US-Handelspolitik

Biden erwägt Ende der Zölle gegen China

US-Präsident Joe Biden erwägt, einen Teil der Einfuhrzölle gegen China auslaufen zu lassen. Damit hofft das Weiße Haus, die hohen Preise unter Kontrolle zu bekommen. Der Schritt ist aber politisch umstritten.

Biden erwägt Ende der Zölle gegen China

det Washington

Im Kampf gegen die hohe Inflation will US-Präsident Joe Biden nun auch handelspolitische Instrumente einsetzen. Noch diese Woche könnte der Präsident eine Lockerung der Einfuhrzölle gegen China bekanntgeben. Die Entscheidung wurde deswegen auf die lange Bank geschoben, weil innerhalb der Regierung Differenzen über die Wirksamkeit zur Eindämmung der Preissteigerungen bestehen. Zudem befindet sich der Präsident in einer politischen Konfliktsituation: Biden muss sich fragen, ob er ein Land, dem die USA seit vielen Jahren und auch weiterhin den Diebstahl geistigen Eigentums und andere wettbewerbsverzerrende Handelspraktiken vorwerfen, mit einer Lockerung bestehender Sanktionen belohnen sollte.

Angesichts des anhaltend hohen Handelsdefizits mit China, das 2021 bei 353 Mrd. Dollar lag (siehe Grafik), und des Streits um den Telekommunikationskonzern Huawei, hatte der ehemalige Präsident Donald Trump schweres Geschütz aufgefahren. In einem Zeitraum von 18 Monaten hatte er 2018 und 2019 vier Mal Zölle gegen Importe aus dem Reich der Mitte verhängt. Über 250 Mrd. Dollar an Waren, von Stahl und Aluminium über Halbleiter und Flugzeugteile bis hin zu Motorrädern und Möbeln wurden mit Abgaben in Höhe von 25% überzogen. Ein Satz von 7,5% traf dann später diverse Konsumgüter wie Bekleidung, Schuhe und Küchenausrüstung.

Nun steht Trumps Nachfolger aus mehreren Gründen unter Zugzwang. Zum einen kletterten die Verbraucherpreise im Mai auf Jahressicht um 8,6% und erreichten damit den höchsten Stand seit über 40 Jahren. Mit der Freigabe von täglich 1 Million Barrel Rohöl aus der Strategic Petroleum Reserve (SPR) hatte das Weiße Haus gehofft, die Benzinpreise drücken zu können, bisher allerdings vergeblich. Seit Wochen ringen Bidens Wirtschaftsberater daher um weitere Schritte, mit denen die bereits beschlossenen Zinserhöhungen und die von der Notenbank angekündigte Kursverschärfung ergänzt werden können.

Gegenläufige Interessen

Der Präsident steht aber nicht nur wegen der steigenden Preise unter Druck. Die von seinem Vorgänger angeordneten Abgaben sind nämlich befristet. Nach vier Jahren müssen die Zölle überprüft werden, und bis Mittwoch hatten interessierte Parteien Zeit, um sich für oder gegen eine Verlängerung der Sanktionen auszusprechen. Dabei steht Biden im Kreuzfeuer zwei gegensätzlicher Positionen: Der Gewerkschaftsdachverband AFL-CIO und andere Arbeitnehmerverbände plädieren für eine nahtlose Verlängerung der Abgaben, und zwar in voller Höhe. Ohnedies würden hunderttausende Jobs in den USA verloren gehen, sagen sie. Deren Wünsche kann der Präsident schwer ignorieren. Schließlich hatten Arbeitnehmerorganisationen Bidens Kandidatur großzügig unterstützt, und versprochen hatte er diesen, „der gewerkschaftsfreundlichste Präsident in der Geschichte zu sein“.

Die US-Handelskammer sowie Unternehmen, die auf Stahleinfuhren, Computer-Chips sowie andere Importe aus China angewiesen sind, etwa die Auto- oder Maschinenbauindustrie, fordern hingegen von der Regierung, dass sie die Zölle auslaufen lässt. Als Argument führen sie die Inflation ins Feld. „Wenn wir durch Erleichterungen den hohen Preisen entgegenwirken können und Haushalte, die unter der hohen Inflation leiden, entlastet werden, spricht alles für ein Ende der Zölle“, sagte jüngst Suzanne Clark, Präsidentin der US-Handelskammer in Washington.

Kritischer sind unabhängige Experten. So würden nach Angaben des Peterson Institute for International Economics (PIIE) die Aussetzung oder Senkung einiger Zölle die Inflationsrate nur um knapp 0,3 und mittelfristig um maximal 1 Prozentpunkt senken. Auch Bidens Handelsbeauftragte Katherine Tai bezweifelt die Effektivität von einer Aufhebung der Zölle im Kampf gegen die Inflation. Sie vertritt die Ansicht, dass die Regierung wegen Chinas wettbewerbsverzerrender Handelspraktiken weiterhin Hebel in der Hand halten muss.

Um die divergierenden Interessen unter einen Hut zu bringen, ist nun zu erwarten, dass Biden eine mehrgleisige Strategie verfolgen wird. Er könnte noch diese Woche die Zölle für Produkte wie Fahrräder und verschiedene Haushaltsprodukte aussetzen, womit Familien entlastet, sie aber für Stahl, Aluminium, Computer-Chips und andere Produktgruppen beibehalten würden. Gleichzeitig würde er der Forderung nach einer verschärften Vorgehensweise gegenüber Peking nachkommen, indem er in Anlehnung an Paragraf 301 des Handelsgesetzes aus dem Jahr 1974 neue Ermittlungen über chinesische Importe einleitet, die staatlich subventioniert und somit künstlich verbilligt werden.

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