Im InterviewMichael Krautzberger, Allianz Global Investors

„Die Fed dürfte im Zinsnebel stochern“

Trumps Politik sorgt für Inflation und Unsicherheit an den Märkten. Im Interview erläutert Michael Krautzberger, was das für die Bondmärkte bedeutet.

„Die Fed dürfte im Zinsnebel stochern“

Herr Krautzberger, mit welchem Einfluss auf den US-Staatsanleihemarkt rechnen Sie 2025 durch die protektionistische Wirtschaftspolitik des neuen US-Präsidenten Donald Trump?

Wir haben bereits eine Riesenbewegung am Markt gesehen, viele Laufzeiten sind rund 100 Basispunkte höher als noch vor seiner Wahl. Der Bondmarkt ist offensichtlich besorgt über ein höheres Angebot an Staatsanleihen, weil viele der angekündigten Maßnahmen defizitär wirken. Hinzu kommen die angekündigten Steuersenkungen. Im Gegenzug soll es zwar Sparmaßnahmen im öffentlichen Bereich geben. Aber da ist der Markt relativ skeptisch, dass das alles realistisch ist. Und schließlich gibt es Unsicherheit bezüglich der angekündigten Zollpolitik für viele Handelspartner, darunter China, aber auch Europa oder Kanada. Das alles wirkt inflationär und belastet damit die Bondmärkte.

Wird die Fed ihren Zinssenkungszyklus 2025 in diesem Umfeld fortsetzen können oder ihn früher beenden müssen als erwartet?

Aufgrund der bekannten Unsicherheiten, die mit Trumps Politik verbunden sind, wird die Fed das Zinssenkungstempo wohl reduzieren. Zwei Zinsschritte kann ich mir noch vorstellen, aber wohl nur bei jedem zweiten Meeting, und dann erstmal eine Pause. Donald Trump hat viele sehr kontroverse Politikmaßnahmen in den Raum gestellt. Ein Handelskrieg, wenn er denn tatsächlich kommt, kann auch schnell mal eskalieren. Vielleicht ist es aber auch nur eine Drohung, und es kommt schnell zu Einigungen mit den Handelspartnern. Das wäre dann ein positiveres Konjunkturszenario. Stand heute sehe ich Raum für zwei weitere Zinssenkungen im Umfang von je 25 Basispunkten. Zwischenzeitlich waren am Markt für 2025 sechs, sieben Senkungen eingepreist. Das ist mittlerweile aber raus.

Angekündigte Zölle und heimische Stimulierungsmaßnahmen sollten die Inflationsentwicklung in den USA tendenziell begünstigen. Wo sehen Sie die US-Inflation dieses Jahr hingehen? Könnte es vor diesem Hintergrund sogar zu einer Zinserhöhungsdiskussion in den USA kommen?

Viele der Maßnahmen von Trump wirken inflationär. Eine Zinserhöhung in den USA sehe ich in den nächsten Monaten aber dennoch nicht. Auf einen Inflationsschub durch Strafzölle wird eine Zentralbank nicht mit Zinsanhebungen reagieren. Denn damit würde man die Konjunktur, deren Aussichten durch die Strafzölle ohnehin getrübt sind, komplett abwürgen. Das wird die Fed nicht wollen.

Was sind Ihre Prognosen für die zehnjährigen US-Treasuries per 30. Juni und 30.12.?

Ich bin kein Freund von Punktprognosen zu bestimmten Daten. Aber ganz grob gesagt, sehe ich zehnjährige Treasuries per Jahresmitte und zum Jahresende in der Region von um die 4,50%.

Und wo sehen Sie im Schlepptau den europäischen Staatsanleihemarkt, d.h. speziell die Bundesanleihen? Koppeln sich die Bundesanleihen in der Renditeentwicklung ein Stück weit ab?

Interessanterweise liefen der US-Bondmarkt und die britischen Staatspapiere in diesem Sell-off fast eins zu eins, während sich der Bund-Markt etwas abgekoppelt hat. Aber auch dort haben wir einen gewissen Renditeanstieg gesehen, nur nicht so stark. Die größte Abkopplung dürfte es am kurzen Laufzeitenende geben. Während die EZB ihre Zinssenkungen wohl fortsetzen wird, dürfte die Fed nämlich erst einmal ein wenig im Zinsnebel stochern und die Wirksamkeit von Trumps Maßnahmen evaluieren.

Welche Perspektive haben Sie für die Wirtschaft im Euroraum 2025?

Die europäische Wirtschaft hat ja schon im vergangenen Jahr zur Schwäche geneigt. Sorge bereitet vor allem die konjunkturelle Entwicklung in Deutschland. Und hier bekommen wir nun zusätzliche Risiken hinzu. Die Eurozone dürfte zwar moderat positiv wachsen, aber unter ihrem Potenzial bleiben. Dies bedeutet, dass die EZB keine restriktive Geldpolitik fahren muss.

Auf welche Gangart stellen Sie sich denn bei der Geldpolitik der EZB ein?

