Trumps dramatische Transformation gegenüber der Tech-Industrie
Trumps dramatische Transformation gegenüber der Tech-Industrie
Der künftige US-Präsident ist binnen weniger Monate vom Gegner der Branche zum engen Verbündeten mutiert
Von Peter De Thier, Washington
Die Fähigkeit zu politischem „Wandel“ hat Donald Trump schon oft unter Beweis gestellt. Besonders deutlich kommt die Bereitschaft, seine Positionen anzupassen, in dem Verhältnis zur Tech-Industrie zum Ausdruck. Früher ein überzeugter Gegner der Branchengiganten, hat der künftige Präsident in ihnen nun ein neues Machtinstrument gefunden.
Eine zentrale Rolle wird dabei dem Unternehmer und Multimilliardär Elon Musk zukommen. Zugedacht hat der Republikaner dem Tesla- und SpaceX-Gründer den Top-Job bei dem neuen „Department of Government Efficiency“ (DOGE), das unnötige Staatsausgaben eliminieren soll. Zwischenzeitlich bezeichnen Medien Musk aber als „selbsternannten Co-Präsidenten“, der überall die Finger im Spiel hat. Auch andere Tech-Titanen werden ein Wort mitreden werden. Etwa Peter Thiel, für den der künftige Vizepräsident JD Vance gearbeitet hatte. Und David Sacks, der Trumps „KI- und Kryptozar“ wird.
Im Mittelpunkt wird aber Musk stehen. Dessen Engagement im Wahlkampf sowie Lügen und gefälschte Videos, die er auf X über die demokratische Kandidatin Kamala Harris verbreitete, erwiesen sich als außerordentlich effektive Wahlkampfhilfe für Trump. Die „Deepfake-Videos“ illustrieren auch die wachsende politische Bedeutung von künstlicher Intelligenz (KI). Folglich steht Trump KI nach anfänglicher Skepsis nun ebenfalls mit Bewunderung gegenüber. Er will diese unter anderem in die Rüstungs- sowie die Sicherheitspolitik integrieren.
Rascher Wandel
Die Transformation, die sich bei Trump vollzogen hat, ist dramatisch. Im Sommer hatte er noch Meta-Chef Mark Zuckerberg mit einer Gefängnisstrafe gedroht. 2020 habe Zuckerberg eine Verschwörung gegen seine Präsidentschaftskampagne angeführt, meinte Trump. Zudem hatte Trump in den Jahren zuvor Kryptowährungen als „Schwindel“ beschimpft. Diese stellten eine Bedrohung für den Dollar dar und könnten dessen Rolle als Weltreservewährung untergraben, warnte er.
Doch binnen weniger Monate war die Kehrtwende perfekt. Während der vergangenen Wochen hat Trump Konzernlenker von Amazon-Chef Jeff Bezos über OpenAI-CEO Sam Altman bis hin zu Zuckerberg in Mar-a-Lago empfangen. Allesamt umwarben sie den künftigen Präsidenten und spendeten jeweils 1 Mill. Dollar für sein „Inaugurationskomitee“.
Kampf für Deregulierung
Das Ziel der Tech-Giganten: Weniger Regulierung zu erreichen. Gleichzeitig wollen sie sicherstellen, dass sie nicht von Musk überlistet werden, von dem zu erwarten ist, dass er seinen Sonderstatus in der künftigen Administration auch für geschäftliche Vorteile nutzen will. Zwischenzeitlich ist Trump auch ein Fan von Krypto geworden. Schließlich hatten im Juni Top-Manager aus der Branche nach einer Privataudienz in Florida versprochen, 100 Mill. Dollar für seine Präsidentschaftskampagne zu spenden.
Damit würden sie bis zu 5 Millionen Wähler für den Republikaner gewinnen, gelobten die Krypto-Koryphäen. Nun hat Trump angekündigt, dass er „Joe Bidens Kreuzzug gegen Krypto beenden wird“. Neben den politischen Vorteilen winken nämlich finanzielle Windfall-Profite, und zwar über die familieneigene Plattform World Liberty Financial.
Musks Agenda
Überschattet werden die amerikanischen Tech-Gurus natürlich von Elon Musk, der seine eigene Agenda verfolgt. Seine Unternehmen haben während der letzten Jahre über 20 Mrd. Dollar an Regierungsaufträgen erhalten. Musk will nicht nur, dass seine hauseigenen Konzerne Tesla und SpaceX von regulatorischen Fesseln befreit werden.
Auch hofft Musk, der angeblichen Zensur auf seiner Social-Media-Plattform X einen Riegel vorzuschieben. Trumps Personalentscheidungen haben dafür schon die Vorarbeit geleistet. Unter anderem in der Form von Brendan Carr, der als Vorsitzender der Federal Communications Commission (FCC) der oberste Aufseher der Medienindustrie sein wird. Carr hat versprochen, dass „wir das Zensur-Kartell der großen Tech-Unternehmen zerschlagen werden“.
Sorgen der Konkurrenz
Unterdessen gelten die Sorgen der übrigen Tech-Titanen der Möglichkeit, dass Musk Sonderregelungen aushandelt. Etwa Dekrete und Kriterien bei der Vergabe von Staatsaufträgen, die beispielsweise SpaceX Wettbewerbsvorteile verschaffen würden gegenüber dem Bezos Konzern Blue Origin. Oder dass neue Regeln für Social Media zur Folge haben, dass Musk auf X Lügen über politische Gegner verbreiten kann, seine Konkurrenten aber bestraft werden, wenn sie Trump oder die Administration kritisieren.
Trumps Gesinnungswandel wird aber nicht nur Folgen für die Tech-Giganten, sondern auch für die Krypto-Industrie haben. So hat er angekündigt, dass Kryptoplattformen sich in den USA befinden sollen. Sollte er diese nun ebenfalls von Regulierung befreien, dann könnte dies zu neuen spekulativen Blasen führen, die viele Experten bereits als gegeben ansehen.
Als Beispiel nennen sie den steilen Höhenflug bei dem Marktführer Bitcoin. Dass Blasen hingegen die Voraussetzungen für spätere Einbrüche schaffen können, das bewiesen vor 16 Jahren die Subprime-Immobilienmarkt-Krise und die anschließende Weltrezession.
Dass Kryptowährungen hingegen ausschließlich „amerikanisch“ sein sollen, begründet der künftige Präsident mit deren „Relevanz für die nationale Sicherheit“. Mit dem Etikett der „Sicherheitsrelevanz“ hatte Trump während seiner ersten Administration auch fossile Energieträger versehen. Diese wurden somit von bestimmten Regularien entbunden und unterlagen weniger Aufsicht. Beispielsweise, was die zulässigen Obergrenzen für den CO2-Ausstoß betraf.
Unklare Kompetenzen
Zu Trumps Tech-Metamorphose gesellt sich zudem der „Jolly Joker“ Musk, dessen exakte Rolle weiterhin unklar bleibt. Sicher erscheint nur, dass er in sämtlichen Facetten der Wirtschafts- und auch Sicherheitspolitik mitmischen will. Musks Etikett als „Co-Präsident“ irritiert mittlerweile den Republikaner. Daher betonte Trump, dass „Elon ohnehin nie Präsident sein kann, weil er nicht in den USA geboren wurde“.
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