Finanzmarktkalender17. April

Knifflige Entscheidung für die EZB

Die Finanzmärkte gehen fest von einer weiteren Zinssenkung der EZB in der kommenden Woche aus. Äußerungen von Ratsmitgliedern deuten jedoch darauf hin, dass die Entscheidung diesbezüglich noch längst nicht gefallen ist. Der Zollkonflikt der USA mit der EU erschwert den Inflationsausblick.

Knifflige Entscheidung für die EZB

17. April

Knifflige Entscheidung für EZB

Die Finanzmärkte gehen fest von einer weiteren Zinssenkung der EZB in der kommenden Woche aus. Äußerungen von Ratsmitgliedern deuten jedoch darauf hin, dass die Entscheidung diesbezüglich noch längst nicht gefallen ist. Der Zollkonflikt der USA mit der EU erschwert den Inflationsausblick für die Eurozone.

Von Martin Pirkl, Frankfurt

Selten in den vergangenen Jahren ist der EZB ein Zinsentscheid so schwergefallen wie der anstehende am Donnerstag. Die Unsicherheit über die Effekte des Zollkonflikts zwischen den USA und beinahe dem Rest der Welt auf die Inflation verkompliziert die Geldpolitik. Zumal auch noch unklar ist, wie sich die expansivere Fiskalpolitik für Militärausgaben – und im Falle Deutschlands auch für Infrastruktur – auf die Verbraucherpreise im Euroraum auswirken wird. Vor diesem Hintergrund ist offen, ob die EZB eine weitere Zinssenkung beschließt oder vorerst eine Zinspause einlegt.

Zuletzt hat die Inflation im Euroraum spürbar nachgelassen. Im März ist sie auf 2,2% gefallen, womit sie nur noch ein wenig über dem Zielwert der EZB liegt. Im Jahresverlauf könnte die Teuerung nachhaltig auf 2% fallen. Den Befürwortern einer weiteren Zinssenkung geben auch die Zahlen zur Dienstleistungsinflation Auftrieb. Etliche Monate verharrte diese bei rund 4%. Im März hat sie auf 3,4% nachgelassen. Auch wenn dies zum Teil auf einen statistischen Sondereffekt zurückzuführen ist, der dadurch entstanden ist, dass Ostern dieses Jahr später ist als 2024, mehren sich die Anzeichen, dass die Dienstleistungsinflation in den kommenden Monaten nachlassen wird.

Konträre Ansichten über Inflationseffekte der Zölle

Selbst Falken im EZB-Rat, also Vertreter einer tendenziell restriktiveren Geldpolitik, hatten vor dem Beginn von Trumps Zollkrieg große Zuversicht beim Inflationsausblick gezeigt und sich teilweise für weitere zeitnahe Zinssenkungen ausgesprochen. Für Bundesbankpräsident Joachim Nagel sind die Ereignisse in Washington jedoch Anlass, um die Situation komplett neu zu bewerten. „Dies wird auch Erreichtes in der Geldpolitik auf den Prüfstand stellen. Im Eurosystem werden wir die Lage neu einordnen müssen.“ Auch andere warnen vor den Inflationsgefahren der Zölle, wie etwa der griechische Notenbankchef Yannis Stournaras. Die Zölle könnten die Normalisierung der Geldpolitik verzögern. Der gegenüber dem Dollar stärkere Euro verteuert Importe in die Europäische Union. Gegenzölle der EU auf US-Waren sowieso.

Andere EZB-Ratsmitglieder stellen hingegen die preisdämpfenden Effekte in den Fokus. „Die längerfristigen Auswirkungen der Zölle sind eine schwächere Nachfrage, ein geringeres Wachstum, ein geringeres Vertrauen der Unternehmen, geringere Investitionsausgaben und ein schwächeres Verbrauchervertrauen – alles disinflationär“, meint etwa Gediminas Simkus, Notenbankchef in Litauen.

Tendenz zur Zinssenkung

Bei einer schlecht laufenden Wirtschaft sinkt für Unternehmen der Spielraum für Preiserhöhungen. Zudem haben Gewerkschaften schlechtere Karten, kräftige Lohnerhöhungen durchzusetzen. Eine schlechte Konjunktur dämpft zudem aufgrund der geringen Nachfrage die Energiepreise.

Ob die inflationären oder disinflationären Effekte des Zollkonflikts überwiegen werden, darüber herrscht Uneinigkeit im EZB-Rat. Da zudem noch die Meinung auseinandergehen, ob die Geldpolitik derzeit noch restriktiv wirkt, könnte die EZB möglicherweise am Donnerstag eine Zinspause einlegen, um die Lage zu sondieren. Da das Lager der Tauben – also der Vertreter einer tendenziell lockereren Geldpolitik – die Mehrheit hat, ist eine erneute Zinssenkung angesichts der zuletzt weiter nachlassenden Inflation jedoch die wahrscheinlichere Variante. 

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