Starkes US-Wachstum bringt die amerikanische Notenbank in die Zwickmühle
Das Wirtschaftswachstum der USA hat sich im Sommer deutlich beschleunigt. Im dritten Quartal stieg das Bruttoinlandsprodukt (BIP) zum Vorquartal auf das Jahr hochgerechnet um 4,9%, wie das Handelsministerium am Donnerstag in Washington nach einer ersten Schätzung mitteilte. Das ist das größte Steigerungsrate seit knapp zwei Jahren. Volkswirte hatten im Schnitt nur mit einem Wachstum von 4,5% gerechnet. Im zweiten Quartal war die Wirtschaft um annualisiert 2,1% gewachsen.
Von der angesichts hoher Zinsen erwarteten Rezession ist damit bislang nichts zu sehen. Dafür sorgen auch die Verbraucher, die ihren Konsum im abgelaufenen Quartal um 4,0% steigerten. Die privaten Konsumausgaben, die mehr als zwei Drittel zur Wirtschaftsleistung beitragen, werden vom robusten Arbeitsmarkt und steigenden Löhnen angeschoben. Letztere wuchsen zuletzt schneller als die Verbraucherpreise, wodurch die Kaufkraft zulegte.
Der Internationale Währungsfonds (IWF) erhöhte auch deshalb gerade erst seine Wachstumsprognosen für die weltgrößte Volkswirtschaft. Demnach soll es 2023 insgesamt ein Plus von 2,1% geben, das im kommenden Jahr auf 1,5% nachlassen soll.
US-Wachstumszahlen werden annualisiert, also auf das Jahr hochgerechnet. Sie geben an, wie stark die Wirtschaft wachsen würde, wenn das aktuelle Tempo ein Jahr lang anhielte. In Europa wird auf diese Vorgehensweise verzichtet, weshalb die Wachstumszahlen nicht direkt miteinander vergleichbar sind. Um auf eine mit Europa vergleichbare Wachstumsrate zu kommen, müsste man die US-Rate durch vier teilen.
Noch mehr Aufträge für Unternehmen
In den USA sind zudem die Aufträge für langlebige Güter im September deutlich gestiegen, was ebenfalls darauf hindeutet, dass das hohe Wachstum auch im vierten Quartal beibehalten werden kann. Im Monatsvergleich hätten die Bestellungen um 4,7% zugelegt, teilte das US-Handelsministerium am Donnerstag in Washington nach einer ersten Schätzung mit. Volkswirte hatten zwar einen Zuwachs erwartet, aber nur um 1,9%. Im Vormonat waren die Aufträge um revidiert 0,1% gesunken, nachdem zuvor ein leichter Anstieg um 0,1% gemeldet worden war.
Aber etwas mehr Jobsuchende
Gleichzeitig hat sich die Lage auf dem US-Arbeitsmarkt aber etwas eingetrübt. In der vergangenen Woche stieg die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe um 10.000 auf 210.000, wie das Arbeitsministerium am Donnerstag in Washington mitteilte. Analysten hatten im Schnitt mit 207.000 Anträgen gerechnet. In der Woche zuvor waren noch 200.000 Anträge registriert worden. Die Zahl der Hilfsanträge wurde etwas nach oben revidiert.
Trotz des Anstiegs bleibt das Niveau der Hilfsanträge im längerfristigen Vergleich niedrig. Dies deutet trotz höherer Zinsen auf einen weiter robusten Arbeitsmarkt in der größten Volkswirtschaft der Welt hin.
Notenbank in der Zwickmühle
Die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt spielt eine wichtige Rolle für die Geldpolitik der US-Notenbank Fed. Eine niedrige Arbeitslosigkeit stützt die Lohnentwicklung und treibt die Inflation. Zuletzt hatte die Federal Reserve allerdings im September eine Zinspause eingelegt und den Leitzins nicht weiter angehoben. Das jetzt gemeldete höhere Wachstum könnte nun darauf hindeuten, dass eine noch stärkere zinspolitische Bremsung nötig ist als gedacht, um die Inflation zu zügeln.