KommentarZinsmärkte

Zweigeteilte Zinswelt

Donald Trumps zweite Amtszeit startet mit einem Fokus auf protektionistische Wirtschaftspolitik, was Inflation und Zinsdiskussionen beeinflusst und den US-Dollar stärkt.

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Zweigeteilte Zinswelt

2025 wird die Zinswelt zweigeteilt sein. Das hat mit der angekündigten protektionistischen US-Wirtschaftspolitik
zu tun.

Von Kai Johannsen

Am 20. Januar übernimmt Donald Trump als neuer US-Präsident nun zum zweiten Mal die Amtsgeschäfte in den USA. Die Augen der Öffentlichkeit und insbesondere der Akteure an den Finanzmärkten werden auf seine Politik und insbesondere auf seine Wirtschaftspolitik gerichtet sein. Angekündigt hat Trump, die USA einmal mehr in den Vordergrund stellen zu wollen, die Wirtschaft des eigenen Landes zu stärken. Seine protektionistische Wirtschaftspolitik sieht Zölle auf Importgüter vor, aber auch fiskalische Maßnahmen im eigenen Land, um die Wirtschaft zu stimulieren. Bei allen Prognosen, die daraus abzuleiten sind, bleibt eine erhebliche Unsicherheitskomponente, und diese ist die Halbwertszeit seiner Aussagen, die schon aus seiner ersten US-Präsidentschaft bekannt ist. Werden die Maßnahmen tatsächlich in diesem Ausmaß umgesetzt oder nur in abgeschwächter Form? Oder kommt es sogar zu einer Verschärfung je nach Verlauf? Oder nimmt er Abstand von einzelnen Ankündigungen? Das bleibt abzuwarten und wird nicht ohne Auswirkungen auf die Märkte bleiben.

Fed in Habachtstellung

Sollte es – wonach es derzeit aussieht – zur Umsetzung der protektionistischen US-Wirtschaftspolitik kommen, werden sich die Einfuhrkosten von Gütern erhöhen. Das drückt die Preise nach oben. Hinzu kommt, dass fiskalische Maßnahmen der US-Regierung ebenfalls preissteigernd wirken. Summa summarum bedeutet dies für die US-Währungshüter, dass sie auf der Inflationsseite wohl eher mal in Habachtstellung gehen müssen. Die in den vorigen Jahren ausufernde Inflation galt aufgrund der Leitzinssteigerungen in den USA als besiegt, könnte für die Fed nun aber wieder zum Thema werden. Das bedeutet für die US-Geldpolitik Folgendes: Sollte Trump seine Maßnahmen wie erwartet umsetzen und daraus Inflationsdruck entstehen, werden bei der Fed weniger Zinssenkungen wahrscheinlich, als noch in den vergangenen Wochen und Monaten an den Märkten angenommen wurde. Der Zinssenkungszyklus könnte damit früher als von Marktakteuren erwartet beendet sein. Die Finanzierung von fiskalischen Maßnahmen seitens Trump wird über die Märkte erfolgen, also mehr US-Staatsanleiheemissionen nach sich ziehen. Das könnten Anleger mit höheren Renditeforderungen bei den Bonds quittieren. Es könnte in diesem Umfeld sogar die Diskussion um höhere Leitzinsen in den USA aufkommen.

In der Eurozone sieht die Situation im Vergleich dazu anders aus. Die Inflation gilt hier nach den hohen Teuerungsraten in den vorigen Jahren auch als besiegt. Kaum einer im Anleihemarkt rechnet noch mit einer Rückkehr der hohen Inflation der vorigen Jahre. Die Eurozone wird eher mit einem Wachstumsproblem zu kämpfen haben, was die Unterstützung der Europäischen Zentralbank via Leitzinssenkungen erfordert. Weitere geldpolitischen Lockerungen bei der EZB sind an den Märkten eingepreist. Damit könnte es dazu kommen, dass die EZB stärker die Zinsen senken wird als die Fed, um die Wirtschaft zu stützen. Im Ergebnis wird dies zu einer sich ausweitenden Zinsdifferenz zwischen dem Euroraum und den USA führen. US-Staatsanleihen dürften dieses Jahr höher rentieren als die laufzeitgleichen Pendants aus der Eurozone, also die Bundesanleihen.

Parität im Blick

Das wird wiederum Auswirkungen auf den Devisenmärkten nach sich ziehen. Wenn in den USA höhere Erträge mit Zinspapieren des Staates eingefahren werden können als mit Bundesanleihen, dann geht der Kapitalstrom in Richtung USA. Das bedeutet für den US-Dollar Rückenwind und schwächt zugleich den Euro. Somit könnte die Parität zwischen dem Währungspaar Euro / Dollar erreicht werden, vielleicht schon auf kurze Sicht. Mit aktuell 1,03 Dollar je Euro sind die beiden Währungen von der Augenhöhe ja nicht mehr so weit entfernt.

Bleibt abzuwarten, wie sich die Platzierbarkeit von US-Bonds auf den Märkten zur Finanzierung der fiskalischen Maßnahmen 2025 gestalten wird. Können die USA die Verschuldung über die Anleihemärkte noch stemmen oder werden sie an dieser Stelle sogar dazu gezwungen, ein wenig zurückzurudern? Das wird für Donald Trump die große Unbekannte in seiner Rechnung, die einen Strich durch selbige machen könnte.

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