Konjunkturelle Frühjahresbelebung

Deutsche Wirtschaft nimmt Eurozone in Schlepptau

Eine Stimmungsumfrage stützt Wachstumshoffnungen für die deutsche und europäische Wirtschaft. Verbessert haben sich die Indikatoren für die Industrie, während die Einschätzungen für den Dienstleistungssektor enttäuschten. Das aber könnte der EZB mehr Raum geben, ein erneutes Mal die Zinsen zu senken.

Deutsche Wirtschaft nimmt Eurozone in Schlepptau

Konjunktur kommt aus der Talsohle

Deutsche Wirtschaft nimmt Eurozone in Schlepptau – Industrie fasst wieder Tritt – Dienstleister schwächeln

lz Frankfurt

Eine Einkaufsmanagerumfrage stützt Wachstumshoffnungen für die deutsche und europäische Wirtschaft. Verbessert haben sich die Indikatoren für die Industrie, während die Signale für den Dienstleistungssektor enttäuschten. Letzteres aber könnte der EZB mehr Raum geben, erneut die Zinsen zu senken.

In der Eurozone zeichnet sich eine moderate konjunkturelle Erholung ab. Der Einkaufsmanagerindex für März kletterte minimal auf 50,4 Punkte, nach 50,2 Zählern im Februar, wie der Finanzdienstleister S&P Global am Montag zu seiner monatlichen Unternehmensumfrage mitteilte. Der Index erreichte immerhin den höchsten Wert seit August 2024; und erstmals seit März 2023 haben die Unternehmen auch mitgeteilt, dass sie ihre Produktion ausgeweitet hätten. Ökonomen hatten allerdings mit einem deutlich stärkeren Zuwachs gerechnet, was am Dienstleistungssektor liegt, wo die Stimmung weiter eingebrochen ist.

Über der Wachstumsschwelle

Die insgesamt leicht positive Euro-Entwicklung geht maßgeblich auf die Erholung in Deutschland zurück, wo die Wirtschaft der gleichen Umfrage zufolge das stärkste Wachstum seit zehn Monaten erreicht hat. Der Einkaufsmanagerindex für die Privatwirtschaft mit Industrie und Dienstleistern stieg im März auf 50,9 Punkte von 50,4 Zählern im Februar. Das an den Finanzmärkten stark beachtete Barometer liegt damit den dritten Monat in Folge über der Wachstumsschwelle von 50, was als technisches Indiz für einen Aufschwung interpretiert wird. Aber auch hier hatten Ökonomen wegen der angekündigten und inzwischen auch gesetzlich abgesicherten Multi-Milliarden-Pakete der neuen Bundesregierung einen noch etwas stärkeren Zuwachs erwartet.

Sorge wegen US-Zollpolitik

Der Chefökonom der Hamburg Commercial Bank (HCOB), Cyrus de la Rubia, spricht von einem „vielversprechenden“ Signal. Dank des geplanten Konjunkturpakets könne dies der Beginn einer nachhaltigeren Erholung sein. Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank, zeigte sich dagegen zwiegespalten. Was die milliardenschweren deutschen zusätzlichen Staatsausgaben angeht, so würden diese erst zu einem späteren Zeitpunkt ihre positiven wirtschaftlichen Kräfte entfalten. „Bis konkrete Maßnahmen aufgegleist sind, wird vermutlich noch ein Jahr ins Land ziehen.“ Auf die Stimmung schlagen könnten zudem die von US-Präsident Donald Trump angekündigten Zollmaßnahmen.

Milliardenpakete geben Rückenwind

Die anziehende Nachfrage nach Waren „Made in Germany“ und das erste moderate Auftragsplus seit März 2022 sorgten zum Großteil dafür, dass die Industrieproduktion im März angekurbelt wurde. Die Industrie bremste damit ihre Talfahrt: Ihr Barometer stieg deutlich auf 48,3 (Februar: 46,5) Punkte und damit auf ein 31-Monats-Hoch. Die Wachstumsschwelle kommt damit allmählich in Sichtweite. Enttäuschend schnitt hingegen der Dienstleistungssektor ab, der wegen der anhaltenden Auftragsflaute nahezu stagnierte. Das Barometer für den Servicesektor sank auf 50,2 (Februar: 51,1) und damit auf ein Vier-Monats-Tief. Helaba-Ökonom Ralf Umlauf spricht daher von einem „geteilten Bild in der deutschen Wirtschaft“.

Die schwächelnde Dienstleistungskonjunktur könnte sich indes positiv auf die Preiserwartungen auswirken. Denn damit geht in diesem Sektor auch ein schwächerer Anstieg der Kosten und Verkaufspreise einher. „Die Preisentwicklung im Dienstleistungssektor, die von der EZB sehr genau beobachtet wird, wird von den Tauben unter den Währungshütern positiv aufgenommen worden sein“, sagte der HCOB-Chefökonom de la Rubia.

EZB und die Dienstleister

Die Volkswirte der Europäischen Zentralbank, die eine Inflationsrate von mittelfristig 2% anstrebt, rechnen in ihrer Anfang des Monats aktualisierten Prognose für 2025 mit einer Teuerungsrate von 2,3% (Dezember: 2,1%). Ihre Wachstumsschätzung hat die EZB jüngst auf 0,9% für 2025 gesenkt. Im Dezember war sie noch von 1,1% ausgegangen. Die Revision ist teilweise auf eine hohe Unsicherheit hinsichtlich der Handelspolitik zurückzuführen, die durch die Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump erzeugt wurde.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.