Zwei Bewerber für ITA Airways
bl Mailand
Um die Übernahme der staatlichen italienischen Fluggesellschaft ITA Airways bewerben sich zwei Kandidatengruppen. Die Lufthansa, die sich mit der in Genf ansässigen Großreederei MSC des 81-jährigen Unternehmers Gianluigi Aponte aus dem süditalienischen Sorrent verbündet hat, hat eine Offerte abgegeben. In Konkurrenz dazu steht das Angebot des Finanzinvestors Certares, der eng mit Air France-KLM und Delta verbandelt ist. Dagegen hat der US-Luftfahrtinvestor Indigo, der an der Billigairline Wizz beteiligt ist, keine Offerte vorgelegt.
Die italienische Regierung will nun voraussichtlich in der ersten Junihälfte bekanntgeben, welcher der beiden Bewerber zum Zug kommt. Ein Signing ist nach Angaben der Regierung für Mitte/Ende Juni geplant. Abgeschlossen werden soll die Transaktion nach Informationen der Börsen-Zeitung bis spätestens Dezember. Für die Regierung entscheidend sind neben dem Preis die industrielle Solidität und die strategischen Perspektiven. Außerdem legt Rom Wert darauf, dass es aus Italien direkte interkontinentale Verbindungen gibt.
Die Angebote liegen dem Vernehmen nach um 1,2 bis 1,4 Mrd. Euro. Die Offerte von MSC-Lufthansa sieht nach Informationen der Börsen-Zeitung vor, dass die Reederei vermutlich um die 60% und die deutsche Airline etwa 20% erwirbt. Der italienische Staat würde die restlichen 20% behalten. Wirtschaftsminister Daniele Franco hatte kürzlich deutlich gemacht, dass der Staat eine Beteiligung behalten will.
Beide Bewerber hatten im Vorfeld Zugang zum Datenraum erhalten. Über das Angebot von Certares ist wenig bekannt. Bisher ist nicht mal sicher, dass Air France-KLM dabei ist. Das ist jedoch sehr wahrscheinlich. Es gibt jedoch Widerstand von Seiten der niederländischen KLM. Ein Problem für Air France-KLM ist auch, dass die Fluggesellschaft ihre Staatshilfen aus der Coronakrise noch nicht zurückgezahlt hat, so dass ihr die EU direkte Akquisitionen untersagt hat. Nun hat die Fluggesellschaft am Dienstag eine Kapitalerhöhung um knapp 2,3 Mrd. Euro angekündigt. Damit will die Airline einen Teil der Staatshilfen von 10 Mrd. Euro zurückzahlen. Ein Ausstieg aus den Hilfen würde eine Beteiligung erlauben. Im Rahmen der Kapitalerhöhung steigt die französische Großreederei CMA CGM als neuer Aktionär bei Air France-KLM ein und strebt eine Beteiligung von 9% an. Die neuen Aktien werden vom 29. Mai bis 9. Juni zum Kurs von 1,17 Euro je Anteilschein oder im Verhältnis von drei neuen für eine alte Aktie angeboten.
Der italienische Staat will in den nächsten drei Jahren 1,35 Mrd. Euro in ITA Airways stecken. Die Gesellschaft, die erst seit Oktober 2021 operativ tätig ist, ist in weiten Teilen identisch mit der Pleite-Airline Alitalia. Sie ist allerdings nicht deren Rechtsnachfolgerin. Die gesamten Altlasten, Schulden in Milliardenhöhe, sind bei den italienischen Steuerzahlern abgeladen worden.
Alitalia-CEO Alfredo Altavilla hat wiederholt Sympathien für eine Offerte von MSC und Lufthansa erkennen lassen. Auch die Regierung in Rom soll das deutsch-italienische Angebot favorisieren. Ein Grund dafür ist die aus italienischer Sicht vorbildlich gelungene Integration von Swiss, Brussels und Austrian Airlines. Für die Lufthansa ist Italien der zweitwichtigste Markt und wird vor allem von Air Dolomiti bedient. Dominiert wird Italien aber von Billigairlines wie Ryanair, Easyjet, Volotea und Wizz.
Es gibt zwar Beobachter, die glauben, dass Certares-Air France-KLM nur den Preis für MSC/Lufthansa hochtreiben wollen und gar nicht ernsthaft interessiert sind. Andererseits betreibt Frankreich seit jeher ein geschicktes Lobbying in Italien. Viele italienische Unternehmen wie Gucci, Bulgari, Loro Piana, Parmalat, Galbani, Edison sowie diverse Banken wie die BNL sind von französischen übernommen worden. Zuletzt ist der Crédit Agricole bei der drittgrößten Bank BPM eingestiegen. Euronext hat die Mailänder Börse gekauft und Fiat Chrysler ist Bestandteil des französisch dominierten Autokonzerns Stellantis geworden. Certares ist eine 2012 gegründete Private-Equity-Gesellschaft aus New York, die derzeit 7,8 Mrd. Dollar under Management in 20 Portfoliounternehmen hat.