Microsoft wird von Vergangenheit eingeholt
Von Karolin Rothbart, Frankfurt
Microsoft bekommt die härtere Gangart der US-amerikanischen Kartellbehörde FTC (Federal Trade Commission) unter Präsident Joe Biden zu spüren. Die Marktwächter haben eine Klage gegen die Übernahme des Videospielanbieters Activision Blizzard durch den Software-Giganten eingereicht, aus Sorge, dass der 69 Mrd. Dollar schwere Deal den Wettbewerb in der Gaming-Branche einschränken könnte.
Die Befürchtung kommt nicht von ungefähr. Schon mit der im März 2021 abgeschlossenen Übernahme der Videospieleschmiede Zenimax, zu der das berühmte Entwicklerstudio Bethesda Softworks gehört, habe Microsoft eine Vorschau auf das geliefert, was die beiden kombinierten Unternehmen nun wahrscheinlich planen, wie es in der Beschwerde der Behörde heißt. So hatte der Microsoft-Konzern der Europäischen Kommission damals versichert, dass er als Xbox-Macher keinen Anreiz habe, die Zenimax-Spiele Nutzern anderer Konsolen vorzuenthalten.
Doch es kam anders. Kurz nachdem die europäischen Kartellwächter grünes Licht für den Deal gaben, verkündete Microsoft, einige der Zenimax-Spiele, darunter Starfield, Redfall und Elder Scrolls VI, nur noch auf der Xbox-Plattform anzubieten.
Die Erfahrung wiegt offenbar schwerer als die Zugeständnisse, die Microsoft in den vergangenen Tagen bereit war einzugehen, damit die Activision-Übernahme genehmigt wird. So hatte der Konzern zuletzt erklärt, in dem Fall „Call of Duty“, eines der populärsten Spiele aller Zeiten, für zehn Jahre lang auch auf den Switch-Konsolen des japanischen Konkurrenten Nintendo freizuschalten. Via Twitter hatte Microsoft-Präsident Brad Smith dem Rivalen Sony zudem angeboten, sich „zusammenzusetzen und zu reden“, um einen 10-Jahres-Vertrag auch für die Playstation auszuarbeiten. Beim Thema Gewerkschaftsbildung gab sich der Konzern ebenfalls offen und versprach im Sommer in einer Neutralitätsvereinbarung, den Mitarbeitenden von Acitivision in der Angelegenheit freie Bahn zu lassen.
Alles das ändert nichts an der Tatsache, dass Microsoft mit dem Activision-Kauf zum drittgrößten Spielehersteller weltweit nach Tencent und Sony aufsteigen würde. Dass das nach Ansicht der FTC ein Risiko darstellt, war abzusehen. Ende November hatten US-Medien über entsprechende Vorbereitungen der Aufsicht zu der Klage berichtet. Die 33-jährige Vorsitzende Lina Khan hat darüber hinaus mehrfach klargemacht, dass sie an ihrem Ziel einer verschärften Kontrolle der Tech-Branche festhält. So hatte die FTC im Dezember 2021 gegen die Übernahme des Chipdesigners Arm durch den Konkurrenten Nvidia geklagt. Auch beim geplanten Kauf des Raketentriebwerksherstellers Aerojet Rocketdyne durch den Rüstungskonzern Lockheed Martin grätschte sie Anfang 2022 dazwischen. Und im Juli versuchte die FTC mittels Klage die Übernahme von Within Unlimited, dem Entwickler der Virtual-Reality-Fitness-App Supernatural, durch Meta zu verhindern. Aus Sicht von so manchem Beobachter schoss die Behörde damit angesichts der vergleichsweise geringen Bedeutung der App ein wenig über ihr Ziel hinaus. Überhaupt wurde ihr auch schon vorgeworfen, mit den zahlreichen Untersuchungen für Unsicherheit unter Investoren zu sorgen.
Dass sie nun ein Verfahren gegen Microsoft in die Wege leitet, dürfte zwar auch ein Signal an die EU-Kommission und die britische Marktaufsicht CMA (Competition and Markets Authority) sein, in dem Fall genau hinzuschauen. Denn die Übernahme steht auch in Europa auf dem Prüfstand. Das geringe Interesse der Anleger zeigt allerdings auch, dass dieses Risiko längst eingepreist wurde. Am Freitag gab die Aktie in der Spitze gerade mal um gut 1% nach.