Vonovia startet Übernahmefinanzierung
Von Annette Becker, Köln
Noch vor dem offiziellen Start des Übernahmeangebots für Deutsche Wohnen (DW) hat Vonovia, Deutschlands größter Wohnimmobilienkonzern, mit der Finanzierung der Transaktion begonnen. Insgesamt sammelten die Bochumer am Bondmarkt 4 Mrd. Euro ein, wie mitgeteilt wird. Es handelt sich damit um die größte Bondemission, die je am Immobilienmarkt weltweit getätigt wurde.
Die durchschnittliche Verzinsung der Anleihen mit einer durchschnittlichen Laufzeit von 9,5 Jahren beläuft sich auf 0,6875 %. Zum Vergleich: Bislang lag die durchschnittliche Verzinsung der Finanzschulden von gut 24 Mrd. Euro bei 1,4 % bei einer Laufzeit von im Schnitt acht Jahren. Das Angebot war nach den Angaben mit Orders über knapp 18 Mrd. Euro 4,5-fach überzeichnet. Dabei überstieg die Nachfrage das Angebot in allen fünf Tranchen, selbst die 20-jährige Anleihe war nach Firmenangaben vierfach überzeichnet. Es waren 350 Investoren am Start, darunter die EZB, die für 30 bis 40 % des Orderbuchs stand.
Federführend ließ sich Vonovia von Morgan Stanley, Société Générale und Bank of America begleiten. Die Banken stellen auch die Brückenfinanzierung. Vonovia platzierte fünf Tranchen mit Laufzeiten zwischen drei und 20 Jahren. Der Bond mit der kürzesten Laufzeit (3,25 Jahre) und einem Volumen von 500 Mill. Euro trägt einen Nullzins-Kupon.
Ende Mai hatte Vonovia die Übernahme von DW, der Nummer 2 im Markt, für 52 Euro je Aktie angekündigt. Noch im Juni soll das öffentliche Angebot starten. Zur Finanzierung der gut 28 Mrd. Euro (inklusive Schulden) schweren Transaktion – allein für das Eigenkapital werden 16 Mrd. Euro fällig – hatten sich die Bochumer eine Brückenfinanzierung von knapp 22 Mrd. Euro besorgt.
Gemäß der Präsentation anlässlich der Übernahme hatte Vonovia angekündigt, zur Ausfinanzierung der Brückenfinanzierung auf Bonds von 6 bis 8 Mrd. Euro zurückgreifen zu wollen. In dieser Rechnung ist unterstellt, dass 90 % der DW-Aktionäre ihre Aktien andienen. Da aber noch nicht klar ist, wie groß der Zuspruch ausfällt, hat Vonovia Vorsicht walten lassen und sich vorerst nur so viel Liquidität beschafft, wie auch zur Refinanzierung oder für Investitionen ausgegeben werden kann. Der Umkehrschluss: Sollte der Deal fliegen, wird Vonovia weitere Milliarden am Bondmarkt einsammeln.
Dickere Bretter gilt es bei der geplanten Kapitalerhöhung zu bohren, will Vonovia im Wege einer Bezugsrechtsemission doch bis zu 8 Mrd. Euro einsammeln. Auch damit würde ein Rekord geschrieben. Es wäre die größte Kapitalerhöhung in der Immobilienbranche weltweit und in Ansätzen vergleichbar mit der Kapitalerhöhung, die Bayer zur Finanzierung der Monsanto-Übernahme durchführte. Bayer musste damals einen Abschlag von 20 % akzeptieren. Bei Vonovia hält man sich allerdings zugute, dass die mit der Übernahme ausgelöste Kursdelle inzwischen mehr als ausgebügelt ist.
Die Kapitalmaßnahme ist allerdings erst für die zweite Jahreshälfte vorgesehen, nach Abschluss der Übernahmeofferte. Der Umfang wird davon abhängen, wie groß der Zuspruch der DW-Investoren zur Fusion ausfällt. Vonovia macht für die Übernahme eine Mindestannahmequote von 50 % zur Bedingung.
Die Kapitalmaßnahme ist erforderlich, um die Verschuldung wieder in den Zielkorridor von 40 bis 45 % zurückzubringen und das Rating nicht zu gefährden. Von S&P verfügt Vonovia praktisch seit dem Börsengang über ein Emittentenrating von „BBB+“. Scope kam Ende 2019 dazu und benotet mit „A–“. Mit der Ankündigung der Übernahme von DW hat zudem Moody’s die Bewertung aufgenommen, ebenfalls mit „A–“ bei stabilem Ausblick. Die hohe Nachfrage für die neuen Bonds wertet Vonovia als Vertrauenssignal für die Übernahme. Mit künftig über 500 000 Wohnungen rangiert Vonovia unter Europas Wohnungskonzernen mit weitem Abstand an der Spitze.
Derweil mischt nun auch der umtriebige Milliardär Paul Singer mit seinem Hedgefonds Elliott bei der geplanten DW-Übernahme mit. Laut einer Stimmrechtsmitteilung kontrolliert Singer gut 3% der Anteile von DW. Singer ist dafür bekannt, sich bei Unternehmen einzukaufen, die übernommen werden sollen, um dann einen höheren Preis zu fordern.