Sentix erwartet deutliche Rückschläge für Aktien
wrü Frankfurt
„Mangelwirtschaft“, so lautet das Motto des Jahresausblicks 2023 des Analysehauses Sentix. „Ob Fachkräfte, Energiebedarf, Öffnungszeiten, Umsätze oder auch Liquidität – der Mangel wird zum stetigen Begleiter“, prognostizieren Manfred Hübner und Patrick Hussy von Sentix. „Die Wirtschaftssubjekte – inklusive der Notenbanken – müssen lernen, mit einer generellen Reduktion umzugehen.“
Die Liste der Mängel nehme im kommenden Jahr am Ende auch die Märkte in die Mangel. „Die zum Jahreswechsel angezeigte Erholung ist wie ein Pfeifen im Wald“, so die beiden Sentix-Analysten. „Die Rezession wird vom Ausmaß und von der Länge her unterschätzt. Die Mangelwirtschaft hat heftige, negative Folgen für den globalen Aktienmarkt.“
Vor dem Hintergrund ambitionierter Bewertungen sei der Sturm am US-Aktienmarkt noch nicht beendet. Die traditionelle Unterstützung aus dem US-Präsidentschaftszyklus werde dem S&P-500-Index versagt. Das normalerweise positive Vorwahljahr enttäusche und verhindere nur Schlimmeres. Bereits relativ früh im Jahr werde deutlich, dass die Anleger im vierten Quartal 2022 Aktienquoten aufgebaut hätten, ohne davon überzeugt zu sein. Auch der Abbau der Notenbankbilanzen schmerze die Anleger. Im Herbst komme es zu einem Ausverkauf. Hübner und Hussy wörtlich: „Am Ende bleiben für den amerikanischen Aktienmarkt auch im Jahr 2023 dicke Minuszeichen.“
Für den deutschen und europäischen Aktienmarkt sehe es nicht viel besser aus. Die Energieversorgungsprobleme wirkten sich hier viel dramatischer aus und seien auch der Grund, warum im Herbst massive Ängste vor einer größeren Gasmangellage bestünden. Die Kernkraftwerke würden im April abgestellt sein und ohne Gas aus Russland werde es auch für den Dax verdammt eng. „Ein Dax-Tief bei 10000 Punkten ist in diesem Zuge möglich.“
Positiv überraschen sollte laut Sentix 2023 hingegen der Aktienmarkt in China. Denn China leide nicht unter der Mangelwirtschaft des Westens und die Notenbank pumpe wieder mehr Geld in die Wirtschaft.
Am Anleihemarkt prognostiziert Sentix erst eine Rally, aber dann ein böses Erwachen. Zunächst komme es 2023 zu einer Beruhigung an der Inflationsfront, die sich aber nicht fortsetze. Zudem belaste der Bilanzabbau durch die Notenbanken. „Bis zum Jahresende 2023 streben die 10-Jahres-Renditen bei Staatsanleihen in den USA Richtung 5%, für Bundesanleihen steht die 3 vor dem Komma“, so die Prognose.
Der Gaspreis bleibe hoch. Der Ölpreis setze im Winter 2023/24 nochmals zum Höhenflug an und strebe die Höchstkurse von Mitte 2022 an. Der Euro gehe in die Knie und drifte Ende 2023 in Richtung 0,90 Dollar ab. Hingegen profitiere Gold von den wieder aufkeimenden Inflationsgefahren. Kryptos fielen dafür in Ungnade.