Musks politische Aktivitäten lasten schwer auf Tesla
Musks politische Aktivität lastet schwer auf Tesla
xaw New York
Der Pionier am E-Automarkt steckt in einer schweren Reputationskrise – mit erheblichen Auswirkungen auf das operative Geschäft: Der Nettogewinn von Tesla ist im ersten Quartal um 71% auf 409 Mill. Dollar eingebrochen, nachdem sich zahlreiche Kunden in Reaktion auf das Vorgehen Elon Musks innerhalb der Administration von Präsident Donald Trump von der Marke abgewandt haben. Der um aktienbasierte Vergütungen, Verluste aus Kryptopositionen und den Rückerwerb von Minderheitsbeteiligungen bereinigte Gewinn pro Aktie lag mit 27 Cent deutlich unter den an der Wall Street herumgereichten Prognosen von 41 Cent. Die im Sektor einst neidvoll beäugte operative Marge von Tesla, vor drei Jahren noch bei 19,2%, ist inzwischen auf 2,1% abgestürzt.

Die Abwärtsspirale bei der Profitabilität begann schon, bevor Musk als Leiter des von Trump geschaffenen Department of Government Efficiency (DOGE) zum von Verfassungsrechtlern kritisierten Spar-Zar Washingtons aufstieg. Denn der E-Autobauer sucht einer allgemein schleppenden Nachfrage nach E-Autos seit mehreren Quartalen durch umfangreiche Rabatte zu begegnen. Doch hat sich der Negativtrend zuletzt noch beschleunigt, da Musk seinen verbleibenden Kredit beim progressiven Publikum an den US-Küsten, der eigentlichen Kernkundengruppe von Tesla, verspielt hat.
Marktanteil an Küsten sackt ab
Im größten Elektroautomarkt der USA, Kalifornien, ist der Marktanteil des Musk-Unternehmens laut dem Autohändler-Verband California New Car Dealers Association auf 44% gefallen, nachdem er im Vorjahreszeitraum noch bei 56% lag. Global sackte der Tesla-Absatz im ersten Quartal um 13% auf 336.000 Fahrzeuge ab. Der Umsatz gab um 9% auf 19,34 Mrd. Dollar nach, wobei die Stärke im Geschäft mit Energiespeicherlösungen, die Service-Sparte und der Handel mit Emissionsgutschriften schlimmere Abstürze noch verhinderten. Die reinen Automobilerlöse fielen um 20% auf 13,97 Mrd. Dollar.
Investoren und Analysten wie Dan Ives von Wedbush Securities fordern nun, Musk solle seine Arbeit für Trump beenden und sich auf seine Unternehmen konzentrieren. Im Rahmen der Zahlenvorlage zum ersten Quartal kündigte der Milliardär an, ab dem kommenden Monat deutlich weniger Zeit mit seinen Bemühungen um Einsparungen im Regierungsgapparat verbringen zu wollen. Gegenüber seinen Kritikern schlug er aber erneut trotzige Töne an. „Ich glaube, dass es das Richtige ist, die Verschwendung und den Betrug zu bekämpfen und zu versuchen, dieses Land wieder auf den richtigen Weg zu bringen", sagte der CEO in einer Analystenschalte am Dienstag.

