Markteinschätzung

Comeback für den Rentenmarkt

Der Rentenmarkt bietet inzwischen wieder auskömmliche Erträge, sagt Christian Kopf von Union Investment. Die Inflation gehe 2023 zurück, und der Zinszyklus nähere sich dem Ende. Aktien blieben langfristig attraktiv.

Comeback für den Rentenmarkt

wrü Frankfurt

„Nach dem Kursrutsch bietet der Rentenmarkt erstmals seit langem die Aussicht auf mittelfristig auskömmliche Erträge“, erklärte Christian Kopf, Leiter Portfoliomanagement Renten bei Union Investment, vor der Presse in Frankfurt. Institutionelle Investoren mit hohen Verpflichtungen gegenüber Kunden wie Versicherer und Pensionskassen kehrten daher als Käufer zurück. „Die deutlich gestiegenen Kupons bieten wieder eine Schutzfunktion gegen Kursverluste“, erläutert Kopf. Das ebne institutionellen Anlegern wieder verstärkt den Weg zurück in ihre traditionelle Kernanlageklasse. Aber auch für private Anleger sei aufgrund des gestiegenen Renditeniveaus und der Aussicht auf sinkende Inflationsraten eine breit gestreute Rentenanlage über Fonds wieder eine interessante Option.

Für die hohen Verluste von rund 16,5% bei Euro-Staatsanleihen in den ersten drei Quartalen dieses Jahres sei vor allem die Turbo-Zinswende der Notenbanken verantwortlich. So agiere die EZB, nachdem ihre Inflationsprognosen versagt hätten, nicht mehr nach dem Motto „Whatever­ it takes“, sondern gemäß jüngsten Äußerungen von Chefvolkswirt Philip Lane nach dem Motto „Wherever it will take us.“ Für die EZB und die Fed stehe jetzt die Bekämpfung der Inflation um jeden Preis im Mittelpunkt. Dies berge natürlich auch die Gefahr, dass die Notenbanken zu stark straffen.

Bei dem Renditeanstieg am Rentenmarkt handele es sich um eine strukturelle Trendwende, die zu einer Welt von höheren Inflationsraten und damit höheren Zinsen und Renditen führe. Allerdings habe bereits über alle Bonitätsklassen hinweg ein massiver Renditeanstieg stattgefunden. So sei zum Beispiel die Rendite von Unternehmensanleihen mit Investment-Grade-Einstufung von 0,5% zu Jahresbeginn auf rund 4% gestiegen. Die Rückkehr der Inflation mache es wieder attraktiv, über eine aktive Auswahl und diversifiziert in Anleihen zu investieren, selbst wenn die Märkte noch schwankungsanfällig blieben.

Union Investment geht davon aus, dass sich der Inflationsdruck im Jahr 2023 deutlich abschwächt. Die US-Inflation­ sei bereits am Höhepunkt, der Euroraum folge später. Nach und nach fielen die Monate mit starken Preissteigerungen im Energie- und Rohstoffbereich aufgrund von Basiseffekten aus der Statistik heraus. Die Fed werde ihren Leitzins bis Ende dieses Jahres auf 4,25% bis 4,5% anheben und 2023 und 2024 nicht weiter straffen. Höchstens sei noch eine Anhebung im ersten Quartal möglich. „Der Zinszyklus nähert sich dem Ende“, sagte Kopf. Für die EZB erwartet Union Investment eine Anhebung des Einlagesatzes in diesem Jahr auf 2,25% und eine Anhebung im ersten Quartal 2023 auf 2,75%. „Dann sind wir durch, das wird es dann gewesen sein.“

In Europa preise der Anleihemarkt einen zu starken Anstieg der Leitzinsen ein. Dem liege eine zu optimistische Sicht der Notenbank auf die Wirtschaftsentwicklung im Euroraum zugrunde. Laut Union Investment befinden wir uns bereits in der Rezession, für den Euroraum erwartet der Assetmanager eine Schrumpfung der Wirtschaft 2023 um 1,0% und in Deutschland um 1,4%. Vor diesem Hintergrund böten Euro-Kern-Staatsanleihen mit ihren höheren Kupons einen guten Puffer gegen mögliche Kursverluste.

„Trotz alledem – die Aktienanlage bleibt attraktiv“, so lautete der Impulsvortrag von Benjamin Gärtner, Leiter Aktienfondsmanagement. Union Investment sei zwar bei Aktien immer noch defensiv positioniert, doch gelte es auch in schwierigen Zeiten immer die Chancen der Aktienanlage im Blick zu haben. Derzeit seien die Aktienmärkte auf der Suche nach einem „new normal“, die Verluste in diesem Jahr seien extrem hoch und auch die Risikoprämien seien deutlich gestiegen. „Wir müssen Geduld haben am Aktienmarkt“, erklärte Gärtner. Denn die Unternehmen hätten per saldo am Aktienmarkt immer geliefert, daher lohne sich ein langfristiges Engagement. „Krisen sind am Aktienmarkt immer auch Chancen“, diese Aussagen verdeutlichte der Aktienexperte nicht zuletzt mit einer Grafik. Als langfristiger Ertragsbringer seien Aktien in Zeiten hoher Inflation unverzichtbar.

Gewinndynamik intakt

Bei Aktien werde erst eine zu hohe Inflation zum Problem, weil dann steigende Risikoprämien die Inflation drückten. Komme die Inflation also in einen Bereich von bis zu 5% zurück, sei dies positiv zu werten.

Gärtner zeigte auf, wie stark die Bewertungen in diesem Jahr bis-her unter Druck standen. So werde der Euro Stoxx inzwischen lediglich mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 9,9 und der Dax mit einem KGV von 9,6 bewertet. Dem stehe gegenüber, dass die Gewinndynamik der Unternehmen weitgehend intakt sei. Dies sei auf eine hohe Preissetzungsmacht vieler Unternehmen zurückzuführen.

Auch in Europa fielen die Gewinne nicht zurück. „Der Aktienmarkt ist kein guter Repräsentant der Ökonomie“, sagte Gärtner, an der Börse seien vor allem größere Unternehmen notiert. 50% der Umsätze dieser Firmen würden außerhalb Europas generiert, und der schwache Euro stütze die Gewinne. Doch gelte es genau nach Branchen und einzelnen Unternehmen zu unterscheiden.