Konjunkturtableau

Jobmotor kommt mehr in Schwung

Die Euro-Wirtschaft erholt sich immer stärker von den Folgen der Corona-Pandemie und auch der Jobmarkt nimmt Fahrt auf. Im Konjunktur-Tableau der Börsen-Zeitung spiegelt sich die Zuversicht der Ökonomen wider.

Jobmotor kommt mehr in Schwung

ba/ahe Frankfurt/Brüssel

Ökonomen zeigen sich zu Beginn des vierten Quartals recht zuversichtlich – sowohl für den Euroraum insgesamt als auch für dessen größte Volkswirtschaft Deutschland. Auch wenn die jüngsten Konjunkturindikatoren eine langsamere Gangart signalisieren, wird in beiden Fällen ein robustes Wachstum erwartet. Positiver als im Vormonat wird im aktuellen Konjunkturtableau der Börsen-Zeitung und des Mannheimer Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) die Lage auf den Arbeitsmärkten gezeichnet. Deren Robustheit basiert nicht zuletzt auf den zahlreichen in der Corona-Pandemie aufgelegten nationalen und europäischen Hilfsprogrammen.

Am Dienstag zogen die EU-Finanzminister ein äußerst positives Zwischenfazit des Corona-Krisenprogramms Sure, über das die Mitgliedstaaten seit 2020 günstige Kredite für die Zahlung von Kurzarbeitergeld erhalten. Nach Beratungen in Luxemburg sagte der aktuelle Ecofin-Vorsitzende Andrej Sircelj, Sure sei eine sehr erfolgreiche Antwort der EU auf die Coronakrise gewesen. Der slowenische Finanzminister verwies darauf, dass der „Support Mitigating Unemployment Risks in Emergency“ (Sure) bislang rund 31 Millionen Menschen unterstützt habe, darunter 22,5 Millionen Arbeitnehmer und 8,5 Millionen Selbstständige. 2,5 Millionen Unternehmen erhielten finanzielle Hilfen.

Nach Einschätzung der EU-Kommission dürften die über Sure unterstützten nationalen Arbeitsmarktmaßnahmen in 19 Ländern dafür gesorgt haben, dass im vergangenen Jahr knapp 1,5 Millionen Menschen nicht arbeitslos geworden sind. Allerdings ist der Sure-Topf schon fast leer: Von den ursprünglich vereinbarten Krediten im Gesamtvolumen von 100 Mrd. Euro, die die EU-Kommission über Anleihen an den Märkten finanziert, wurden bereits 94,3 Mrd. Euro genehmigt und von Brüssel 89,6 Mrd. Euro ausgezahlt. Nach Angaben der Kommission haben die beteiligten Mitgliedstaaten über das Programm Zinszahlungen von schätzungsweise 8,2 Mrd. Euro eingespart. Nach Angaben der EU-Kommission haben drei Länder – Portugal, Zypern und insbesondere Rumänien – ihre abgerufenen Mittel bislang noch nicht verausgabt.

Gemessen am European Labour Market Barometer wird sich die Lage auf den europäischen Arbeitsmärkten weiter verbessern: Trotz des dritten Dämpfers in Folge notiert der Arbeitsmarkt-Frühindikator des Europäischen Netzwerks der öffentlichen Arbeitsverwaltungen im September noch über dem Vorkrisenniveau. Geht es nach den Medianprognosen im Konjunkturtableau erreicht die Arbeitslosenquote im Euroraum 2022 mit 7,5% wieder das Vorkrisenniveau. Im vergangenen Monat lag die Voraussage noch bei 7,6%. Für 2021 wird eine Arbeitslosenquote von 7,9% nach zuvor 8,1% erwartet. Eine „wesentlich bessere“ Entwicklung als im Euroschnitt bescheinigt ZEW-Experte Michael Schröder aber dem deutschen Jobmarkt. Belegt wird dies durch die neuesten Ifo-Zahlen, denen zufolge immer weniger Menschen in Kurzarbeit sind, wenn sich auch der Rückgang verlangsamt. Im September sank die Zahl der Kurzarbeit um 81000 auf 610000 Personen.

Wachstum auf 2022 vertagt

Mit Blick auf das Wachstum sprechen die Auguren jedoch der Euro-Wirtschaft eine „weit bessere Entwicklung“ in diesem Jahr zu als der Deutschen. Für das Eurogebiet wurde die Wachstumsprognose für 2021 um 0,2 Punkte auf 4,8% nach oben geschraubt, die Voraussage für Deutschland aber um 0,1 Punkte auf jetzt 3,4% reduziert. Für das nächste Jahr sollen sich allerdings die Wachstumsraten mit je 4,4% wieder angleichen, so Schröder. „Die Hoffnung auf stärkeres Wachstum hat sich seit einigen Monaten auf das kommende Jahr verschoben“, erklärte er.

Zum Wachstumsvergleich zieht Schröder den Zeitraum 2020 bis 2022 heran: Wegen des stärkeren Einbruchs infolge der Coronakrise steht hier für den Euroraum ein Gesamtwachstum von 2,19% und für Deutschland von 2,66%. Weitet man den Betrachtungszeitraum auf die Periode ab 2019 aus, dann dreht sich das Bild: Den 3,5% Wachstum der Euro-Wirtschaft stünden 3,3% für Deutschland gegenüber. „Dies macht deutlich, dass das Wirtschaftswachstum in Deutschland im mittelfristigen Vergleich nur durchschnittlich sein dürfte“, erklärte Schröder.

Wie in den vergangenen Monaten rechnen die Ökonomen trotz der weiter steigenden Preise nicht mit einer dauerhaft hohen Inflationsrate. Ihrer Ansicht nach bleibt die Geldpolitik auch 2022 sehr locker.

Konjunkturtableau Eurozone
 1.  Quartal2. QuartalPrognose 2021Prognose 2022
2019202020212021TiefMedianHochTiefMedianHoch
Volkswirtschaftliche Daten
Bruttoinlandsprodukt 11,3−6,6− 0,32,23,94,85,53,64,45,2
Privatkonsum 11,3− 8,0− 2,13,72,53,13,84,85,87,0
Staatskonsum 11,81,2− 0,51,22,93,43,6− 1,20,92,7
Anlageinvestitionen 15,7− 8,3− 0,21,13,96,08,33,55,16,5
Exporte 12,5− 9,40,72,20,09,49,90,06,06,0
Importe 13,9− 9,20,42,30,07,69,00,06,27,7
   letzter Wert      
Verbraucherpreise 21,20,33,0 (August)1,72,03,00,81,62,4
Arbeitslosenquote 37,57,87,6 (Juli)7,17,98,56,57,58,0
Zinsen und ZinsdifferenzenIn 3 MonatenIn 12 Monaten
3-Monats-Geld 3− 0,36− 0,43− 0,54− 0,6− 0,5− 0,5− 0,6− 0,5− 0,5
10-jährige Anleihen 3− 0,14− 0,57− 0,26− 0,5− 0,20,2− 0,5− 0,10,3
USA/Eurozone, langfristig 3, 4− 0,14− 0,57− 0,26− 0,5− 0,20,2− 0,5− 0,10,3
USA/Eurozone, kurzfristig 3, 426910768606980637382
Eurozone lang/kurz 3, 42214285337054280
Redaktionsschluss: 24. September; Tagesdaten vom 23. September1) real gegen Vorjahr bzw. Vorquartal in %; 2) gegen Vorjahr in %; 3) Werte für 2019 und 2020 sind Jahresdurchschnitte, letzter Wert der Zinsen und Zins­differenzen sind Stände vom Vortag; 4) in Basispunkten
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