Enorme Erleichterungsrally an den Aktienmärkten
Auch der deutsche Aktienmarkt hat am Donnerstag mit großer Erleichterung auf die überraschende Kehrtwende Donalds Trumps zumindest in Teilen seiner Handelspolitik reagiert. Der Dax verzeichnet eine beeindruckende Rally. Zum Mittag verzeichnete er einen Anstieg von 5,1% auf 20.677 Punkte. In der Spitze erreichte er 21.300 Punkte, womit er aber nach wie vor um mehr als 2.000 Indexpunkte unter seinem Allzeithoch von 23.476 steht. Der Euro Stoxx 50 kletterte um 5,1% auf 4.857 Zähler.
Infineon heben ab
Im Dax zeigten sich Werte, die unter einem internationalen Handelskrieg besonders stark leiden würden, sehr fest. So verzeichneten Infineon einen Kurssprung von 10,4% auf 26,87 Euro. Adidas kletterten um 9,3% auf 103,50 Euro. Zalando legten um 7,9% auf 32,34 Euro zu und Deutsche Bank um 8,7% auf 19,51 Euro.
Größter Apple-Tagesgewinn seit 27 Jahren
Zuvor hatte bereits Wall Street den Teilrückzug Trumps gefeiert. Der wichtigste chinesische Benchmark-Index S&P 500 sprang um 9,5% auf 5.457 Punkte. Der technologielastige Nasdaq Composite zog sogar um 12,2% auf 17.125 Punkte an. Die Aktie des von den Zöllen besonders dramatisch getroffenen iPhone-Herstellers Apple verzeichnete den größten Tagesgewinn seit 27 Jahren. Sie legte um 15,3% zu. Apple stellt 90% seiner iPhones in China her. Bemühungen, die Produktion nach Indien zu verlegen, haben sich bislang vor allem aufgrund des niedrigsten Ausbildungsniveaus indischer Arbeitskräfte als weitgehend gescheitert erwiesen mit Ausschussraten in den Fabriken von bis zu 50%.
Nikkei extrem fest
In Asien zeigten sich vor allem die japanischen Anleger erleichtert. Der Nikkei 225 legte um stolze 9,1% auf 34.609 Yen zu. Der südkoreanische Kospi zog um 6,6% an. In China blieben die Marktreaktionen auf die weitere Anhebung der US-Zölle auf Importe aus dem Reich der Mitte zurückhaltend. Der Blue-Chip-Index CSI 300 kam auf ein Plus von 1,3 auf 3.735 Punkte.
Euro zeigt sich robust
Am Devisenmarkt waren die Reaktionen deutlich, aber nicht extrem. Der Dollar-Index, der die Entwicklung der US-Devise gegenüber den Währungen der sechs wichtigsten Handelspartner der USA misst, ermäßigte sich um 0,7%. Der Euro kam auf einen recht ausgeprägten Anstieg von 0,78% auf 1,1042 Dollar. Die japanische Währung zog um 1% auf 146,19 Yen je Dollar an.
Deutsche Bank: Trump reagiert auf Märkte
Nach Einschätzung von George Saravelos, Devisenchef der Deutschen Bank in London, hat Trump eingeräumt, dass er die Lage am amerikanischen Bondmarkt beobachte. Die US-Administration signalisiere nun endlich, dass sie auf die extremen Marktkonditionen bei US-Bonds reagiere. Saravelos geht nun davon aus, dass es keine Rückkehr so einem solch extremen Politik-Mix der US-Regierung geben werde. Es sei nun wahrscheinlicher, dass Washington Verhandlungslösungen in der Handelspolitik auch auf anderen Gebieten akzeptiere und es sei auch wahrscheinlicher, dass die US-Regierung künftig auf den Druck der Märkte reagiere.
Schaden bereits eingetreten
Allerdings sei der Schaden bereits geschehen. Selbst wenn die Zölle permanent außer Kraft gesetzt würden, sei bereits Schaden verursacht durch den nachhaltigen Eindruck, dass die US-Politik unvorhersehbar sei. Dieser Schaden betreffe auch die Bereitschaft ausländischer Investoren, das externe Defizit der USA zu finanzieren. Der Dollar und der amerikanischen Fixed-Income-Markt werde von nun an viel sensitiver auf Entscheidungen der US-Regierung reagieren. Dem Greenback sei damit eine weitergehende Schwäche vorgezeichnet. Zudem würden die Ereignisse der vergangenen Wochen die anstehenden Verhandlungen über Handelsbeziehungen auf Jahre hinaus prägen. An allen Fronten gebe es das Bedürfnis, erine größere strategische Unabhängigkeit von den USA zu erreichen.
Saravelos hofft, dass es aus Washington und Peking nun stärkere Signale gebe, dass ein über den Handelsstreit hinausgehender regelrechter Finanzkrieg vermieden werden soll. In den kommenden 90 Tagen − die Zeitspanne, für die Zollerhöhungen für die meisten Länder ausgesetzt wurden − sei es wichtig, genau zu beobachte, wie sich der starke Druck der Trump-Administration auf andere Länder entwickele, eine Zoll-Mauer gegen China zu errichten. Je höher die Zölle von Drittländern gegen China ausfallen würden, desto größer sei das Risiko einer chaotisch verlaufenden Eskalation der Auseinandersetzung der beiden Großmächte.
Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen zog um 6 Basispunkte (BP) auf 2,637% an. Sie reagierte damit auch darauf, dass sich CDU/CSU und SPD auf einen Koalitionsvertrag einigen konnten. Die zinsreagiblere Rendite zweijähgriger deutscher Staatspapiere kletterte sogar um 12 BP auf 1,828%.
Skepsis am Ölmarkt
Der Brent-Ölpreis gab um 3% auf 63,54 Dollar je Barrel nach. Er gab damit seinen Anstieg vom Vortag von rund 4% wieder weitgehend ab, was signalisiert, dass man am Ölmarkt nicht davon ausgeht, dass der Handelskrieg und seine Folgen für die weltweite Ölnachfrage bereits ausgestanden sind.