Im US-Autosektor sitzt der Wahnsinn am Steuer
US-Autosektor
Der Wahnsinn am Steuer
Von Alex Wehnert
Donald Trumps Zoll-Wirrwarr macht jede Planung für General Motors und Konsorten unmöglich und stürzt den Sektor in buchhalterische Probleme.
Amerikas Autobauer sollten sich nicht zu früh über kolportierte Bemühungen der US-Regierung freuen, den Einschlag von Donald Trumps Handelskrieg im Sektor zu dämpfen. Denn nachdem seine protektionistische Politik heftigen Gegenwind aus der Branche erfahren hat, will der Präsident angeblich zwar eine Doppelbezollung von importierten Fahrzeugen verhindern und Abgaben auf in die Vereinigten Staaten eingeführte Autoteile modifizieren. Doch selbst wenn General Motors, Ford und Konsorten nicht noch zusätzliche „Tariffs“ auf Stahl oder Aluminium blechen müssen und sich Komponentenzölle in Teilen über Gutschriften zurückholen können, werden die Einfuhrsanktionen von 25% die Konzerne noch weit schwerer treffen, als die Zahlenvorlagen zum ersten Quartal bisher durchblicken lassen.
Kostenexplosion voraus
Denn dass die bevorstehende Preisexplosion am Automarkt den jüngsten Absatzanstieg – die US-Fahrzeugverkäufe kletterten im März zum Vorjahr um 13% – zunichte machen werden, steht so gut wie fest. Wenngleich Trump die Hersteller vor Preiserhöhungen gewarnt hat, treiben Zölle von 25% die durchschnittlichen Anschaffungskosten pro Automobil laut den Analysten von Morgan Stanley wohl um 6.000 Dollar. Ohne solche Erhöhungen können die Konzerne, die ohnehin seit Jahren verzweifelt um Kostenkontrolle ringen, ihren nicht eben üppigen Margen gleich entsagen. Die vom Präsidenten geforderten Verlagerungen von Produktion und Lieferketten in die Vereinigten Staaten dürfte indes Jahre dauern und weitere Kostenanstiege nach sich ziehen.
Kernproblem ist aber, dass Trumps erratischer Kurs jede Planbarkeit für den Sektor zunichte macht. Das zeigt sich bereits bei General Motors, die ihre Gesamtjahresprognose für 2025 nach einem Gewinnrückgang um 6,6% im ersten Quartal zurückgezogen hat. Dabei profitierte der Detroiter Konzern zu Jahresbeginn sogar noch davon, dass Kunden Fahrzeugkäufe in Erwartung von Preisanstiegen durch Trumps Zölle vorzogen – ein Effekt, der sich nun verflüchtigen wird. Während GM die Effekte des globalen Handelsdesasters noch zu sortieren sucht, setzt der Traditionsautobauer sein Aktienrückkaufprogramm aus.
Buybacks fallen als Kaufargument weg
Gerade dieses ist seit dem Streik der Gewerkschaft United Auto Workers, der die Produktion auch bei Ford und der Stellantis-Tochter Jeep 2023 über Wochen lahm legte, zur entscheidenden Kursstütze geworden. Einige Analysten gehen sogar so weit, die Buybacks als einziges gewichtiges Argument für den Kauf der GM-Aktie zu bezeichnen, da die fundamentalen Zukunftsaussichten des Konzerns auch vor Trumps Amtsantritt unklar waren. Nach Fehlschlägen bei der Expansion am Elektroautomarkt waren die Detroiter in den vergangenen Quartalen gezwungen, sich auf das Geschäft mit Hybriden zu konzentrieren – eine Phase mit verstärktem Fokus auf die „Brückentechnologie“ hatten sie eigentlich überspringen wollen.
Das Angebot an die Investoren wird durch die buchhalterischen Probleme, die Trumps Strafzoll-Wirrwarr auslöst, nicht eben attraktiver. Schließlich werden die nächsten Quartalsberichte der Branchenvertreter aller Voraussicht nach eine äußerst kurze Halbwertszeit aufweisen. Dies gilt für das laufende Quartal, für das sich Autobauer bereits gezahlte Zusatzzölle auf Stahl und Aluminium erst einmal zurückholen müssen, sowie für die darauffolgenden Jahresviertel, in denen sie zu erwartende Gutschriften auf Teilezölle neu einzukalkulieren haben.
Neue Verwerfungen durch Chip-Zölle
Vor allem aber drohen neue Verwerfungen, wenn Trump tatsächlich dezidierte „Tariffs“ auf Chip-Importe beschließen sollte. Denn in Taiwan gefertigte Halbleiter sind nicht nur für die Motorenkontrolle sowie Assistenz- und Sicherheitssysteme in aktuell gefertigten Automobilen entscheidend, sondern auch für die an Anleger vermarktete Zukunftstrends der Branche wie das autonome Fahren. Amerikas Fahrzeugsektor wird also trotz anstehender Zoll-Erleichterungen vom Wahnsinn gelenkt.