Verhaltene Frühlingsgefühle am Arbeitsmarkt
ast Frankfurt
Auf dem deutschen Arbeitsmarkt machen sich erste Bremsspuren einer schwächelnden Wirtschaft bemerkbar. Im Zuge der einsetzenden Frühjahrsbelebung sind Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung nur ein wenig gesunken – saisonbereinigt steht im März sogar ein Anstieg zu Buche. Die Arbeitslosenquote verharrte bei 5,7%. In der Eurozone blieb die Quote – für den Februar – ebenfalls gleich.
Andrea Nahles, Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit (BA), gab sich bei der Präsentation des Monatsberichts dennoch zuversichtlich: „Der Arbeitsmarkt zeigte sich auch im März insgesamt robust.“ Allerdings hinterlasse die schwache Konjunktur Spuren, „die Frühjahrsbelebung setzt nur verhalten ein“. Laut BA sank die Zahl der Arbeitslosen gegenüber dem Vormonat auf 2,594 Millionen. Mit 26000 fiel der Rückgang verglichen mit früheren Jahren aber schwach aus. Saisonbereinigt nahm die Zahl um 16000 zu.
Der BA zufolge liegt dies zwar auch an der Registrierung ukrainischer Geflüchteter in den Jobcentern. Doch auch ohne diesen Fluchteffekt wäre die Arbeitslosenzahl höher ausgefallen als im März vor einem Jahr. Das trifft demnach vor allem auf die konjunkturnahe Arbeitslosenversicherung zu. Das Risiko, durch einen Verlust der Beschäftigung arbeitslos zu werden, ist zwar weiter niedrig, wird aber etwas größer.
Die Auswirkungen der mauen Konjunktur zeigten sich über alle Branchen hinweg, sagte Nahles: „Der Bau fällt allerdings besonders auf.“ Kurzarbeit stütze den Arbeitsmarkt noch, nehme aber nicht mehr zu. Im Januar habe die BA für 140000 Beschäftigte Konjunktur-Kurzarbeitergeld gezahlt. Zur Konjunkturschwäche passt auch die nachlassende Nachfrage nach neuen Mitarbeitern. Wie die BA jedoch betonte, zeigten sich die Unternehmen dennoch nach wie vor überdurchschnittlich bereit für Einstellungen.
Zuwanderung entscheidend
Der Anstieg, den die BA bei der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung feststellte, rührte praktisch ausschließlich von Zuwanderern aus Drittstaaten her, sagte Nahles. Die Konjunkturflaute, die hohe Inflation und die politischen Unwägbarkeiten im Rahmen des Ukraine-Kriegs senkten nicht die Nachfrage der Unternehmen nach mehr Fachkräften – ganz gleich ob im Industrie- oder Dienstleistungssektor.
„Selbst wenn wir alle inländischen Potenziale heben, wird das auch aus demografischen Gründen nicht ohne Zuwanderung gehen“, erklärte Nahles. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil und Innenministerin Nancy Faeser (beide SPD) hatten dem Kabinett am Mittwoch ihren Vorschlag für die Einwanderungsreform präsentiert. Kritiker monieren, dass zu wenig für das noch vorhandene Potenzial im Inland – etwa in Form von Teilzeitkräften – getan wird.
Doch auch die Unternehmen sind laut Nahles gefragt. Wer händeringend Personal suche, müsse überlegen, inwiefern er die Arbeitsbedingungen und Löhne zusätzlich verbessern könne. „Ich denke, das ist in den nächsten Jahren der Weg, den wir vielfach in Deutschland sehen werden.“ Arbeitsverhältnisse würden immer individueller gestaltet.
In der Eurozone bleibt die Arbeitslosigkeit auf einem rekordtiefen Niveau. Im Februar verharrte die Arbeitslosenquote bei 6,6%, wie das Statistikamt Eurostat am Freitag mitteilte. Niedriger war die Quote seit Einführung des Euro nie. Ökonomen hatten mit der Entwicklung gerechnet. Seit einem Jahr hält sich die Arbeitslosigkeit im Währungsraum auf einem niedrigen Niveau. Im Februar 2022 hatte die Arbeitslosenquote etwas höher gelegen, bei 6,8%.
Wie das Statistikamt weiter mitteilte, waren in den 20 Mitgliedstaaten der Eurozone im Februar rund 11,14 Millionen Menschen arbeitslos, nach rund 11,20 Millionen im Januar. Im Jahresvergleich ging die Zahl der Arbeitslosen um 257000 zurück. Von den 20 Ländern der Eurozone weist Spanien mit 12,8% nach wie vor die höchste Arbeitslosigkeit auf. Die deutsche Arbeitslosenquote zählt mit 2,9% zu den niedrigsten im Währungsraum.