Weg aus Pandemie wird für Tui absehbarer
ste Hamburg
Der infolge der Corona-Pandemie finanziell angeschlagene Touristikkonzern Tui sieht nach einem Dämpfer bei den Buchungen infolge der Ausbreitung der Omikron-Virusvariante im Herbst zuversichtlich der kommenden Sommersaison entgegen und plant zum 1. April in einem ersten Schritt rund 700 Mill. Euro von den im Zuge der Pandemie erhaltenen Staatshilfen zurückzugeben. Vorstandschef Friedrich Joussen unterstrich anlässlich der Vorlage der Zahlen zum ersten Quartal im Ende September ablaufenden Geschäftsjahr 2021/22, dass für die wichtige Sommersaison dieses Jahres mit einer weitgehenden Erholung der Märkte gerechnet werde. Im Buchungsbestand liege man per 30. Januar mit 3,5 Millionen Kunden noch 28% unter dem vergleichbaren Vorkrisenniveau. Dieser Wert verbessere sich von Woche zu Woche – in der vorletzten Woche habe er bereits bei 100% des Vorkrisenwertes gelegen.
Aktuell sei weiterhin ein Trend zu kurzfristigen Buchungen spürbar, aber das Vertrauen auf Fortschritte bei der Beendigung der Pandemie steige, die Urlaubsbuchungen nähmen deutlich zu. „Wir erwarten einen starken Sommer“, so Joussen. „Es gibt einen Nachholbedarf bei den Kunden.“ Die letzten beiden Geschäftsquartale hätten gezeigt, dass sich der Konzern immer weiter stabilisiere. Der Tui-Chef verwies auch auf das Preisniveau, mit dem man über alle Märkte hinweg für den Sommer bei einem Plus von 22% verglichen mit dem Vorjahr liege.
Auf Basis dieser Entwicklung und in Anbetracht einer Liquidität, die zum 3. Februar mit rund 3,3 Mrd. Euro um rund 200 Mill. Euro niedriger lag als am 6. Dezember kurz vor Veröffentlichung der Geschäftsjahresbilanz 2021, will der Konzern aus den Erlösen der Kapitalerhöhung im vorigen Oktober nun im Frühjahr rund 700 Mill. Euro aus den KfW-Krediten zurückgeben. Konkret wird zum 1. April eine KfW-Fazilität über 1,05 Mrd. Euro aus dem zweiten von drei Finanzierungspaketen um rund 505 Mill. Euro reduziert. Zudem wird eine bislang nicht in Anspruch genommene Kreditfazilität der KfW und Banken über 170 Mill. Euro wegfallen. Die Kapitalerhöhung der Tui – seit der staatliche Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) erstmals in der Lage ist, die stille Einlage 1 in Höhe von 420 Mill. Euro vollständig zu wandeln – hatte einen Bruttoemissionserlös von rund 1,1 Mrd. Euro ergeben. Dadurch war das Eigenkapital des Konzerns Ende Dezember mit 359,1 Mill. Euro wieder positiv, nachdem es Ende September mit 418,4 Mill. Euro im roten Bereich gelegen hatte.
Die Tui-Aktionäre machten in der virtuellen Hauptversammlung am Dienstag den Weg für weitere Kapitalmaßnahmen im Volumen von 1,7 Mrd. Euro frei, die zur Rückführung weiterer Staatshilfen getroffen werden könnten. „Die neuen Autorisierungen geben uns die Flexibilität, jederzeit handlungsfähig zu sein, wenn sich Marktopportunitäten ergeben“, so Joussen. In der Versammlung, die auf eine Präsenz einschließlich abgegebener Stimmen von 49,06 (i.V. 49,76)% des Grundkapitals kam, unterstrich der Konzernchef das Ziel, zu einem Bruttoverschuldungsgrad von weniger als 3-mal Ebitda zu kommen. Eine konkrete zeitliche Vorgabe für dieses Ziel und auch für die Rückkehr zu Dividendenzahlungen nannte er nicht.
Bei der Tui, die zum 31. Dezember eine gegenüber dem Geschäftsjahresabschluss Ende September auf 5,07 Mrd. Euro leicht erhöhte Nettoverschuldung aufwies, geht man mittelfristig von einem Anstieg des bereinigten operativen Ergebnisses (Ebit) gegenüber den Ergebnissen des letzten Geschäftsjahres vor Beginn der Pandemie aus, getrieben durch Umsatzwachstum und Effekte aus dem laufenden Effizienzprogramm. Im laufenden Turnus, ein Jahr früher als angekündigt, soll das Global-Alignment-Programm abgeschlossen werden und jährliche Kosteneinsparungen von 340 Mill. Euro ermöglichen – nach 240 Mill. Euro im vergangenen Geschäftsjahr. Das Programm sieht schließlich ab 2023 jährliche Einsparungen von 400 Mill. Euro vor.
Im Berichtsquartal verreisten den Angaben zufolge mit 2,3 Millionen viermal mehr Menschen mit der Tui als vor Jahresfrist. Der Umsatz verfünffachte sich nahezu auf 2,37 (0,47) Mrd. Euro. Die kontinentaleuropäischen Märkte profitierten von Reiseerleichterungen in der EU. Das bereinigte Ebit verbesserte sich im ersten Winterquartal, der saisonal übliche Verlust verringerte sich auf 274 (676) Mill. Euro. Für das Gesamtjahr kündigt Tui deutliche Verbesserungen bei Ergebnis und Verschuldung an. Nach einem operativen Verlust von 2,07 Mrd. Euro im vergangenen Geschäftsjahr erwarten Analysten ein positives bereinigtes Ebit im laufenden Turnus. Die Tui-Aktie gab in London am Dienstag um 1,8% auf 255,60 Pence nach.
Tui | ||
Konzernzahlen nach IFRS | ||
1. Quartal* | ||
in Mill. Euro | 2021/22 | 2020/21 |
Umsatz | 2369 | 468 |
Bereinigtes Ebit | – 274 | – 676 |
Ebit | – 271 | – 698 |
Konzernergebnis | – 387 | – 790 |
Operat. Cash-flow | – 965 | – 737 |
Nettosach- und Finanzinvestitionen | 53 | – 47 |
Eigenkapitalqu. (%) | 2,5 | – 5,0 |
Nettoverschuldung | 5070 | 7177 |
Beschäftigtenzahl | 43162 | 37081 |
*) Geschäftsjahr zum 30.9. Börsen-Zeitung |