Verfassungsrechtler und demokratische Senatoren wie Elizabeth Warren (Massachusetts) mahnen, dass das politische Engagement des Milliardärs mit massiven Interessenskonflikten behaftet sei und er seine Stellung zum Vorteil seiner Unternehmen ausnutze. So habe er Einblicke in die Zahlungsinfrastruktur der Federal Reserve erhalten und könne diese zum Aufbau eines Payment-Features für seinen Kurznachrichtendienst X verwenden, an dem er angeblich feilt.
Auch setzten Musks Anwälte zuletzt wohl das Werbekonglomerat Interpublic Group unter Druck. Der Agenturverbund versteht die Drohungen so: Entweder er rege seine Klienten, von denen viele sich nach einer Antisemitismus-Kontroverse um und öffentlichen Beleidigungen durch Musk von X zurückgezogen hatten, zu einem lockereren Ausgabeverhalten auf der Plattform an – oder Trump könne einen angekündigten, milliardenschweren Merger mit der Konkurrentin Omnicom Group torpedieren. Im Februar machten Insiderberichte die Runde, gemäß denen Interpublic einen neuen Deal mit X geschlossen hat, der sich auf Werbeausgaben von Kunden beziehen soll.
Kredit bei Republikanern verspielt
In den USA und Europa ist Tesla aufgrund dieser Entwicklungen zum Gegenstand von Protesten, Filialen und Ladestationen des Unternehmens zum Ziel von Vandalismus und Brandanschlägen geworden. Unterdessen hat der reichste Mensch der Welt in den vergangenen Wochen sowohl bei seinen ohnehin verstimmten Investoren als auch innerhalb der republikanischen Partei viel Kredit verspielt.
Insbesondere der Fehlschlag bei der Wahl zum Obersten Gerichtshof des Bundesstaats Wisconsin löste zu Monatsbeginn Unmut aus. Die liberale Richterin Susan Crawford setzte sich dabei gegen ihren konservativen Konkurrenten Brad Schimel durch. Musk erklärte die Postenbesetzung im Vorfeld zur Entscheidung über „die Zukunft der Zivilisation“, er und mit ihm verbündete Gruppen gaben mehr als 23 Mill. Dollar für Schimels Wahlkampf aus. Auf demokratischer Seite wandte der größte Spender George Soros lediglich 2 Mill. Dollar auf. Doch republikanische Kommentatoren um den ehemaligen Trump-Berater Steve Bannon schimpfen, dass Musks Kampagne kontraproduktiv gewesen sei.
Wähler gegen Milliardär
Schließlich haben 58% der Wähler in Wisconsin laut einer im Februar veröffentlichten Umfrage der Universität Marquette ein negatives Bild von dem Milliardär, unter Demokraten sind es sogar 97%. Politbeobachter machen seine kontroversen öffentlichen Auftritte und Aussagen – auf X liebäugelte Musk unter anderem mit antisemitischen Verschwörungstheorien – dafür verantwortlich, dass gegenüber dem jüngsten Urnengang für das State Supreme Court im Jahr 2023 über 500.000 mehr Wähler ihre Stimmen abgaben. Im umkämpften Brown County, in dem Trump bei den Präsidentschaftswahlen im November den Sieg davontrug und in dem Musk noch kurz vor dem Wahltag auftrat, setzte sich diesmal die liberale Crawford durch.
Bereits Anfang April kursierten daher Berichte über einen bevorstehenden Rückzug Musks aus der Trump-Administration – zumal der Milliardär die vom US-Präsidenten verhängten Strafzölle offen kritisiert hat. In der Analystenschalte am Dienstag seufzte Musk schwer, bevor er sich zu Washingtons Handelskrieg äußerte. Er werde weiterhin gegen die „Tariffs“ argumentieren, sagte der CEO. „Ich möchte allerdings klarstellen, dass die Entscheidung über Strafzölle ganz Sache des Präsidenten der Vereinigten Staaten ist“, schickte er allerdings hinterher. „Ob er auf meine Ratschläge hört, liegt ganz bei ihm.“
Kostenanstiege „nicht trivial“
Wenngleich Tesla ihre in den USA verkauften Autos im Inland produziert, ächzt das Unternehmen ebenso wie die Konkurrenz um Ford und General Motors unter Kostenanstiegen. Musk betonte bereits unmittelbar auf Trumps Strafzoll-Ankündigung Ende März, „dass Tesla hier nicht ungeschoren davonkommt“. Die Strafzölle beträfen schließlich auch Teile und Rohstoffe, die Tesla auch bei heimischer Produktion aus anderen Ländern importieren müsse. „Der Kosteneffekt ist nicht trivial“, sagte Musk damals.
Bei der aktuellen Zahlenvorlage schob das Unternehmen nach, die Lieferketten stünden bereits unter Druck. Tesla importiert einige der in ihren Wagen verbauten Batteriezellen aus China, will diese künftig aber wohl innerhalb der USA beziehen. Der Handelskrieg und ein „Wandel in der politischen Stimmung“ könne auf der Nachfrage nach seinen Fahrzeugen lasten, teilte der E-Autobauer mit. Daher werde Tesla ihre Absatzprognosen für 2025 auf den Prüfstand stellen und im Rahmen der Veröffentlichungen zum zweiten Quartal ein Update geben.

Nachdem das Unternehmen im Gesamtjahr 2024 noch den ersten Rückgang seiner Auslieferungen seit über einem Jahrzehnt verkraften musste, hatte Musk für den aktuellen Turnus ursprünglich wieder deutliche Steigerungen in Aussicht gestellt. Analysten werteten dies aber von Beginn an als äußerst optimistische Vorgabe. Denn das Unternehmen kommt bei Bemühungen, die veraltete Produktpalette aufzufrischen, nur graduell voran: Der Produktionsstart der neuen, günstigeren Variante des Verkaufsschlagers Model Y, die Tesla im Januar vorstellte, verzögert sich wohl auf Ende des laufenden oder Anfang des kommenden Jahres.
Die genauen Gründe sind unklar, doch verweisen Insider darauf, dass der E-Autobauer den Anteil der innerhalb der USA hergestellten Teile möglichst weit hochfahren will, um sich gegenüber den Effekten von Trumps Zöllen zu schützen. Laut Analysten trägt die Verzögerung zusätzlich zur Absatzschwäche bei, da einige Autokäufer auf das neue, frischere Model Y warteten, statt die aktuell vertriebene Variante zu kaufen.
Neue Erlöstreiber erhofft
Anleger hoffen zudem auf weitere neue Erlöstreiber. Neben der Robotaxi-Flotte von Tesla, deren erste Vertreter im Juni im texanischen Austin an den Start gehen sollen, und einer gerade lancierten günstigeren Variante des Cybertruck sorgt dabei insbesondere ein in Aussicht gestelltes Massenmarkt-Elektroauto für anhaltende Spekulationen. Einst war dessen Start für das erste Halbjahr 2025 angepeilt, nun herrscht weiter Unklarheit. Nach den zahlreichen Enttäuschungen der vergangenen Jahre zweifeln Analysten und Anleger zunehmend an der Belastbarkeit von Musks Zeitplänen. Nun hält sich die Hoffnung, dass zumindest günstigere Varianten bereits veröffentlichter Modelle den Absatz stützen – und der CEO sich wieder stärker auf sein Unternehmen konzentriert.