US-Börsenaufsicht kündigt neue Regeln für Spacs an
Von Philipp Tamussino und Jan Friedeborn*)
Eine Special Purpose Acquisition Company (Spac) ist ein Börsenmantel, der nach einem operativen Unternehmen sucht, mit dem er sich zusammenschließen kann (sogenannter De-Spac). Mit der De-Spac-Transaktion wird das operative Unternehmen an die Börse gebracht. Somit stellt der Zusammenschluss mit einem Spac für Unternehmen eine Alternative zum herkömmlichen Börsengang dar.
Mehr Transparenz
Nachdem es Anfang 2021 in den USA eine regelrechte Welle von Spac-Börsengängen gab, ist der Trend danach deutlich abgeflacht. Neben einem Überangebot an Spacs und der negativen Kursentwicklung von vielen mittels Spac börsennotierten Unternehmen wird das auch einer deutlichen Skepsis der US-Börsenaufsicht SEC gegenüber Spacs zugeschrieben. Während mittlerweile deutlich weniger neue Spacs gegründet werden, gibt es eine große Zahl aktiver Spacs, die im Laufe des nächsten Jahres eine Zielgesellschaft finden und eine De-Spac-Transaktion durchführen müssen. Andernfalls droht ihre Liquidation und damit einhergehend Verluste für die Spac-Initiatoren.
Vor wenigen Tagen hat die SEC nun einen Entwurf mit neuen Regeln für Spacs vorgelegt. Die vorgeschlagenen Regelungen zielen darauf ab, die Transparenzpflichten für Spacs zu erhöhen, De-Spac-Transaktionen im Wesentlichen wie herkömmliche Börsengänge zu behandeln und die Haftungsregeln zu erweitern. Die neuen Regelungen würden De-Spac-Transaktionen mit in den USA börsennotierten Spacs deutlich erschweren.
Bereits letztes Jahr hat die SEC auf die Offenlegung der vielfältigen Interessenkonflikte bei Spac-Transaktionen gedrungen. Die finanziellen Interessen der verschiedenen Beteiligten, nämlich Initiatoren, Aktionäre und Management des Spac, Pipe-Investoren sowie die Eigentümer der Zielgesellschaft, können durchaus unterschiedlich sein.
Die neuen Regelungen würden mehr Transparenz hinsichtlich dieser Interessenlagen je nach Kursentwicklung nach dem De-Spac erfordern sowie weitere Details zur Verwässerung durch die Anteile der Initiatoren. Zudem fordert die SEC zusätzliche Angaben zur Zielgesellschaften. Die Informationen sollen mindestens 20 Tage vor der Spac-Aktionärsversammlung, in der über den De-Spac abgestimmt wird, zur Verfügung gestellt werden.
Des Weiteren soll ein haftungsrechtliches Privileg von De-Spac-Transaktionen beseitigt werden. Nach einer Gesetzesreform in den 1990er Jahren ist die Veröffentlichung von Finanzprognosen zu einem gewissen Grad vor Aktionärsklagen geschützt, da darauf gestützte Klagen erhöhte Anforderungen erfüllen müssen.
Haftungsregeln erweitert
Dieser Schutz gilt nicht für Börsengänge, wurde aber in der Praxis bei De-Spacs, weil diese technisch gesehen keine Börsengänge sind, zugrundegelegt. Das hat einen Börsengang im Wege des Zusammenschlusses mit einem Spac gerade für junge, noch nicht etablierte Unternehmen, die keine Umsatzhistorie vorweisen können und sich für ihre Vermarktung auf Prognosen stützen müssen, attraktiv gemacht. Dieser Vorteil der Spacs könnte nun beseitigt werden.
Und schließlich sollen die amerikanischen Haftungsregeln für Börsengänge künftig auch De-Spac-Zielgesellschaften und deren leitende Angestellte erfassen. Für Emissionsbanken würde sich das Risiko in ähnlicher Weise erhöhen, da diese dann einer Mithaftung für De-Spac-Prospektangaben unterliegen, wenn sie sowohl beim Spac-Börsengang als auch beim De-Spac beraten. Das Spac-Management müsste zudem im Rahmen des De-Spac eine Erklärung abgeben, dass die De-Spac-Transaktion und deren finanzielle Bedingungen den Spac-Aktionären gegenüber fair sind. In der Praxis erfordert dies wohl eine Fairness Opinion einer Investmentbank.
Entwurf umstritten
Die interessierte Öffentlichkeit kann nun zu den Vorschlägen der SEC Stellung nehmen. Der Entwurf war allerdings auch innerhalb der SEC umstritten, vor allem was die Haftungsregeln betrifft. Es ist also nicht sicher, ob und in welcher Form die vorgeschlagenen Neuregelungen rund um Spacs geltendes Recht werden.
Da die große Masse der derzeit aktiven Spacs spätestens im Jahr 2023 einen De-Spac zum Abschluss bringen muss, sollten deutsche Unternehmen, die von amerikanischen Spacs angesprochen werden, sich vor tiefergehenden Verhandlungen mit dem Spac zum aktuellen Stand der SEC-Reformen informieren. Bei aller Skepsis gegenüber Spacs bleibt zu konstatieren, dass diese jungen Unternehmen in Deutschland dringend benötigtes Risiko- und Wachstumskapital zur Verfügung stellen können.
*) Dr. Philipp Tamussino ist Partner und Dr. Jan Friedeborn Rechtsanwalt von Covington & Burling in Frankfurt am Main.