Außenhandel

Transatlantische Abhängigkeiten größer geworden

Die Handelsverflechtung zwischen USA und Europa hat im Zuge der Entflechtung von China zuletzt deutlich zugelegt, wie eine Analyse der Bundesstatistiker zeigt. Strafzölle der USA würden aber vor allem Europa hart treffen, das konjunkturell schwächelt, wie die neue IWF-Prognose zeigt.

Transatlantische Abhängigkeiten größer geworden

Transatlantische Abhängigkeiten größer geworden

Handelsbeziehungen zwischen USA und Europa zuletzt deutlich enger im Zuge der Entflechtung von China – IWF senkt erneut Prognose für Deutschland

Die Folgen möglicher Strafzölle der USA für die Europäische Union sind womöglich noch gravierender als bisher angenommen, wie ein Blick in die Außenhandelsstatistik zeigt. Zumal sich die USA beim Wachstum obendrein viel robuster zeigen als Europa, wie der IWF im jüngsten Prognoseupdate konstatiert.

lz Frankfurt

Europas Wirtschaft hat sich in den vergangenen zehn Jahren immer abhängiger von der US-Wirtschaft gemacht, weshalb neue transatlantische Zölle, wie sie der neue US-Präsident Donald Trump angekündigt hat, die europäischen Länder besonders hart treffen dürfte – aber auch die Amerikaner selbst. Die Risiken werden im jüngsten Prognoseupdate des Internationalen Währungsfonds (IWF) noch unterstrichen, weil durch mögliche Zölle nicht nur handelspolitisch neue Divergenzen drohen, sondern auch das Wachstum in den beiden Regionen auseinanderläuft.

Während der IWF die Aussichten für die Weltwirtschaft im Jahr 2025 besser einschätzt, und auch der US-Wirtschaft mit einem Plus von 2,7% rund 0,5 Punkte mehr zutraut als noch im Herbst, geht er von einer schwächeren Entwicklung in der Eurowirtschaft aus und zeigt sich pessimistisch für Deutschland. Die Prognose für die Bundesrepublik wird gleich um 0,5 Punkte auf nur noch ein Plus von 0,3% nach unten korrigiert. Eine Verschärfung protektionistischer Politik etwa durch eine neue Welle von Zöllen dürfte dem IWF zufolge die Investitionen drücken und Lieferketten erneut unterbrechen mit dann niedrigerem Wachstum insgesamt.

USA wichtigster Exportmarkt

2023 exportierte die EU Güter im Wert von rund 503,8 Mrd. Euro in die USA, wie aus einer Zusammenstellung des Statistischen Bundesamtes (Destatis) hervorgeht, die am Freitag vorgelegt wurde. Das waren 19,7% aller Exporte aus der EU. Im Jahr 2013 hatte der Wert noch bei 13,8% gelegen. Demgegenüber hat der Anteil Chinas als Absatzmarkt für Waren aus der EU im Zehnjahresvergleich nur leicht zugenommen: 2023 exportierte die EU Güter im Wert von gut 223,4 Mrd. Euro nach China, was einem Anteil von 8,7% der Exporte aus der EU entspricht. 2013 waren es 7,6 %.

Pharma und Fahrzeuge

Betrachtet man die meistexportierten Waren im Jahr 2023, ist die Bedeutung der USA als Absatzmarkt für einige Branchen besonders groß. So ging gut ein Drittel (34,7%) aller Pharma-Exporte der EU im Jahr 2023 in die Vereinigten Staaten. In der Warengruppe der sonstigen Fahrzeuge, die zu einem Großteil Luft- und Raumfahrzeuge umfasst, aber zum Beispiel auch Schiffe und Schienenfahrzeuge, gingen 23,3% aller EU-Exporte in die Vereinigten Staaten. Bei Maschinen waren es 21,5%.

China wichtigster Lieferant

Bei der Einfuhr von Gütern in die EU hat China als Hauptherkunftsland zuletzt Marktanteile eingebüßt, während der Anteil der Importe aus den USA einen neuen Höchststand markiert. Dennoch bleibt China der wichtigste Lieferant für Importe in die EU: 2023 lag der Wert der von dort importierten Güter bei gut 520,4 Mrd. Euro und ihr Anteil an allen EU-Importen bei 20,6%. Der Anteil Chinas am Importvolumen der EU insgesamt ist jedoch ähnlich wie bei den Exporten seit dem Jahr 2020 rückläufig: Damals kamen noch 22,4% der Importe in die EU aus der Volksrepublik. Zum Vergleich: Im Jahr 2013 hatte der Anteil Chinas bei 14,7% gelegen.

Importanteil der USA gestiegen

Dagegen hat der Anteil der Vereinigten Staaten an den EU-Importen in den letzten Jahren zugelegt und mit 13,8% im Jahr 2023 einen neuen Höchststand erreicht. Aus den USA führte die EU zuletzt Waren im Wert von 347,2 Mrd. Euro ein. Im Jahr 2013 waren 10,1% der EU-Importe aus den USA gekommen.

Unter den meistimportierten Waren war die Abhängigkeit von China zuletzt vor allem im Bereich Elektronik besonders hoch. Rund die Hälfte aller Importe von elektrischen Ausrüstungen (56,3%) sowie von Datenverarbeitungsgeräten, elektronischen und optischen Erzeugnissen (47,0%) kam 2023 aus China. Bei Maschinen waren 28,1% der Importe in die EU aus der Volksrepublik. Die Importe aus den USA machten bei sonstigen Fahrzeugen wie zum Beispiel Luft-, Raum- und Schienenfahrzeugen und Schiffen (42,3%) sowie bei pharmazeutischen Erzeugnissen (35,5%) einen besonders großen Teil des Importvolumens der EU aus.

Handelsüberschuss verdoppelt

Der Außenhandelsumsatz der EU mit den Vereinigten Staaten, also die Summe aus Exporten und Importen, lag mit 851,0 Mrd. Euro im Jahr 2023 wieder deutlich über dem Außenhandelsumsatz mit China (743,9 Mrd. Euro). In den Jahren 2020 und 2021 hatte die EU mehr Handel mit China als mit den USA betrieben. Im Handel mit den Vereinigten Staaten erwirtschaftete die EU 2023 einen Exportüberschuss von gut 156,6 Mrd. Euro, exportierte also mehr in die USA, als sie von dort importierte. Binnen zehn Jahren hat sich dieser Exportüberschuss fast verdoppelt: 2013 hatte er noch bei 81,3 Mrd. Euro gelegen. Umgekehrt übersteigen im Handel der EU mit China die Importe von dort deutlich die Exporte dorthin. So lag der EU-Importüberschuss im Handel mit China 2023 bei 297,0 Mrd. Euro. Zehn Jahre zuvor waren es noch 104,2 Mrd. Euro.

Sondersituation in Energiekrise

Insgesamt exportierte die EU 2023 Güter im Wert von 2,6 Bill. Euro und importierte Güter für knapp 2,5 Bill. Euro. Damit erzielte die EU 2023 wieder einen Exportüberschuss von 34,5 Mrd. Euro. 2022 hatten die rekordhohen Importe der EU von gut 3,0 Bill. Euro zu einer negativen Handelsbilanz von 436,0 Mrd. Euro geführt. Ein Grund für den drastischen Importüberschuss damals: Durch stark angestiegene Energiepreise infolge des Angriffs Russlands auf die Ukraine hatte sich der Wert der Importe von Erdöl und Erdgas in die EU mit 555,4 Mrd. Euro 2022 gegenüber dem Vorjahr 2021 mehr als verdoppelt (257,2 Mrd. Euro).

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