LeitartikelDie Finanzmärkte unter Präsident Trump

Erhebliche Risiken durch Trump für die Finanzmärkte

Die Wahl von Donald Trump zum nächsten Präsidenten hat bereits deutliche Reaktionen an den Finanzmärkten ausgelöst. Das könnte so bleiben. Unter seiner Präsidentschaft könnte sich die Binsenweisheit, dass politische Börsen kurze Beine haben, diesmal als falsch erweisen.

Erhebliche Risiken durch Trump für die Finanzmärkte

Trump

Erhebliche Marktrisiken

Unter Donald Trump könnte sich die Binsenweisheit, dass politische Börsen kurze Beine haben, diesmal als unzutreffend erweisen.

Von Dieter Kuckelkorn

Die Wahl von Donald Trump zum 47. Präsidenten der USA hat bereits für deutliche Reaktionen an den internationalen Finanzmärkten gesorgt. Es ist zu erwarten, dass sich zumindest einige dieser Verschiebungen in den Positionierungen der Marktteilnehmer nicht als Eintagsfliegen erweisen, sondern sich fortsetzen und voraussichtlich noch intensivieren. Die alte Binsenweisheit, dass politische Börsen kurze Beine haben, könnte sich aktuell zumindest in einigen Bereichen als nicht zutreffend erweisen. Das ist vor allem darauf zurückzuführen, dass mittlerweile klar ist, dass Trump der „red sweep“ gelungen ist, also der politische Durchmarsch mit republikanischen Mehrheiten in Senat, Repräsentantenhaus und oberstem Gerichtshof.

Neupositionierung zu erkennen

Eindeutig ist die Neupositionierung an den Märkten an der Stärke des Greenback zu erkennen. Der Euro hat bereits rund 4 US-Cent eingebüßt, er könnte bis auf Parität zum Dollar fallen. Besonders auffällig ist die enorme Rally der führenden Kryptowährung Bitcoin seit dem Bekanntwerden des Wahlausgangs auf ein Allzeithoch jenseits der Marke von 92.000 Dollar. Zum einen ist dafür das Faible des künftigen Präsidenten für Kryptos verantwortlich. Trump hat sich sogar positiv zu dem wenig ausgegorenen Gesetzentwurf einer republikanischen Senatorin aus Wyoming geäußert, gemäß dem die US-Bundesregierung eine „strategische Bitcoin-Reserve“ nach dem Vorbild der strategischen Ölreserve bilden und dazu nicht weniger als 5% aller bereits erzeugten Bitcoins aufkaufen soll. Zum anderen hat Bitcoin inzwischen eine wichtige Rolle eingenommen, wenn es darum geht, Vermögen quasi als Fluchtwährung außer Landes zu bringen – angesichts der zunehmenden politischen Polarisierung in den USA ein nicht zu unterschätzender Faktor.

Strafzölle und Anreize

Was Aktien betrifft, so will Trump ein stark verändertes Marktumfeld schaffen mit Strafzöllen und Anreizen, die geoökonomische Rivalen wie China – aber auch Europa – schwächen und insbesondere eine Reindustrialisierung der USA bewirken sollen. Davon sollten – auch wegen der angekündigten allgemeinen Steuersenkungen – US-Aktien vor allem auf Kosten von europäischen Dividendentiteln profitieren, aber auch Aktien aus dem Sektor der verarbeitenden Industrie. Darunter befinden sich auch amerikanische Mid und Small Caps, die seit der Wahl gegenüber den Large Caps überdurchschnittlich zugelegten. Profitieren dürften auch Sektoren wie Öl und Gas auf Kosten der erneuerbaren Energien, für die Trump wenig Zuneigung zeigt.

Allerdings wird es auch Trump nicht gelingen, die grundlegenden ökonomischen Bedingungen zu verändern. Hohe Staatsausgaben zum Beispiel für Rüstung kombiniert mit weitreichenden Steuersenkungen werden die bereits unter Joe Biden stark gestiegene Staatsverschuldung weiter nach oben treiben. Das dürfte mittelfristig die Inflation verstärken, was der US-Notenbank Federal Reserve die Hände für weitere Leitzinssenkungen binden und sich als Gegenwind für die Konjunktur erweisen könnte. Langfristig ist sogar eine Vertrauenskrise der US-Treasuries nicht auszuschließen, die die Renditen von amerikanischen Staatsanleihen deutlich nach oben treiben könnte.

Ökonomische Realitäten

Dass ferner die ökonomischen Realitäten und das ordnungspolitische Umfeld in den USA großen Konzernen auf Kosten kleinerer Unternehmen deutlich mehr Spielräume bieten, daran kann auch Trump wenig ändern, selbst wenn er das wollte. Insofern ist es eher unwahrscheinlich, dass es eine lang anhaltende und nachhaltige Erholung der Small Caps geben wird.

Gefahren ausgeblendet

Bleiben noch die geopolitischen Risiken, die an den Märkten ausgeblendet werden, die aber nach wie vor eine enorme Bedeutung aufweisen. Trump hat im Wahlkampf zwar immer wieder erklärt, dass er Kriege, insbesondere den Ukraine-Krieg, rasch beenden will. Allerdings hat Trump außenpolitische Schlüsselpositionen mit erklärten Iran-Falken besetzt. Sollte sich der Krieg in Nahost ausweiten, drohen erhebliche Gefahren für die Energieversorgung des Westens und damit ein neuer Preisschock bei Öl und Gas, was auch andere Finanzmärkte in die Krise stürzen würde.

So hat der künftige US-Botschafter in Israel Mike Huckabee jüngst im Armee-Rundfunk des Landes sogar die Annexion der Westbank durch Israel unterstützt, andere Bewerber für hohe Posten in der Trump-Administration sprachen sich für die US-Teilnahme an einem weitreichenden Angriff auf den Iran aus. Sollte Trump die US-Außenpolitik noch stärker auf die Interessen Israels ausrichten, dürfte die Gefahr eines großen Kriegs im Nahen Osten und damit die Unterbrechung der Öl- und Gasversorgung des Westens wieder stark steigen. Im Extremfall könnte es sogar zu einer weltweiten Finanzkrise kommen, insbesondere wenn Länder wie China und Saudi-Arabien als Vergeltung ihre Treasury-Bestände auf den Markt werfen sollten.

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