US-Zölle belasten weltweites Wachstum
Globales Wachstum leidet unter US-Politik
Handelskonflikte treiben Inflation und politische Unsicherheit – Weitere Zersplitterung der Weltwirtschaft bereitet Sorgen
wü Paris
von Gesche Wüpper, Paris
Die seit dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump gestiegenen wirtschaftspolitischen Unsicherheiten und Handelsbeschränkungen haben ihren Preis. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat deshalb jetzt ihre zuletzt im Dezember aktualisierte Wachstumsprognose für die Weltwirtschaft gesenkt, für einige Länder wie Mexiko und Deutschland sogar deutlich. Statt 3,3% rechnet sie nun nur noch mit einem globalen Wirtschaftswachstum von 3,1% in diesem Jahr, im nächsten Jahr dann mit 3% statt 3,3%. Für Deutschland korrigierte sie die Prognose für 2025 von 0,7% auf 0,4% und für 2026 von 1,2% auf 1,1%.
US-Wachstum schwächer
„In der Handelspolitik sind signifikante Veränderungen aufgetreten, die das globale Wachstum treffen und die Inflation steigern würden, wenn sie bestehen bleiben“, heißt es in dem Montag von OECD-Chefökonom Álvaro Santos Pereira in Paris vorgestellten Wirtschaftsausblick diplomatisch. Der Name des neuen US-Präsidenten taucht in dem Bericht nicht auf. Er hat seine Regierung aufgefordert, die Beitragszahlungen der Vereinigten Staaten für internationale Organisationen bis April zu prüfen. Beobachter spekulieren bereits, dass die USA unter seiner Ägide einigen von ihnen den Rücken kehren könnten.
Es sind jedoch nicht nur die anderen Staaten, die den Preis für die Handelspolitik Trumps werden zahlen müssen. Für die USA hat die OECD ebenfalls die Prognosen gesenkt. Sie erwartet nun ein Wirtschaftswachstum von 2,2% statt wie bisher 2,4% in diesem Jahr, 2026 dann 1,6% statt 2,1%. Diese Prognose basiert genau wie die Vorhersagen für Kanada und Mexiko auf der Annahme, dass die USA die Zölle auf fast alle Waren aus beiden Ländern ab April um 25% erhöhen.
Mexiko droht Rezession
Dagegen sind andere Drohungen Trumps in dem Bericht der OECD nicht mit berücksichtigt, auch nicht die Ankündigung letzter Woche, EU-Weine mit Strafzöllen von 200% zu belegen. Für die EU erwartet die Industriestaaten-Organisation derzeit ein Wachstum von 1% in diesem und von 1,2% im nächsten Jahr.
Sowohl in den USA als auch Kanada und Mexiko wäre die Wirtschaftstätigkeit stärker und die Inflation niedriger, wenn die Zollerhöhungen geringer als bisher angedroht ausfielen oder sich auf eine kleinere Palette von Waren beschränkten, erklärte Chefökonom Pereira. Derzeit geht er wegen des von Trump initiierten Zollkonflikt jedoch davon aus, dass die kanadische Wirtschaft 2025 und 2026 nur um je 0,7% statt der bislang erwarteten 2% zulegen wird. Für Mexiko rechnet er inzwischen sogar mit einer Rezession von 1,3% in diesem und von 0,6% im nächsten Jahr.
Unsicherheit bremst Investitionen
Kanada und Mexiko sind auch die beiden Länder, in denen die politische Unsicherheit seit dem ersten Halbjahr 2024 am stärksten zugenommen hat (s. Grafik). Eine höhere politische Unsicherheit dürfte Unternehmen und Haushalte zurückhalten, über Ausgaben zu entscheiden, vor allem was langfristige Themen wie Anlageinvestitionen und langlebige Güter angehe, geben die OECD-Experten zu bedenken.

Zu ihren Hauptsorgen gehört das Risiko, dass die globale Wirtschaft weiter zersplittert. Eine höhere und breitere Zunahme der Handelsschranken würde das Wachstum weltweit beeinträchtigen und die ohnehin zunehmende Inflation anheizen, mahnen sie in dem Wirtschaftsausblick. Eine höher als bisher erwartete Inflation wiederum hätte eine restriktivere Geldpolitik zur Folge, was zu einer Zunahme destabilisierender Zinsanstiege an den Finanzmärkten führen könnte.
Haushaltsdisziplin gefragt
Die Notenbanken sollten deshalb wachsam bleiben, rät Chefökonom Pereira. Er sieht jedoch noch Raum für weitere Zinssenkungen, vor allem in Ländern mit einer moderaten Inflation. Um die Schuldenlast schultern zu können, mahnt er jedoch auch zu haushaltspolitischer Disziplin und Reformen, gerade in Niedriglohnländern und Staaten mit mittleren Einkommen. In vielen von ihnen seien die Ausgaben zur Schuldentilgung inzwischen höher als Investitionen in Bildung oder Gesundheit.
Das von der CDU und der SPD mit den Grünen vereinbarte riesige Finanzpaket für Verteidigung und Infrastruktur ist in den aktualisierten Prognosen der OECD nicht mit berücksichtigt, genau wie die europäische Verteidigungsinitiative. Wenn man mehr für Rüstung ausgebe, könne das positive Auswirkungen auf die wirtschaftliche Aktivität haben, sagte Pereira. Das sei ein mögliches Aufwärtsrisiko sowohl für Deutschland als auch für die EU. Die Bundesrepublik habe ein Infrastruktur-Defizit.
Die OECD hat in ihrem jüngsten Zwischen-Wirtschaftsausblick die Prognosen für zahlreiche Länder wegen der von US-Präsident Donald Trump geplanten Handelspolitik mit Strafzöllen gesenkt, auch für Deutschland. Das milliardenschwere Finanzpaket könnte für eine positive Überraschung sorgen.