Autoaktien

Luxuskurs der Autoindustrie bietet Anlagechancen

Mit verstärkter Positionierung im Luxussegment wollen die deutschen Automobilhersteller ihren Führungsanspruch im elektrischen Zeitalter fortschreiben. Daraus ergeben sich attraktive Anlagechancen.

Luxuskurs der Autoindustrie bietet Anlagechancen

Anfang 2018 haben wir an dieser Stelle einen Weckruf für die deutsche Automobilindustrie veröffentlicht. Der sich andeutende Siegeszug von Tesla und eine sich mit hohem Tempo formierende elektrifizierte Automobilgeneration in China gaben Anlass zur Sorge. Gleichzeitig war der Wille zur Transformation in der deutschen Industrie sehr unterschiedlich ausgeprägt: Während Volkswagen damals gerade einen hohen zweistelligen Milliardenbetrag für die beschleunigte Entwicklung von Elektromodellen angekündigt hatte, erinnern wir uns an Gespräche, insbesondere mit Premiumherstellern­, die eher von der Hoffnung eines bald vorbeigehenden „Elektro-Spuks“ gekennzeichnet waren.

Mittlerweile haben staatliche An­reizsysteme und der Konsumentenwille eine neue Wirklichkeit geschaffen. Und die Aufgabe für die deutschen Hersteller ist klar definiert: den Premiumanspruch in die elektrische Zukunft zu retten.

Wie kann das gelingen? Premiummodelle „Made in Germany“ verschieben sich deutlich weiter nach oben. So lassen sich Aussagen und Pläne der deutschen Hersteller am besten zusammenfassen. Die aktuell am Markt befindlichen Elektromodelle der deutschen Konzerne sind vor allem im obersten Preissegment zu finden. Modelle wie der Porsche Taycan, BMW iX oder Mercedes EQS zielen nicht auf den direkten Wettbewerb mit aktuellen Tesla- oder Pole­star-Modellen, sondern liegen preislich in ihrer eigenen Dimension. Nun könnte man einwenden, dass die Topmodelle der deutschen Premiumhersteller dies auch schon zu Verbrennerzeiten waren. Doch die Strategie dahinter geht deutlich weiter: Sie ist eng verbunden mit der Frage, ob – und wie – sich die Wahrnehmung von individueller Mobilität in den Schlüsselmärkten künftig verändert.

Zwei grundsätzlich unterschiedliche Denkschulen begegnen uns an dieser Stelle: Die erste argumentiert, dass sich das Auto auf ein reines Plattformobjekt reduziert. Der Be­griff „Plattform“ bezieht sich dabei nicht auf den Herstellungsprozess, sondern vielmehr auf die Einwertung durch den potenziellen Käufer und Nutzer. Beispiele hierfür sind zahlreich. Wer ein Android-Mobiltelefon besitzt, für den spielt der Hersteller des Endgeräts häufig eine untergeordnete Rolle. Wichtig ist das Be­triebssystem als Tor in die digitale Welt. Früher stand die Stereoanlage im Mittelpunkt, und auf den Schulhöfen wurden Hersteller und Wattzahlen diskutiert. Heute ist das Spotify-Abo der heilige Gral vieler Jugendlicher. Auf welchem Lautsprecher die Musik gestreamt wird, bleibt da­gegen zweitrangig. Und für Premiumhersteller wie Bang & Olufsen und Loewe war der Übergang zu flachen LCD- und LED-Fernsehgeräten das jähe Ende ihrer Designdominanz.

Wird das Auto zu einem rollenden Computer, ist die Analogie zu den vorgenannten Beispielen nicht fern. Ein Blick in den Innenraum eines Tesla unterstreicht dies eindrucksvoll. In dieser Reduktion auf das Wesentliche wird Differenzierung schwieriger. Diese Differenzierung ist, wenn überhaupt, auch nicht mehr Ergebnis eines jahrzehntelang gewachsenen ingenieurgetriebenen Vorsprungs, sondern vielmehr Ergebnis eines ge­lungenen Zusammenspiels von Soft- und Hardware. Diesem Denkmuster folgend tritt die Marke in den Hintergrund und „usability“ wird deutlich wichtiger.

Flucht nach vorne

Der zweite Ansatz kommt einer Flucht nach vorne gleich. Wenn Differenzierung im Massenmarkt gegen kalifornische – vor allem aber gegen asiatische – Konkurrenz schwieriger wird, bietet die verstärkte Positionierung der Marke im Luxussegment einen anderen Weg. Zum einen hilft dies unmittelbar durch deutlich höhere Ergebnisbeiträge pro verkaufter Einheit. Zum anderen aber auch durch erhoffte Abstrahleffekte auf den Rest der Flotte. Vor diesem Hintergrund ist es alles andere als Zufall, dass die deutschen Premiumhersteller ein besonderes Augenmerk auf ihre jeweiligen Flaggschiffe legen. Die beispielhaft genannten Modelle Porsche Taycan, Mercedes EQS oder BMW iX mögen begrenzte Relevanz für den durchschnittlichen Autokäufer haben. Sie symbolisieren aber den festen Willen der deutschen Automobilhersteller, ihren Führungsanspruch im elektrischen Zeitalter fortzuschreiben, und finden das gewünscht große mediale Echo. Und die deutschen Hersteller machen Ernst auf diesem Weg. Schon im Herbst 2020 hat Mercedes-Benz das „Denken und Handeln als Luxusmarke“ zu einem der Kernpunkte ihrer Strategie erklärt. Das Zurückfahren des Taxi-Geschäfts und der jüngst gemeinsam mit BMW vollzogene Ausstieg aus dem Carsharing passen in dieses Bild.

Die von Volkswagen angekündigte Rückkehr der Porsche AG an die Börse dürfte den Wert einer Luxusstrategie noch einmal transparenter machen. Ferrari zeigt eindrucksvoll, wie gut das gelingen kann. Bewertet mit dem Siebenfachen des diesjährigen Umsatzes und einer operativen Marge von rund 25% ist Ferrari bislang einzigartig unter den etablierten Autoherstellern und zeigt sich vergleichsweise krisenresistent. Ikonische Marken, gepaart mit technischer Exzellenz und breiten Endmärkten, ergeben attraktive Anlagemöglichkeiten. Hier ist noch Platz für Luxus „Made in Germany“.

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