die Vonovia-Aktie verlor am Freitag im Handelsverlauf 5%.

„Über die Immobilienbranche ist ein Sturm aufgezogen“, sagt Buch in der Pressekonferenz. Die Notenbanken hätten die Zinsen in nie dagewesenem Tempo erhöht. Für dieses Jahr stellt Vonovia zwischen 1,75 Mrd. und 1,95 Mrd. Euro FFO in Aussicht. Das sind, bezogen auf die Mitte der Range, gut 11% weniger als 2022, was Finanzvorstand Philip Grosse auf höhere Finanzierungskosten und steigende Steuern zurückführt.

Im abgelaufenen Jahr sind die durchschnittlichen Finanzierungskosten dank der günstigen Altkredite lediglich um 0,4 Punkte auf 1,5% gestiegen. Für die im November 2022 platzierten Bonds im Volumen von 1,5 Mrd. Euro sind aber bereits Kupons von 4,75% bzw. 5,0% zu zahlen.

Bankkredite statt Bonds

Die Fälligkeiten betragen 3,4 Mrd. Euro im laufenden Jahr und 2024 dann 3,1 Mrd. Euro. Unbesicherte Anleihen würden durch besicherte Bankfinanzierungen ersetzt, sagt Grosse. Denn Letztere seien einen Prozentpunkt günstiger. Grundsätzlich stünden Vonovia alle Finanzierungswege offen: „Liquidität ist für uns kein Thema.“

Die Verschuldung liegt jetzt bei 45,1 (45,4)% des Immobilienvermögens (Loan-to-Value). Sie bewegt sich weiter knapp über der eigenen Vorgabe von 40 bis 45%. Ziel ist laut Grosse das untere Ende des Korridors. Die Analystenpräsentation enthält einen Stresstest, der das maximale Rating-Downgrade-Risiko auf eine Stufe veranschlagt. Das Investment Grade bleibe erhalten.

Zusätzlich zu den üblichen Einzelverkäufen (3000 bis 3500 Wohnungen) will Vonovia in diesem Jahr 2 Mrd. Euro aus Veräußerungen im Wesentlichen an institutionelle Investoren hereinholen. Insgesamt wurden 65000 Wohnungen im Verkehrswert von 13 Mrd. Euro zum Verkauf gestellt. Im Dezember und Januar sei wenig Kaufinteresse zu sehen gewesen, aktuell gebe es mehr Nachfrage.

Die Investorensuche für eine Minderheitsbeteiligung an einzelnen Beständen ist laut Buch weit fortgeschritten. Den 10-prozentigen Anteil an Vesta in Frankreich hat Vonovia abgestoßen.

Im Neubau haben die Bochumer im abgelaufenen Jahr 3749 Wohnungen fertiggestellt (2200). 2023 sollen es 3450 werden. Aktuell befinden sich knapp 10000 Wohnungen im Bau. Neue Projekte hat Vonovia aber auf Eis gelegt, weil Finanzierungs- und Materialkosten stark gestiegen sind: „Neubau, der zu leistbaren Mieten führt, ist aktuell nicht möglich“, bestätigt Buch frühere Aussagen.

Sanierungsquote gesunken

Auch in der Modernisierung tritt Vonovia auf die Bremse. Dafür sind für 2023 noch 0,5 Mrd. Euro budgetiert, deutlich weniger als 2022 mit 0,8 Mrd. Euro. In den Neubau sollen 0,35 Mrd. nach 0,6 Mrd. Euro fließen. Die Sanierungsquote ging bereits 2022 von 2,3 auf 1,9% zurück (ohne die übernommene Deutsche Wohnen). Am Ziel eines nahezu klimaneutralen Gebäudebestands bis 2045 hält Vonovia fest. In den vergangenen Jahren habe man einen Vorsprung in der energetischen Sanierung erarbeitet. Lediglich 5% der eigenen Gebäude fielen in die schlechtesten Energieklassen G und H, im Bundesschnitt seien es 16%. Die CO2-Intensität des Bestands in Deutschland sei 2022 um 14% auf 33 Kilogramm je Quadratmeter gesunken. Dahinter stehen der vermehrte Einsatz von Wärmepumpen und der Ausbau der Fotovoltaik.

Die von den Korruptionsermittlungen betroffenen Aufträge mit Drittunternehmen machen laut Buch 2022 weniger als 1% des Instandhaltungs- und Investitionsvolumens aus. Für die Vorjahre gelte Ähnliches. Der tatsächliche Schaden betrage einen Bruchteil davon. Die Vorwürfe hätten also keine wesentlichen wirtschaftlichen Auswirkungen. Vonovia sei Geschädigter, gegen den Konzern würden keine Vorwürfe erhoben. Ermittlungsbehörden hatten im März Geschäftsräume von Vonovia durchsucht.

Vonovia
Konzernzahlen nach IFRS
in Mill. Euro20222021
Segmenterlöse62575217
Ebitda27632254
Funds from Operations20361694
 je Aktie (Euro)2,562,18
Periodenergebnis−6692441
Dividende (Euro)0,851,66
Investitionen123012186
Verschuldungsgrad (%)45,145,4
Immobilienwert94 69597 845
NTA2 je Aktie (Euro)57,4862,63
1) Instandhaltung, Modernisierung und Neubau für Eigen­bestand; 2) Net Tangible AssetsBörsen-Zeitung
BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.