„Wir sind trotz allem zuversichtlich für den Standort Deutschland“
Zuversicht statt German Angst: Lutz Wolf im Gespräch (9 und Schluss)
„Wir sind trotz allem zuversichtlich für den Standort"
Neuenhauser Gruppe setzt auf ihre breite Aufstellung in Maschinenbau und Metallverarbeitung – und auf eine stabile neue Bundesregierung
Die Neuenhauser Gruppe hält sich im Zuge der Rezession wie viele andere Unternehmen mit Investitionen in Deutschland zurück. Doch das im Maschinenbau und in der Metallverarbeitung tätige Familienunternehmen setzt weiterhin auf den heimischen Standort.
Von Carsten Steevens, Hamburg
Die deutsche Wirtschaft ist 2024 das zweite Jahr in Folge geschrumpft. Zwei Rezessionsjahre am Stück gab es zuletzt 2002/2003. Laut Statistischem Bundesamt blockierten im vorigen Jahr konjunkturelle und strukturelle Belastungen eine bessere wirtschaftliche Entwicklung. Die Behörde begründet den Rückgang der Wirtschaftsleistung mit der zunehmenden Konkurrenz für die deutsche Exportwirtschaft auf wichtigen Absatzmärkten, hohen Energiekosten, einem nach wie vor erhöhten Zinsniveau sowie mit unsicheren wirtschaftlichen Aussichten.
Viele Branchen sind von Unsicherheit betroffen – auch der Maschinenbau oder die Autoindustrie, die zuletzt deutlich weniger produzierten. In energieintensiven Industriezweigen wie der Metallindustrie blieb die Produktion laut Statistikamt auf niedrigem Niveau. Im Jahr 2023 war sie infolge der stark gestiegenen Energiepreise erheblich zurückgegangen. Firmen zögern mit Investitionen, mit Blick auf die Rahmenbedingungen häufen sich vor der Bundestagswahl am 23. Februar Handlungsempfehlungen von Wirtschaftsverbänden und Unternehmen an die Politik.
„Dann kippt die Stimmung“
Die im Maschinenbau und in der Metallverarbeitung tätige Neuenhauser Gruppe beklagt eine verfehlte Energiepolitik und ein Übermaß an Bürokratie. Er hoffe sehr auf eine stabile Regierung nach der Bundestagswahl, die die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland wieder in den Mittelpunkt stellt, sagt Lutz Wolf, Vorstandsvorsitzender des Familienunternehmens aus der Grafschaft Bentheim, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. „Wenn die Wirtschaft nicht wächst, dann gibt es am Ende auch keine Mittel für soziale Aufgaben und für den Umweltschutz, dann kippt die Stimmung in der Gesellschaft.“
Bei Neuenhauser, seit Gründung durch Hans Voshaar vor sieben Jahrzehnten von einem Handwerksbetrieb zu einer industriellen Gruppe mit einem Jahresumsatz von einer halben Mrd. Euro gewachsen, finden mehr als 90% der Wertschöpfung an aktuell über 15 Standorten in Deutschland statt. Das Unternehmen, das im Maschinenbau in der Recyclingtechnologie, im Kompressorenbau und anderen Bereichen tätig ist und in der Metallverarbeitung vor allem Schweißbaugruppen an Hersteller von Nutz- und Baufahrzeugen, landwirtschaftlichen Maschinen und Flurförderzeugen liefert, setzt auf das Geschäft in Deutschland. Nach den Vorstellungen der Gründerfamilie habe man sich breit aufgestellt, um ausgewogen in verschiedenen Märkten konjunkturelle Höhen und Tiefen zu bewältigen, erläutert Vorstandschef Wolf.
Keine Verlagerung ins Ausland
An seiner weit überwiegenden Ausrichtung auf den Wirtschaftsstandort Deutschland will das Unternehmen aus dem Südwesten Niedersachsens festhalten. Eine Verlagerung von Produktion und Standorten ins Ausland steht für Neuenhauser nicht auf der Agenda. „Im Zuge des technischen Fortschritts und der Prozessautomatisierung haben wir in den vergangenen Jahren für uns immer wieder festgestellt, dass wir in Deutschland bleiben können und wollen“, betont der seit 2021 amtierende CEO.
Neuenhausers Umsatzanteil in Deutschland liegt den Angaben zufolge bei über 70%, wobei der inländische Kundenanteil im Bereich der Metallverarbeitung höher ist als im Maschinenbau. Abgesehen von kleineren Vertriebseinheiten ist die Gruppe im Ausland mit Produktionsstandorten in Italien und Tschechien vertreten. Neuenhauser habe gezeigt, dass man sich als Familienunternehmen mit flachen Hierarchien schnell auf sich verändernde Umfeldbedingungen einstellen könne, sagt Wolf. „Würden wir Werke ins Ausland verlagern, würden wir uns vom Großteil unserer Kunden entfernen.“
Profitabilität im Visier
Der Vorstandschef, der vor seinem Start bei Neuenhauser 2017 für den Industriekonzern Gea sowie für Siemens tätig war, macht weiter klar, dass nach dem letztjährigen Umsatzrückgang im niedrigen zweistelligen Prozentbereich in den Jahren 2025 und 2026 Profitabilität im Vordergrund stehe, um wie schon früher gestärkt aus einer rezessiven Phase hervorzugehen. „Wir prüfen unser Portfolio, wir konsolidieren in gewissen Maßen.“ Zwar liefen Bereiche wie Automation, Kompressorenbau und Recyclingtechnik gut, im Durchschnitt sei die Auftragslage „derzeit konjunkturbedingt aber eher flau“.
Zukäufe zusammengeführt
Um in der rezessiven Phase den Cash-Bestand hochzuhalten, hält sich das am Kapitalmarkt nicht präsente Unternehmen mit Investitionen eher zurück. Zugleich unterstreicht der Neuenhauser-Chef Wachstumspotenziale. Im Bereich der Automatisierung habe man 2023 zugekauft, um Marktzugang und Prozess-Knowhow mit Blick auf Pharmaindustrie und Lebensmittel- und Getränke-Branche zu gewinnen und um sich Technologie anzueignen. Die Zukäufe wurden mit einer Maschinenbaueinheit zusammengeführt, die nun Neuenhauser Automation heißt. „Wir haben hier einen wichtigen strategischen Pflock für unsere Gruppe in den Boden geschlagen“, sagt Wolf.
„Reformen dringend notwendig“
Ungeachtet von Rezession und Unzufriedenheit mit den Rahmenbedingungen bekennt sich Neuenhauser zum Geschäft in Deutschland. „Wir sind trotz allem zuversichtlich für den Standort Deutschland“, sagt Wolf. „Aber wir müssen bei aller Zuversicht auch immer wieder darauf hinweisen, dass nach Fehlentwicklungen in den vergangenen Jahren Anpassungen und Reformen in der Wirtschafts- und Energiepolitik dringend notwendig sind.“
Zuletzt erschienen:
Viessmann – Nachhaltiger Fokus,
globaler Blick (11.12.)
Rechenzentren sind für Ionos „ein großer Posten“ (19.11.)
GP Joule sieht viel Potenzial durch die Energiewende (30.10.)