Julius Bär hält Aktien für überlegen
ck Frankfurt
Nach Einschätzung von Julius Bär sind Risiko-Assets und somit Dividendenwerte im aktuellen Umfeld, aber auch mittelfristig im Vorteil. David Kohl, Chefvolkswirt der Bank, verweist auf die kräftige Erholung der Konjunktur. Getragen werde die V-förmige Erholung vom starken Aufschwung des Welthandels und der Industrieaktivität sowie der günstigen Finanzierungsbedingungen. Die Reaktion der Notenbanken und auch der Wirtschaftspolitik hätten dafür gesorgt, dass sich die Finanzmärkte erholt hätten. Viele Ressourcen seien zur Überwindung der Pandemie mobilisiert worden. Dazu habe beigetragen, dass die Pandemie keine Krise sei, die aus dem Wirtschaftsgeschehen herrühre, sondern eine externe Krise sei. Das habe diese Motivation ermöglicht. Die schnelle Erholung habe zur Folge, dass die Auswirkungen der Krise begrenzt sein werden.
US-Wachstum von 7 Prozent
Nun komme mit dem US-Konsum eine vierte Säule der Erholung hinzu. Anders als in der Krise der Jahre 2008 und 2009 sei das Ausgabenpotenzial der US-Haushalte nicht gesunken. Vielmehr gebe es einen Rekordanstieg des Ausgabenpotenzials, getragen Lohneinkommen, gestiegenen Immobilien- und Kapitalvermögen und massiv angestiegener Transfereinkommen. „Wir erwarten für die USA eine volle Erholung, was den Wachstumspfad betrifft“, so Kohl. Für die USA prognostiziert Julius Bär für dieses Jahr ein BIP-Wachstum von 7%, für den Euroraum eines von 4,5%. In Europa falle die Stimulierung nicht so stark aus wie in den USA, die Konjunktur werde aber mit zeitlicher Verzögerung anziehen. Mit seiner starken Abhängigkeit profitierte Europa vom starken Welthandel und dem starken US-Konsum. Auch hier bestehe die Chance, dass der Vorkrisenstand wieder erreicht wird.
Der starke Inflationsanstieg ist Kohl zufolge nicht nachhaltig. 80 bis 90% der Gründe des Anstiegs seien vorübergehender Natur. Die Entwicklung sei auch nicht außergewöhnlich. Es sei typisch, dass es nach Krisen zu Angebotsengpässen komme. Einige Zentralbanken hätten bereits mit Zinserhöhungen reagiert. Das beschränke sich aber auf die Schwellenländer. Die großen Notenbanken hätten betont, dass der Inflationsanstieg vorübergehender Natur sei, und würden stillhalten.
Extreme Marktbreite
Lutz Welge, Leiter der Vermögensverwaltung der Bank, rechnet zwar zunächst mit einer gesunden Seitwärtskorrektur der Aktienmärkte, beurteilt ihre Aussichten aber insgesamt optimistisch. Er verwies u.a. auf eine extreme Marktbreite. „Wir müssen nicht mehr nur auf Tech-Titel setzen, sondern können auch auf Qualitätstitel im zyklischen Bereich zurückgreifen.“ Die Marktbreite habe in den USA das höchste Niveau seit 40 Jahren erreicht. Im aktuellen Umfeld, in dem Geld- und Fiskalpolitik trotz der Konjunkturerholung expansiv blieben und die Aktienmärkte stützen, sei es nicht ratsam zu versuchen, den Markt zu timen und auf kurzfristige Rückschläge zu warten. Die Zinsen blieben tief, steigende Renditen seien ein Problem für die Rentenmärkte, zeigten aber, dass sich die Konjunktur verbessere. „Im Kontext der finanziellen Repression bleiben Aktien überlegen, nicht nur auf dieses Jahr bezogen, sondern auch mittelfristig“, so Welge. „Negative Realzinsen sind gut für Risiko-Assets und damit für Aktien.“
Inflation sei positiv für Aktienmärkte. Historisch betrachtet steige das KGV des S&P 500 von 18 auf 20, wenn die Inflation auf 1% bis 3% steige, sagte Welge. Er verweist auch auf die Unternehmensgewinnentwicklung. Bezogen auf die Quartalsberichtssaison müsse man schon von einem Gewinnwunder sprechen. Die Erwartungen seien auf spektakuläre Weise übertroffen worden. 82% der S&P-500-Unternehmen hätten die Erwartungen übertroffen. Die Gewinnprognosen zögen an, der Konsens für den aggregierten Dax-Gewinn je Aktie sein in den zurückliegenden sechs Monaten von 872,9 auf knapp 1000 Indexpunkte gestiegen. Viele Analysten hätten noch nie einen Boom wie den aktuellen erlebt und unterschätzten die Gewinnentwicklung. Bei einem Gewinn je Aktie von 1000 Punkten weise der Dax ein KGV von mehr als 15 auf. „Die Bewertungen sind nicht überbordend, sondern vernünftig.“