Dem Dax geht die Puste aus
Dem Dax ist nach einer bisher erfolgreich verlaufenen Woche am Freitag ein Stück weit die Puste ausgegangen. In einem mangels Impulsen von der Wall Street erneut recht lustlosen Handel pendelte der deutsche Leitindex bis zum Mittag um die Marke von 14.500 Punkten, die er am Vortag erstmals seit Juni zurückerobert hatte. Zuletzt stand ein Plus von 0,11% bei 14 555,62 zu Buche. Treiber der jüngsten Erholung waren in dieser Woche die positiven Signale der US-Notenbank Fed gewesen, die nunmehr ein etwas gemäßigteres Tempo bei der Zinswende in Aussicht stellt.
Der MDax der mittelgroßen Werte reduzierte bis zum Freitagmittag seinen Abschlag auf 0,19%. Der EuroStoxx 50 als Leitbarometer der Eurozone legte um 0,25% zu. Auch an den übrigen Börsen Europas ging es nicht voran: der EuroStoxx50 notierte 0,1 Prozent tiefer bei 3958 Punkten. An der Wall Street dürfte die Woche nach der Thanksgiving-Pause ebenfalls ruhig ausklingen.
Börsianer witterten dank der Fed zuletzt die Chance auf eine Fortsetzung der Jahresendrally – obwohl aus technischer Sicht der Markt zumindest kurzfristig als durchaus überkauft gilt. Seit seinem Tief Ende September hat der Dax mittlerweile mehr als 22% hinzugewonnen, aktuell winkt die achte Woche mit Gewinnen in Folge. Das Minus seit Jahresbeginn ist inzwischen auf weniger als 9% abgeschmolzen. Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners schließt deshalb auf dem aktuell hohen Niveau eine erneute Konsolidierung nicht aus.
Lichtblicke für deutsche Wirtschaft
Grund für den aufkeimenden Optimismus am Markt bieten nach Einschätzung von Christian Henke vom Broker IG inzwischen aber auch erste Lichtblicke für die deutsche Wirtschaft: Jüngste Konjunkturdaten hatten eine Stimmungsaufhellung bei den Unternehmen signalisiert, das am Freitag veröffentlichte Gfk Verbrauchervertrauen zeigt ebenfalls eine – auf sehr schwachem Niveau – leicht verbesserte Konsumstimmung. Derweil ist die deutsche Wirtschaft im Sommer trotz Gegenwinds stärker gewachsen als zunächst angenommen.
Laut dem QC-Experten Altmann hat nun der mit dem „Black Friday“ begonnene Start in das Weihnachtsgeschäft im US-Einzelhandel „das Potenzial, über die zukünftige Richtung an den Börsen zu entscheiden oder zumindest mitzuentscheiden“. Denn begleitet wird die Rabattschlacht von der bangen Frage, wie die kommenden Wochen angesichts der immer noch hohen Inflation und allgemein gedämpfter Konsumlust laufen werden. Von den US-Börsen selbst sind einen Tag nach dem Thanksgiving-Fest kaum Kurstreiber zu erwarten, denn dort wird nur verkürzt gehandelt.
Deutsche Bank im Fokus
Auf Unternehmensseite standen hierzulande am Mittag Papiere der Deutschen Bank an der Dax-Spitze, die nach einer Heraufstufung durch RBC ein Hoch seit Ende Mai erklommen – zuletzt betrug das Plus noch 1,2%. Branchenexpertin Anke Reingen hält angesichts des bisher erfolgreichen Umbaus des Instituts die vergleichsweise schwache Kursentwicklung für nicht gerechtfertigt. Heidelberg Materials verteuerten sich nach der Ankündigung einer Übernahme um ein halbes Prozent, die Papiere notieren mit aktuell 52,84 Euro noch immer dicht unter ihrem Monatshoch.
Uniper-Aktien verloren am SDax-Ende fast 14%. Seit dem Hoch am Dienstag haben die Papiere fast 45% nachgegeben, nachdem sich der Kurs zuvor binnen vier Handelstagen fast verdoppelt hatte. Nach der Ankündigung einer weiteren milliardenschweren Kapitalspritze vom Bund mehren sich kritische Stimmen von Analysten, die den Kurssprung für nicht gerechtfertigt halten. So stimmte zuletzt auch die Citigroup in den Chor ein, sie verwies auf die massive Verwässerung für die Altaktionäre, da sie an von den Kapitalerhöhungen ausgeschlossen sind.
Nach einer negativen Studie der Berenberg Bank sanken die Papiere von Fielmann um über 6% auf 35,26 Euro ab. Berenberg-Experte Graham Renwick rechnet mit seinem neuen Kursziel von 27 Euro praktisch damit, dass die Erholung der letzten Wochen komplett ausradiert wird. „Eine Margenerholung ist noch nicht in Sicht“, so Renwick. Am Markt seien die Erwartungen für 2022 nach der Gewinnwarnung Anfang November gesunken, für 2023 werde aber mit einer Erholung der Profitabilität um 50 Basispunkte gerechnet. Zu optimistisch, wie Grenwick findet. Er rechnet mit anhaltend schwacher Nachfrage der Verbraucher bis ins neue Jahr hinein und stellt sich auf weiter sinkende Margen ein.
Am Dax-Ende fanden sich Zalando wieder, die rund 2% nachgaben. Papiere der Schweizer Online-Apotheke Zur Rose verloren rund 5%. Das Unternehmen zieht sich aus dem Vertrieb in Deutschland weiter zurück. So wird das Logistikzentrum in Bremen zum Jahresende geschlossen. Aktien von Shop Apotheke sackten 2,6% ab.
Wochenverlust für den Dollar
An den Devisenmärkten steuerte der US-Dollar auf einen Wochenverlust von rund 1% zu. Die Aussicht auf eine Verlangsamung der Zinsanhebungen der US-Notenbank setzt der amerikanischen Devise zu. Der Dollar-Index, der die Devisen zu anderen wichtigen Währungen misst, stagnierte bei 105,90 Punkten. Industriemetalle wie Kupfer verteuerten sich indes erneut. Ein sinkender Dollarkurs macht es für Investoren aus anderen Währungsräumen günstiger, sich mit den in der US-Devise notierten Rohstoffen einzudecken. Die Sorgen um die chinesische Wirtschaft verhinderten allerdings größere Kursanstiege, nachdem die Corona-Neuinfektionen dort weiter auf Rekordniveau zunehmen.
China hilft kriselndem Bausektor
Massive staatliche Geldspritzen der chinesischen Regierung für den heimischen Immobiliensektor zeigten an den Finanzmärkten positive Wirkung. Aktien des gemessen an den Umsätzen größten chinesischen Bauentwicklers Country Garden legten 9,5% zu nach einem Kurssprung von rund 20% am Donnerstag. Der Branchenindex Hang Seng Mainland Property stieg um 4,5%. Chinas größte Geschäftsbanken wollen gemeinsam mindestens 162 Mrd. Dollar frische Kredite in den Immobiliensektor pumpen. Auch die Zentralbank kündigte erweitere Kreditlinien an. Die Behörden der Volksrepublik haben in den letzten Wochen ihre Hilfen verstärkt, nachdem viele Firmen ihren Schuldenverpflichtungen nicht nachgekommen waren und gezwungen waren, Bauprojekte einzustellen.
In London zählten die Aktien der Hausbauer Taylor Wimpey und Persimmon mit je minus 1,5% zu den größten Verlierern. Branchenbeobachtern zufolge treiben die anziehenden Hypothekenkredite die Erstkäufer von Eigenheimen in den Mietmarkt.