Nomura setzt auf Japans Aktien
xaw Frankfurt
Nomura Asset Management sieht angesichts niedriger Bewertungen und einer robusten Eigenkapitalrentabilität starkes Aufholpotenzial für Japans Aktienmarkt. „Viele internationale Investoren unterschätzen dies und verpassen damit attraktive Gelegenheiten“, sagte Yuichi Murao, Chief Investment Officer für Aktien bei dem Vermögensverwalter, im Rahmen eines Pressegesprächs am Donnerstag.
Die Kurs-Gewinn-Verhältnisse im MSCI Japan fielen nach wie vor wesentlich geringer aus als in den Barometern für die USA und Europa sowie im Durchschnitt des MSCI World. Indes hätten die Gewinne pro Aktie im Topix nach einem Einbruch in der zweiten Jahreshälfte 2020 steil angezogen – der breit gefasste Kursindex habe diese Bewegung noch nicht nachvollzogen.
Gerade japanische Zulieferer für die Halbleiterindustrie und Hersteller von Elektronikkomponenten besäßen positive Aussichten, die der breite Markt momentan nicht realisiere. Nomura gewichtet diese Werte derzeit über und will in den kommenden sechs bis zwölf Monaten an dieser Allokation festhalten. Auch durch die Mobilitätswende besteht laut dem Assetmanager noch viel Potenzial. Der globale Investmentfokus liege derzeit auf der Batterieproduktion für Elektroautos, genauso entscheidend seien aber Teile und Technologien für Elektromotoren. Firmen wie Toyota hätten sich diesbezüglich stark aufgestellt.
„Viele japanische Unternehmen haben einen Return on Equity von 15% oder mehr erreicht“, betonte Murao zudem. Relativ gesehen seien zwar weniger Mitglieder des Prime-Segments der Tokioter Börse als Vertreter aus dem S&P 500 derart profitabel. In absoluten Zahlen fänden sich am japanischen Aktienmarkt aber mehr Werte mit einer starken Eigenkapitalrentabilität als an der Wall Street. Und während 62% der Titel aus der US-Benchmark, die mit einem Return on Equity von 15% oder mehr punkten könnten, zugleich ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von über 20 aufwiesen, seien es im Tokioter Prime-Segment nur 30%.
Antrieb durch Engagement
Bei den restlichen Gesellschaften im Topix sei der niedrigere Return on Equity zwar teilweise auf einen schwächeren Return on Assets, vor allem aber auf geringere Gewinnspannen und weniger starke Hebelwirkungen durch erhöhte Fremdfinanzierungen zurückzuführen. „Wir glauben daran, dass wir diese Faktoren durch Engagement-Aktivitäten bei den Werten aus unseren Portfolios verbessern können“, sagte Murao. Entsprechende Steigerungen könnten dann Avancen der Aktienkurse nach sich ziehen.
Seit der Einführung der japanischen Kodizes für Stewardship und Corporate Governance in den Jahren 2013 und 2015 bemühten sich die Unternehmen generell verstärkt um eine höhere Kapitaleffizienz. Dies ermögliche es, in größerem Umfang Mittel an Investoren zurückzuführen. „Das Tempo der Aktienrückkäufe liegt seit Beginn des Geschäftsjahres 2021 trotz eines temporären Rückgangs während der Pandemie auf Allzeithoch“, führte Murao aus. Auch die Dividendenzahlungen seien in den vergangenen Jahren stark gestiegen – ein Trend, der sich laut Nomura fortsetzen dürfte.
Die steigende Effizienz sei dabei auch durch personelle Veränderungen auf der Führungsebene der Unternehmen zu erklären. Die Zahl der unabhängigen Mitglieder in den Verwaltungsräten sei seit der Einführung des Corporate Governance Code massiv gestiegen. Hätten 2014 noch 21,5% der Unternehmen mindestens zwei unabhängige Verwaltungsräte vorweisen können, seien es 2020 immerhin 95,3% gewesen.
Diversität im Fokus
Nomura arbeite über Engagement-Strategien auch darauf hin, die Zahl der Managerinnen zu steigern. Bei börsennotierten japanischen Unternehmen seien 2014 nur 2,1% der Führungskräfte weiblich gewesen, bis 2019 sei dieser Wert immerhin auf 5,2% gestiegen. „Im internationalen Vergleich hinkt Japan damit natürlich noch hinterher“, sagte Murao. Eine stärkere Diversität in den Gremien werde künftig indes zu einer stärkeren Funktionalität der Führungsstrukturen beitragen.
Trotz Fortschritten auf Unternehmensebene stehen bei Japan-Investoren vor allem makroökonomische Problemstellungen im Fokus. Einerseits wirkten sich die Rezessionsrisiken in den USA und insbesondere eine möglicherweise schwächere Nachfrage Chinas laut Nomura auch deutlich auf Nippon aus. Andererseits begrenzten der demografische Wandel und die resultierende strukturelle Unterversorgung am Arbeitsmarkt das Wachstumspotenzial der japanischen Wirtschaft. Während die männliche Arbeitsbevölkerung bereits seit Jahren schrumpfe, flache auch das Wachstum der weiblichen Arbeitsbevölkerung seit 2020 ab.
Preisanstiege in Aussicht
Der Arbeitskräftemangel könne indes den positiven Effekt entwickeln, das Lohnwachstum anzukurbeln. Noch werde dieses indes durch die Folgen der Pandemie und höhere Investitionskosten der Unternehmen gebremst. Letzteres dürfte laut Nomura indes zu nachhaltigeren Preisanstiegen beitragen – insbesondere, wenn die Ölpreise weiter zulegten oder sich die Yen-Abwertung fortsetze. Die japanische Valuta handle bereits auf historisch niedrigen Niveaus.
Der Ausblick für die Geldpolitik der Bank of Japan bleibe allerdings schwierig. Zu Beginn der Woche hatte Notenbankgouverneur Haruhiko Kuroda bekräftigt, an seiner Lockerungsstrategie festhalten zu wollen. „Vor dem Ende von Kurodas Amtszeit im April 2023 sind kontraktive Maßnahmen schwierig vorstellbar“, sagte Murao. Und auch darüber hinaus bleibe ein Ausstieg aus der expansiven Geldpolitik kompliziert.
Die Bank of Japan stehe beispielsweise vor der Herausforderung, dass sie ihre ETF-Bestände nicht einfach an den Markt werfen könne. Das Vorgehen des Hongkonger Währungsamts nach der asiatischen Finanzkrise Ende des vergangenen Jahrtausends könne möglicherweise aber als Vorbild dienen. Die Behörde hatte damals, vereinfacht gesagt, einen Tracker-Fonds auf die eigenen Wertpapierbestände aufgelegt und diesen mit einem moderaten Discount vermarktet, um Investoren anzuziehen.