Widerstand in Regierung gegen BPM-Übernahme wächst
Widerstand gegen BPM-Übernahme wächst
Verwaltungsrat lehnt Offerte ab - Rom prüft Veto - Gerüchte um Crédit Agricole-Interesse
bl Mailand
Der Verwaltungsrat von Italiens drittgrößter Bank BPM hat das Übernahmeangebot der HVB-Mutter Unicredit einstimmig zurückgewiesen. Es sei nicht nur nicht abgestimmt gewesen, hieß es in einer Erklärung im Anschluss an eine lange geplante Sitzung des Aufsichtsgremiums. Die Offerte spiegle auch in keiner Weise die Ertragskraft und die Wachstumsaussichten der Bank wider. Sorge äußerte die BPM auch wegen der von Unicredit angestrebten Synergien in Höhe von 900 Mill. Euro. Aus BPM-Sicht seien sie nur mit einem massiven personellen Aderlass zu realisieren.
Unicredit hatte am Montag ein Übernahmeangebot mit einem Aufschlag von 0,5% gegenüber dem BPM-Schlusskurs vom Freitag vorgelegt. Nach einer Kursrallye waren die BPM-Papiere am Montag aber fast 8% teurer als das Angebot der Unicredit. Am Dienstag gab es bei allen beteiligten Instituten nur geringe Kursbewegungen.
Es wird über eine Aufstockung der Offerte spekuliert
Dem Vernehmen nach hat Unicredit sowohl BPM-Verwaltungsratspräsident Massimo Tononi als auch Wirtschafts- und Finanzminister Giancarlo Giorgetti am Sonntag über die bevorstehende Offerte informiert. Es gilt als wahrscheinlich, dass Unicredit das Angebot aufstockt. Das erwarten auch Analysten etwa von Equita, die einen Zusammenschluss aber grundsätzlich als sinnvoll erachten.
Soll die Banca d'Italia intervenieren?
Unterdessen wächst der Widerstand in der Politik gegenüber einer Übernahme der BPM. Vizepremier Matteo Salvini forderte die Banca d`Italia auf, zu intervenieren. Er sprach sich für Wettbewerb auf dem Markt aus und bezeichnete Unicredit als nicht-italienische Bank. Damit spielte er darauf an, dass nur 6% der Aktionäre der HVB-Mutter aus Italien sind. Salvinis-Lega-Parteigenosse Giorgetti drohte mit einem Veto der Regierung gegen das Vorhaben. Über die 2012 eingeführte und seither mehrmals ausgeweitete Goldene-Aktie-Regelung verfügt Rom über starke Einflussmöglichkeiten in vielen Sektoren. Ursprünglich gedacht und angewandt zur Abwehr ausländischer Übernahmeversuche könnte die Regierung die Regelung auch in diesem Fall nutzen. Innerhalb der Regierung gibt es aber auch Kräfte, die für die Einhaltung marktwirtschaftlicher Regeln sind.
Unicredits Zweifrontenkrieg
Angesichts der Tatsache, dass Unicredit auch eine Übernahme der Commerzbank prüft, sprach Giorgetti in Anlehnung an den Militärstrategen Carl von Clausewitz von einem Zweifrontenkrieg, der nur zu verlieren sei. Die italienische Regierung ist für den Fall einer BPM-Übernahme durch Unicredit besorgt. Seit vielen Jahren bemühen sich diverse Regierungskoalitionen um die Bildung einer dritten großen Bankengruppe im Land neben Unicredit und Intesa Sanpaolo. Nachdem die BPM gerade erst ein Übernahmeangebot für den Vermögensverwalter Anima vorgelegt hat und zudem bei der halbstaatlichen Monte die Paschi di Siena (MPS) eingestiegen ist, schien dieses Ziel erreicht worden zu sein.
Unicredit hatte 2021 eine MPS-Übernahme geprüft, dann aber zum Missfallen der Regierung Draghi verworfen. Auch jetzt hat die Bank kein Interesse an dem Institut und könnte damit zum zweitenmal eine Lösung für die Monte dei Paschi zum Scheitern bringen. Im Fall einer BPM-Übernahme würde Unicredit mit einer Börsenkapitalisierung von mehr als 70 Mrd. Euro zur größten Bank der Eurozone.
Es wird spekuliert
Es gibt jedoch Gerüchte, Unicredit sei mit dem Übernahmeangebot für die BPM nur dem französischen Crédit Agricole zuvorgekommen. Die Franzosen kontrollieren bereits 9,2% der Anteile. Angeblich haben sie zwar keine Erhöhung der Anteile über 10% bei der Europäischen Zentralbank beantragt. Doch sollen sie den Anteil über Finanzinstrumente auf bis zu 19% aufgestockt und Berater engagiert haben. Eine ausländische Übernahme dürfte Rom noch kritischer sehen.
Unicredit stand bereits Anfang 2022 vor einer BPM-Übernahme. Nachdem Indiskretionen den Preis hochgetrieben hatten, verzichtete die Bank in letzter Minute auf ein Angebot. Kurz danach war der Crédit Agricole eingestiegen. Die Franzosen haben seit der Finanzkrise mehrere italienische Institute vor allem in Mittelitalien übernommen.