Streit über Kurs der US-Geldpolitik

Trump und Powell auf unausweichlichem Kollisionskurs

US-Präsident Donald Trump will Einfluss auf die Geldpolitik haben. Davon will aber der selbstbewusste Notenbankchef Jerome Powell nichts wissen.

Trump und Powell auf unausweichlichem Kollisionskurs

Trump und Powell auf unausweichlichem Kollisionskurs

Fed widersetzt sich Forderung nach Zinssenkung − Notenbankchef will ökonomische Auswirkungen der Zölle abwarten

Von Peter De Thier, Washington

Der Konflikt zwischen US-Präsident Donald Trump und Notenbankchef Jerome Powell war seit langem vorgezeichnet. Nun aber droht sich der Zwist zuzuspitzen. Grund dafür ist Trumps Wunsch nach raschen Zinssenkungen, um die Märkte zu stützen. Doch ohne mit der Wimper zu zucken ließ der Fed-Vorsitzende den mächtigsten Mann im Lande abblitzen. Powell hat unmissverständlich klargemacht, dass die Notenbank vorläufig keine Pläne hat, den Geldhahn aufzudrehen. Leitzinssenkungen stünden höchstens dann zur Debatte, wenn die ökonomischen Auswirkungen der Zölle erkennbar seien. Unterdessen ist aus dem Weißen Haus so viel bekannt: Der Präsident kocht vor Wut. 

Konflikt warf Schatten voraus

Überraschend ist nicht, dass Trump und Powell auf Kollisionskurs sind. Als der Präsident zu Beginn seiner Amtszeit ankündigte, dass Einfuhrzölle die tragende Säule seiner Handelspolitik sein würden, ahnten Ökonomen das Schlimmste. Kurseinbrüche an den Wertpapiermärkten würden unausweichlich sein, meinten sie. Womöglich nicht so dramatisch, wie in den Tagen nach der Zeremonie im Rosengarten des Weißen Hauses. Dort hatte Trump versprochen, mit den Abgaben „die Ausplünderung unserer Wirtschaft“ zu beenden. Auch gelobte er eine Wiedergeburt der US-Industrie. Die Aktien stürzten deswegen so steil ab, weil die Zölle dann schärfer und umfassender ausfielen, als Beobachter erwartet hatten.

Natürlich lassen die gesamtwirtschaftlichen Folgen noch auf sich warten. Doch der Präsident richtet immer einen Blick auf die Finanzmärkte. Kurse sind sein Konjunkturbarometer schlechthin, und angesichts der tiefen Einbrüche ist er nervös geworden. Deswegen soll jetzt die Fed in die Bresche springen. Und zwar ohne Rücksicht darauf, ob seine Zölle die Inflation wieder befeuern und eine Entschärfung der Geldpolitik Öl auf die Flammen gießen würde. 

Streit begann vor sechs Jahren

Der Zoff könnte deswegen an Brisanz gewinnen, weil dieser eine Vorgeschichte hat. Als sich Powell 2019 weigerte, auf Geheiß des Präsidenten den Geldhahn aufzudrehen, beschimpfte Trump den Feld-Vorsitzenden als „inkompetent“. Zuvor hatte die Fed neunmal in Folge, siebenmal seit Trumps Amtsantritt, den Leitzins um jeweils 25 Basispunkte hochgeschraubt.

Angesichts des robusten Wachstums und zunehmender Teuerung waren das seinerzeit durchdachte und angemessene geldpolitische Schritte. Powell wollte von der Einflussnahme des Weißen Hauses auf die unabhängige Zentralbank nichts wissen. Zu einem Kurswechsel kam es erst im August 2019. Die Währungshüter setzten den Tagesgeldsatz insgesamt fünfmal herunter, bis zum Nullzins nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie.

Leere Drohgebärden

Der damalige Handelsminister Wilbur Ross schrieb in seinen Memoiren, dass Trumps Zorn keine Grenzen gesetzt waren. Der Präsident habe ihm gesagt: „Ruf diesen Idioten an und mach ihm klar, dass ich seine Nominierung widerrufen werde“. Das Problem dabei: Der US-Senat hatte Powell für seine erste von drei Amtsperioden längst bestätigt. 

Auch jetzt kokettiert Trump wieder mit einer Einschüchterungskampagne gegen den Fed-Chef. Vor die Tür setzen kann der Präsident den Notenbankvorsitzenden aber nicht. Dessen Amtszeit läuft im Mai 2026 ab, und Powell hat unmissverständlich konstatiert: Er werde sich nicht unter Druck setzen lassen, und an einen vorzeitigen Rücktritt denke er schon gar nicht. Gleichwohl ist anzunehmen, dass nun weitere Angriffe seitens des Präsidenten kommen werden, um zu versuchen, den obersten Währungshüter und seine Institution zu diskreditieren.

Gegner fordern Abschaffung der Fed

Trump wird voraussichtlich sogar aus dem 900 Seiten langen „Project 2025“ zitieren. Das Werk der konservativen Denkfabrik „Heritage Foundation“ gibt der Notenbank die Schuld an mehreren Konjunktureinbrüchen seit der Weltwirtschaftskrise und fordert eine Abschaffung der Fed. Das ginge aber nur auf gesetzlichem Wege, und dazu wird sich im Kongress nie und nimmer die notwendige Mehrheit finden.

Unterdessen wird die geldpolitische Marschroute in den kommenden Monaten allein davon abhängen, wie die Zölle auf die Wirtschaft durchschlagen. Werden sie eher inflationär wirken? Werden sie das Wachstum abwürgen? Oder kommt es zu beidem, also zu Stagflation? Die Antwort auf diese Frage, und nicht Trumps Tiraden gegen Powell, werden den weiteren Kurs der Fed bestimmen.      

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