Peter E. Huber

„Wir stehen vor einer Zeitenwende“

Der Vollblutbörsianer Peter E. Huber hat frühzeitig auf Rohstoff-, Energie- und Value-Aktien gesetzt. Der Manager erläutert, wie er mit seinem Mischfonds in einem schwierigen Umfeld erfolgreich ist.

„Wir stehen vor einer Zeitenwende“

Werner Rüppel.

Herr Huber, Sie haben im bisherigen Jahresverlauf mit Ihrem Portfolio-Fonds positiv abgeschnitten und damit andere Mischfonds deutlich geschlagen. Wie haben Sie das gemacht?

Die Mehrzahl der Investoren begeistert sich für trendige Investments, welche in den vergangenen Jahren durch eine Outperformance glänzten, eine spannende Wachstumsstory für die Zukunft mitbringen und von Analysten und Medien gefeiert werden. Solche Investments neigen jedoch zu enttäuschenden Wertzuwächsen, da man in der Regel überteuert kauft. Wir meiden solche Trendthemen und positionieren uns antizyklisch in Marktsegmenten, die das Gros der Anleger nicht auf dem Radar hat. So investierten wir beispielsweise gegen den Trend in Energie- und Rohstoffunternehmen, Asien und generell in attraktiv bewertete Value-Titel.

Sind Ihre Investitionen in Energie- und Rohstoffaktien eine Konsequenz der Energiekrise?

Wir engagierten uns bereits im vergangenen Jahr. Vor zwei Jahren erklärte die Analystengemeinde fossile Energieträger und Rohstoffe unisono zu „Stranded Assets“. Sie seien wertlos, da sie durch die Energiewende nicht mehr gebraucht werden. Anleger haben sich durch unausgegorene und pauschale ESG-Kriterien mittlerweile in Heerscharen aus dem Segment zurückgezogen, die Erschließung neuer Rohstoffvorkommen ging drastisch zurück und die Kursentwicklung der Energie- und Rohstoffaktien enttäuschte über viele Jahre. Dabei benötigt man Unmengen von Rohstoffen auf dem Weg zur Klimaneutralität, was sich durch die Angebotsverknappung in höheren Preisen niederschlagen wird. Die Tragweite dieses grandiosen Irrtums wird durch den Ukraine-Krieg nur noch deutlicher.

Ist Big Tech nach den Rückschlägen nicht schon wieder attraktiv?

Jede Dekade hat ihren Megatrend. In den vergangenen zehn Jahren zeigten beispielsweise die großen US-Technologieaktien­ die höchsten Wertzuwächse. In den Dekaden davor waren es unter anderem Ölunternehmen, die Nasdaq-Indizes, Gold oder japanische Aktien. Alle Megatrends enttäuschten in der Folgedekade, weil zu viel Fantasie eingepreist wurde, nie setzten sie sich längerfristig fort. Insofern halte ich Big Tech, mit Ausnahme einiger Sondersituationen, für unattraktiv und die Erholungstendenzen der vergangenen Wochen für eine Bärenmarktrally. Das stützen auch die Zahlen: Anhand fundamentaler Kriterien wurden Wachstumsaktien seit 1974 im Mittel 90% höher bewertet als substanzstarke Value-Unternehmen. Höheres Wachstum verdient natürlich einen Bewertungsaufschlag. Aktuell zahlen Anleger – trotz der Rückschläge im Technologiebereich – jedoch noch immer den doppelten Aufschlag für Wachstumsaktien (174%). Das mahnt zur Vorsicht.

Und wie haben Sie in den vergangenen Monaten Risiken begrenzt?

Wir kaufen gerne bei größeren Marktrückschlägen und verkaufen in Schönwetter- oder Überbewertungsphasen. So hielten wir beispielsweise in unserem Vermögensfonds Huber Portfolio SICAV im Frühjahr 2020, nahe den Corona-Markttiefs, eine extrem hohe Aktienquote von 96%. Diese haben wir in der folgenden Markterholung gegen den Trend bis auf 66% im April 2022 reduziert. Stattdessen hielten wir 10% in Gold als gering korreliertem Stabilitätsanker und viel an liquiden Mitteln vor. Das gab uns reichlich Spielraum für antizyklische Zukäufe, nachdem die Märkte einbrachen. Da unsere fundamentalen Bewertungsmodelle attraktive Kaufniveaus bei einem Dax von unter 13000 Punkten anzeigten, haben wir im Juni auf diesen Niveaus und bei einem sehr negativen Marktsentiment wieder begonnen, Aktien selektiv hinzuzukaufen.

Sind Anleihen inzwischen einigermaßen fair bewertet oder am langen Ende immer noch wenig chancenreich?

Aktuell werfen zehnjährige Bundesanleihen bei einer Inflation von 8% gerade einmal 1,5% Rendite ab – weshalb sollte ich hier investieren? Zumal wir vermutlich noch weitere Zinsanstiege sehen werden und der Euro aktuell eher zur Lira tendiert denn zur Deutschen Mark.

Wie stufen Sie Kryptowährungen ein, in die Sie bislang ja nicht investieren?

Als Aktionär beteilige ich mich an Unternehmen, deren Werthaltigkeit sich in den Geschäftsberichten abschätzen lässt. Bei Anleihen lässt sich ein Wert aus der vertraglichen Zins- und Rückzahlungsverpflichtung ableiten. Auch Gold hat unstrittig einen Wert: Schon im alten Rom konnte man sich für eine Unze Gold eine Tunika schneidern lassen, genau wie heute einen Maßanzug. Bei Kryptowährungen sehe ich diesen fundamentalen Wert nicht – insofern investieren wir hier nicht.

Was müssen Anleger aktuell noch beachten?

Anlegern, die sich in ETFs engagieren, ist zum Teil nicht klar, dass ETFs konstruktionsbedingt in heiß gelaufenen und teuren Marktsegmenten Schwerpunkte setzen und globale ETFs schlecht diversifiziert sind. Wir stehen an den Märkten vor einer Zeitenwende, und um Hesse zu zitieren: Wer in diesem Umfeld zur Quelle will, muss gegen den Strom schwimmen.

Das Interview führte