Industriekonzern

Thyssenkrupp unter Ergebnisdruck

Die hohen Preise des Vorjahres sind passé. Thyssenkrupp kämpft mit Druck auf den Ergebnissen. Und beim Börsengang der Wasserstoff-Tochter Nucera heißt es weiter abwarten.

Thyssenkrupp unter Ergebnisdruck

ak Köln – Thyssenkrupp ist im Rückwärtsgang ins neue Geschäftsjahr gestartet. Der Auftragseingang ging im ersten Quartal um 12% zurück, das operative Ergebnis fiel um ein Drittel geringer aus als in der Vorjahreszeit. Die Einbußen kamen nicht unerwartet; der Konzern hatte bereits im November einen sehr gedämpften Ausblick auf das Jahr 2022/23 (30. September) gegeben. Dennoch brach der Aktienkurs am Dienstag ein. Die Thyssenkrupp-Titel lagen mit einem Minus von 10% am MDax-Ende.

Sinkende Preise im Werkstoffgeschäft haben die Konzernzahlen stark beeinflusst. Der bereinigte operative Gewinn in dem Segment, das im Vorjahr noch Hauptergebnisträger gewesen war, fiel von 219 auf 20 Mill. Euro zusammen. Unter Druck gerieten die Preise vor allem im europäischen lagerführenden Werkstoffhandel sowie im Streckengeschäft, wie Thyssenkrupp im Zwischenbericht mitteilte.

Den Ergebniseinbruch der Sparte konnte auch Steel Europe trotz eines kräftigen Ergebnisanstiegs auf bereinigte 177 Mill. Euro nicht wettmachen. Darin enthalten ist erstmals die Bewertung von CO2-Termingeschäften. Deren positive Effekte – laut einer Sprecherin waren es 80 Mill. Euro – überkompensierten laut dem Zwischenbericht steigende Rohstoff- und Energiekosten sowie geringere Mengen. Mit Beginn des laufenden Geschäftsjahres hat Thyssenkrupp das Hedge Accounting für CO2-Termingeschäfte aufgegeben und zieht Marktschwankungen jetzt durch die Gewinn-und-Verlust-Rechnung.

Deutlich stärker im Minus als im Vorjahr bewegte sich mit –17 Mill. Euro das bereinigte operative Ergebnis von Multi Tracks – dem Segment, in dem Thyssenkrupp verschiedene Randaktivitäten gebündelt hat. Zwei Geschäfte befinden sich daraus im Verkaufsprozess: Für Automation Engineering liefen Gespräche mit potenziellen Kaufinteressenten, hieß es. Für Springs & Stabilizers sei der M&A-Prozess gestartet worden.

Der Teilbörsengang der Wasserstoffsparte Nucera ist für Thyssenkrupp immer noch aktuell. Das sei nach wie vor ganz klar die Strategie, sagte Finanzchef Klaus Keysberg in einer Telefonkonferenz. Thyssenkrupp will bei einem IPO die Mehrheit an der früheren Uhde Chlorine Engineers behalten. Der Konzern hatte die Börsenpläne im Juni vergangenen Jahres vertagt. Der Grund, warum das IPO bisher nicht stattgefunden habe, sei „einzig und allein das Börsenumfeld“, betonte Keysberg. „Wir beobachten das Börsenumfeld ganz genau. Es geht darum, welche Investoren welche Bereitschaft zeigen.“ Da sei man in Gesprächen. „Wir könnten auf Knopfdruck morgen loslegen.“

Jahresprognose bestätigt

Für das Gesamtjahr bestätigte der Vorstand die im November lancierten Finanzziele. Beim Umsatz rechnet der Vorstand mit einem deutlichen Rückgang. Das Gleiche gilt für das bereinigte Ebit, das von gut 2 Mrd. Euro auf einen mittleren bis hohen dreistelligen Millionenbetrag sinken soll. Auch hier kann Thyssenkrupp nicht weiter von den hohen Preisen bei Material Services und Steel Europe wie im Vorjahr profitieren. Beim viel beachteten Free Cashflow vor M&A will der Konzern mindestens einen ausgeglichenen Wert schaffen. Im ersten Quartal war er mit −365 Mill. Euro noch klar negativ, aber stark verbessert gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Allerdings erwartet der Vorstand im zweiten Quartal hier eine Seitwärtsbewegung. Auf der Ergebnisseite soll es im zweiten Quartal im Vergleich zum Jahresauftakt noch einmal runter gehen, bevor es in der zweiten Jahreshälfte gemäß Thyssenkrupp besser werden soll.

Finanzchef Keysberg sprach bei der Zahlenvorlage von einigen ermutigenden Signalen. Zum Start ins Jahr hätten die Industriekunden ihre Läger geleert, die Preise für die noch abgesetzten Mengen seien gleichzeitig gesunken. Seit dem Jahreswechsel jedoch gebe es Anzeichen steigender Spotpreise und für ein leichtes Anziehen der Mengen. Die Kunden bereiteten sich offensichtlich darauf vor, für den Rest des Jahres liefer­fähig zu sein. „Vor zwei Monaten wäre ich wahrscheinlich negativer gewesen, was die Stimmung an­geht“, sagte Keysberg.