US-Arbeitsmarkt

US-Jobmarkt unter Dampf

Der US-Arbeitsmarkt steht unter Dampf. Im Februar übertrafen die Neueinstellungen deutlich die Markterwartungen, und die Arbeitslosenquote ist nicht mehr weit von jenen 3,5% entfernt, die von der Notenbank als Vollbeschäftigung angesehen werden. Umso mehr Grund für die Fed also, angesichts der hohen Inflation übernächste Woche eine Serie von Zinserhöhungen einzuläuten.

US-Jobmarkt unter Dampf

det Washington

Der Beschäftigungsaufbau in den USA hat sich im September mit hohem Tempo fortgesetzt. Wie das Bureau of Labor Statistics (BLS) des Arbeitsministeriums berichtete, hat die Wirtschaft ohne Berücksichtigung der Landwirtschaft 678000 neue Stellen geschaffen. Erwartet hatten befragte Ökonomen im Schnitt einen Wert um 400000. Die Arbeitslosenquote gab um 0,2 Prozentpunkte nach und befindet sich nun mit 3,8% auf dem tiefsten Stand seit Februar 2020, also unmittelbar vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie. Angesichts der jüngsten Jobdaten und der hohen Inflation werden eine Zinswende Mitte des Monats und weitere Erhöhungen im laufenden Jahr wahrscheinlicher.

Gestützt wurde der Aufschwung am Jobmarkt vor allem vom Dienstleistungssektor. So entstanden im Gast- und Freizeitgewerbe 179000 Jobs. Einen bedeutenden Beitrag zum Stellenwachstum leisteten auch Fachdienstleister mit einem Plus von 95000. Starke Zuwächse wurden auch im Gesundheitswesen, in der Bauwirtschaft und im Transportwesen gemessen. Das verarbeitende Gewerbe verzeichnete eine Zunahme um 36000.

Positiv heben Experten hervor, dass während des letzten Jahres 6,7 Millionen neue Jobs geschaffen wurden und die Arbeitslosenquote nur noch 0,3 Prozentpunkte von jenen 3,5% entfernt ist, welche die US-Notenbank als Vollbeschäftigung an­sieht. Auch weisen Volkswirte auf die Partizipationsrate hin, die im Februar bei 62,3% lag und ebenfalls nicht mehr weit vom Vorkrisenniveau entfernt ist.

Zwar ist der Aufschwung angesichts der geopolitischen Unruhen mit einigen Risiken behaftet. Die Statistik des BLS beruht auf Erhebungen, die vor Russlands Invasion der Ukraine durchgeführt wurden. Einige Ökonomen warnen, dass steigende Energiepreise und die hohe Inflation in den kommenden Wochen das Stellenwachstum wieder bremsen könnten. Gleichwohl überwiegt bei Experten der Optimismus. Diesen begründet Robert Rosener, Ökonom bei Morgan Stanley, mit der „hohen Resistenz, die der Arbeitsmarkt bewiesen hat“.

Vor dem Hintergrund der anstehenden Zinserhöhungen misst auch die Fed dem Arbeitsmarkt große Bedeutung bei. Sollte nämlich in den kommenden Monaten Vollbeschäftigung erreicht werden, dann wäre ein Teil des dualen Mandats der Notenbank erfüllt, die sich dann wieder stärker auf die Inflationsbekämpfung konzentrieren könnte.

Löhne steigen

Wie aus dem BLS-Bericht hervorgeht, legten die durchschnittlichen Stundenlöhne im Vorjahresvergleich um 5,1% zu und blieben somit deutlich hinter den 5,8%, die Bankvolkswirte prognostiziert hatten, zurück. Die an den Verbraucherpreisen gemessene Inflationsrate hat aber den höchsten Stand seit fast 40 Jahren erreicht. Notenbankchef Jerome Powell bekräftigte in dieser Woche vor dem Senat, dass die Fed „alles Notwendige unternehmen wird“, um die hohe Inflation zu bekämpfen. Powell räumte aber auch ein, dass der Krieg in der Ukraine zu neuen Risiken führen könnte.

Am Freitag sagte Charles Evans, Präsident der Federal Reserve Bank von Chicago, dass es sich bei dem Arbeitsmarktbericht „um eine gute Nachricht handelt“, die den zinspolitischen Kurs aber nicht ändern werde. Evans meinte: „Wenn wir bei jeder noch anstehenden Sitzung in diesem Jahr den Leitzins um 25 Basispunkte anheben, dann wird bis Jahresende ein Zielkorridor von 1,75 bis 2,0% erreicht sein.“ Er mahnte, es mit den Straffungsschritten nun nicht zu übertreiben. Wenn bis zum Jahresende eine Zielzone in dieser Höhe erreicht sein sollte, dann hätte die Fed den notwendigen Spielraum, um auf sämtliche konjunkturellen Szenarien zu reagieren, so Evans. Mit einer Lockerung könne die Notenbank dann auf eine konjunkturelle Abschwächung oder mit einer noch stärkeren Straffung auf eine weiter steigende Inflation reagieren.

Trotz der außerordentlich hohen Inflation und der wachsenden Unsicherheit als Folge des Kriegs in der Ukraine bleiben Experten in ihrer Bewertung der gesamtwirtschaft­lichen Aussichten für die USA ausgesprochen zuversichtlich. „Wenn wir auch in den kommenden Monaten bei den Neueinstellungen Zahlen wie diese sehen, können wir dem weiteren Jahresverlauf mit Opti­mismus entgegensehen“, sagte etwa Nick Bunker, Ökonom bei dem Online-Arbeitsvermittlungsunternehmen Indeed. Sollte sich der Aufschwung mit einem vergleichbaren Tempo fortsetzen, dann sei zu erwarten, dass „mehrere wichtige Indikatoren der Arbeitsmarktlage bis zum Sommer wieder das Vorkrisenniveau erreicht haben werden“, betonte der Experte gegenüber dem Nachrichtensender CNBC.

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