Für die kommenden Monate erwarte ich eine Zinssenkung um 25 Basispunkte bei jeder Sitzung, bis hin zu einem Einlagensatz von etwa 2%. Die EZB selbst – etwa Präsidentin Christine Lagarde – deutet in Interviews bzw. Äußerungen ebenfalls an, dass sie in Richtung neutral, also rund 2%, gehen wollen. Bei der vergangenen Sitzung sollen einige Teilnehmer sogar für eine Senkung um 50 Basispunkte gestimmt haben. Ich gehe aber nicht von Zinsschritten in dieser Größenordnung aus.

Wo erwarten Sie die zehnjährige Bundrendite per Jahresmitte und Jahresende 2025?

Auch hier kann ich nur von einer ungefähren Region sprechen. Für beide Zeitpunkte würde ich die zehnjährige Bundrendite so um die 2,40% sehen.

Der Bund-Swap-Spread ist negativ geworden gegen Ende des vorigen Jahres. Das ist auch bei anderen Ländern bzw. Emittenten der Fall. Was kommt darin für Sie zum Ausdruck?

Darin spiegelt sich die Erwartung wider, dass es in diesem Jahr relativ viel Angebot auf der Staatsanleiheseite geben wird. Hierfür werden Anleger dann eine gewisse Prämie fordern. Mit Blick auf Deutschland könnte eine neue Regierung die Schuldenbremse anfassen, eine sinnvolle Reform wäre hier vielleicht sogar wünschenswert. Bestimmte produktive Investitionen können durchaus schuldenfinanziert sein, denn sie können langfristig zu einer besseren Schuldentragfähigkeit beitragen.

Rechnen Sie in diesem Jahr mit einer Normalisierung der Swap-Spreads?

Ja, ich rechne durchaus mit einer gewissen Normalisierung. Wir haben es hier aber mit einem internationalen Trend zu tun. Daher gehe ich nicht davon aus, dass wir wieder zu der Konstellation zurückkehren, die wir vor der Umkehrung der Bund-Swap-Spreads hatten.

Sorgen bereitet Anlegern am Bondmarkt eine womöglich aufkommende nachlassende Platzierbarkeit von Anleihen. Teilen Sie diese Einschätzung?

Eine derart dramatische Lage sehe ich dieses Jahr nicht auf uns zukommen. Die Frage ist eher, zu welchem Preis, zu welcher Prämie die Bonds platziert werden. Die Zinskurven sind auch deshalb steiler geworden, weil im Januar zumeist gleich ein hohes Volumen an Staatsanleihen kommt. Mit der steileren Kurve sind die Märkte für Anleger nun aber auch attraktiver geworden. Es ist also wohl keine Frage, ob die Märkte das Angebot an Anleihen absorbieren können, sondern zu welchem Preis. Und wenn man in manchen Bereichen bei längeren Laufzeiten dann wieder 5% bekommen kann, ist das schon ein sehr attraktives Renditeniveau.

Mal angenommen, die Situation verschärft sich aber. In welchen Bereichen des Bondmarktes könnte eine mangelnde Platzierbarkeit von Anleihen am ehesten Realität werden?

Die Diskussion um eine Platzierbarkeit dreht sich derzeit fast ausschließlich um Staatsanleihen.  Ein realistisches Szenario hierfür wäre eine schwerwiegende Konjunkturkrise, die ich so aber nicht sehe. International machen uns mit Blick auf die Staatsverschuldung eher die USA und Japan Sorgen. Wobei die USA aber den Vorteil haben, dass der Dollar immer noch die weltweite Reservewährung ist. Viele Akteure legen daher dort an, auch in US-Staatsanleihen, was die USA weniger verwundbar macht. Ohnehin ist der Appetit auf Bonds am Markt momentan recht gut, was wir gerade jetzt im Januar wieder sehen können.

Und bei einer Handelseskalation?

Kommt es tatsächlich zu einer Handelseskalation, dürfte es am ehesten am High-Yield-Markt zu Stress kommen. Dort könnte der eine oder andere Emittent dann womöglich nicht mehr platzieren oder nur noch einen Teil des angedachten Volumens. Momentan ist das aber kein akutes Problem.

Zur Person: Michael Krautzberger ist Global Chief Investment Officer (CIO) Fixed Income bei Allianz Global Investors. In dieser Funktion leitet und beaufsichtigt er die Entwicklung des Anleihenportfoliomanagements und des entsprechenden Anlageangebots von AGI.

Im Interview: Michael Krautzberger

„Die Fed dürfte ein wenig im Zinsnebel stochern“

CIO Fixed Income von Allianz GI: Marktteilnehmer besorgt wegen steigendem Angebot an US-Staatsanleihen – EZB vor weiteren Zinssenkungen

Mit dem Regierungswechsel in Washington hat die US-Politik die volle Aufmerksamkeit der Marktteilnehmer. Im Interview der Börsen-Zeitung erläutert Michael Krautzberger, CIO Fixed Income von Allianz GI, welche Folgen sich für die Bondmärkte ergeben und welche Gefahren realistisch sind.

Das Interview führte Kai Johannsen. Das vollständige Interview können Sie auf www.boersen-zeitung.de lesen.

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