Das halbjährliche Finanzplatzrating der Z/Yen Group enthält eine Hiobsbotschaft: Paris ist von Platz 10 auf Platz 14 abgestiegen. Damit gibt es unter den weltweiten Top 10 keinen Ort aus Kontinentaleuropa mehr. An der Spitze änderte sich nichts. New York hält mit komfortablem Vorsprung zu London die Spitzenposition. Die britische Metropole konnte sich etwas von Singapur (Platz 3) und Hongkong (Platz 4) absetzen, doch die Wettbewerber aus Asien sind nicht allzu weit entfernt. Peking und Shenzhen verließen allerdings die Top 10. Dafür stiegen Seoul, Boston und Chicago auf. Damit befinden sich fünf der zehn führenden Finanzplätze in den Vereinigten Staaten. Da scheine die Stärke der US-Finanzbranche durch, kommentierte Michael Mainelli, der Chairman von Z/Yen. Der Zusammenbruch der Silicon Valley Bank und die Krise der US-Regionalbanken, die sich daran anschloss, ist in die Ergebnisse allerdings noch nicht eingeflossen. Frankfurt arbeitete sich von Platz 18 auf Platz 17 hoch. München verbesserte sich vom 24. auf den 18. Rang. Berlin verharrte auf Platz 26. Für Stuttgart ging es von Platz 39 auf Platz 47 bergab.

Der Abstieg von Paris mag unter dem Gesichtspunkt überraschen, dass die Marktkapitalisierung der dort gehandelten Aktien Bloomberg zufolge mittlerweile um 250 Mrd. Dollar höher liegt als in London. ETFs und Hinterlegungsscheine für ausländische Aktien flossen in die Erhebung nicht mit ein. Im November vergangenen Jahres hatte die französische Börse die Londoner erstmals überrundet. Allerdings spielt der Kassamarkt für das Geschäft der London Stock Exchange Group nicht mehr die zentrale Rolle, die er einmal innehatte. Trotz des schwachen Produktivitätswachstums der vergangenen Jahre wuchs die Londoner Wirtschaft der Denkfabrik Centre for Cities zufolge stärker als die der französischen Hauptstadt. Sie war 2019 um ein Viertel größer als 2007. Die Wirtschaft der französischen Hauptstadt expandierte in diesem Zeitraum nur um knapp ein Fünftel (19 %). In dieser Zeit entstanden an der Themse 1,4 Millionen neue Stellen, an der Seine dagegen nur 0,4 Millionen.

Eigentlich hatte die City of London Corporation die Suche nach Möglichkeiten für die internationale Zusammenarbeit im Sinn, als sie das Ranking vor 16 Jahren bei der Beratungsgesellschaft in Auftrag gab. Mittlerweile ist es eine unter Standortpolitikern viel beachtete Rennliste. Z/Yen erstellt sie in Zusammenarbeit mit dem China Development Institute aus Shenzhen.

Die Infrastruktur der Finanzzen­tren ist vor Standortentscheidungen stärker in den Fokus der Marktteilnehmer gerückt. „An Orten mit schlechter Infrastruktur sind niedrige Steuern und andere Vorteile nutzlos“, zitiert die Studie einen Steueranwalt aus Dubai. Dabei spielt die Kommunikationsinfrastruktur eine immer größere Rolle, während die Flugverbindungen nicht mehr ganz so wichtig genommen werden.

„Zugang zu Kunden und Lieferanten ist ein wichtiger Faktor für das Wachstum des Fintech-Markts“, wird ein Professor aus Seoul zitiert. „Online-Zugang ist schrittweise wichtiger geworden als physischer Zugang. Städte mit einer guten Internetinfrastruktur werden deshalb schnell eine dominante Position in der Fintech-Branche erreichen.“

Nachhaltigkeitsbekenntnisse spielen bei der Standortentscheidung dagegen eine zu vernachlässigende Rolle. Sie wurden am wenigsten genannt, als nach den wichtigsten Faktoren für die Ortswahl bei der Gründung eines neuen Finanzunternehmens gefragt wurde. Ein vertrauenswürdiges Rechts- und Streitschlichtungssystem stand dagegen weit oben.