Wachsende Spannung wegen Russland
wf Berlin
Das bevorstehenden Treffen der Finanzminister und Notenbankgouverneure der führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) wird von wachsenden Spannungen mit Russland überschattet. Mehr Rückdeckung für Russland kommt nach Informationen aus Regierungskreisen mittlerweile aus China. Die beiden Länder rückten enger zusammen als bei früheren Meetings, hieß es in Berlin unter Berufung auf die diesjährige indonesische Präsidentschaft. Russland strebe danach, die Sanktionen der westlichen Welt als Ursache der aktuellen Wirtschaftsschwäche und des rasanten Preisanstiegs vor allem im Energiesektor dazustellen. Die sieben führenden Industrieländer (G7) machen indessen allein Russlands wegen des Angriffs auf die Ukraine für die Misere verantwortlich.
Am Freitag und Samstag, 15. und 16. Juli, kommen die Finanzminister und Notenbankgouverneure der G20 bei einem hybriden Treffen auf der indonesischen Insel Bali zusammen. Gastgeberin ist die indonesische Finanzministerin Sri Mulyani Indrawati. Deutschland wird durch Staatssekretär Carsten Pillath vor Ort vertreten sein. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) weilt in den Flitterwochen.
Keine Bühne für Moskau
Vertreter Russlands werden ebenfalls auf Bali sein, hieß es. In den Industrieländern zeichnet sich ein Wechsel im Umgang mit Moskau ab. Beim G20-Treffen in Washington im April hatten noch einige Finanzminister und Notenbanker den Raum bzw. die Videokonferenz verlassen, als der russische Amtschef Anton Siluanow das Wort ergriff. Dazu gehörten US-Finanzministerin Janet Yellen, ihre kanadische Amtskollegin Chrystia Freeland, Bundesbankpräsident Joachim Nagel und die Präsidentin der Europäischen Zentralbank, Christine Lagarde. Lindner hatte sich in Washington entschieden, im Saal zu bleiben, um Russland keine Bühne zu bieten. Letztere Strategie zeichnet sich nun bei einigen Ländern für Bali ab, um auf die russischen Ausführungen reagieren zu können. Offen ist, ob sich die G20 auf ein Abschlusskommuniqué einigen können. Es könnte andernfalls zu einer unilateralen Erklärung der Präsidentschaft kommen.
Zentrales Thema des Treffens wird die Lage der Weltwirtschaft sein, mit den Folgen des Kriegs in der Ukraine und den geopolitischen Verwerfungen. Zudem stehen die globale Steuerreform, Sustainable Finance und internationale Finanzarchitektur auf der Agenda. Dabei werde die Rolle Chinas in der Infrastrukturfinanzierung, etwa in Afrika, behandelt. Ein weiteres Thema auf der Agenda wird die globale Gesundheit und die Unterstützung der Finanzminister in der Corona-Pandemie sein. Zwei hochrangig besetzte Seminare drehen sich um Ernährungssicherheit und den Abschied von expansiver Fiskalpolitik im Makro-Policy-Mix.