„Für Nvidia ist noch genug Luft nach oben“
Im Interview: Frank Schwarz
„Für Nvidia ist noch genug Luft nach oben“
Aktienexperte setzt weiter auf KI – Fünf großen Gewinnern stehen auch Verlierer gegenüber
Fondsmanager Frank Schwarz von Mainfirst sieht den Hype rund um das Thema KI noch längst nicht am Ende. Im Interview der Börsen-Zeitung erklärt Schwarz, dass es auch in diesem Bereich Verlierer geben wird und welche fünf Unternehmen er als große KI-Gewinner sieht.
Herr Schwarz, KI bewegt die Aktienmärkte. Nachdem die Branche lange die Rally angetrieben hat, gab es zuletzt Anfang August und auch Anfang September empfindliche Rücksetzer. Wie schätzen Sie die weitere Entwicklung ein?
Langfristig betrachtet, bleibt die Nachfrage nach KI-Technologien stark. Die potenziellen Anwendungen und Effizienzgewinne bieten branchenübergreifend ein enormes Wachstumsfeld. Anleger müssen jedoch differenzieren: Es wird Gewinner und Verlierer geben. Unternehmen, die ihre Geschäftsmodelle auf nachhaltige Weise mit KI skalieren können, dürften langfristig profitieren. Kurzfristig könnten jedoch weitere Schwankungen auftreten, da die Unsicherheiten über die Zinspolitik der Zentralbanken und die makroökonomischen Bedingungen die Märkte beeinflussen.
Sie glauben, dass fünf Aktien besonders von den Fortschritten der KI-Branche dominieren. Welche sind das?
Nvidia, Amazon, Microsoft, SK Hynix und Meta. Als führender Hersteller von Grafikprozessoren – GPUs –, die bei der KI-Verarbeitung eine zentrale Rolle spielen, profitiert Nvidia massiv von der steigenden Nachfrage nach KI-Infrastrukturen. Seine GPUs sind entscheidend für maschinelles Lernen und datenintensive Anwendungen. Amazon bietet über AWS – Amazon Web Services – Cloud-Dienste an, die KI-Lösungen für Unternehmen weltweit zugänglich machen. AWS investiert stark in KI-Innovationen und treibt so die Integration von KI in Unternehmen voran. Microsoft positioniert sich mit seiner Cloud-Plattform Azure und Partnerschaften wie der mit OpenAI als zentraler Akteur im KI-Bereich. Microsoft integriert KI in viele seiner Produkte und Dienstleistungen, was langfristig große Wettbewerbsvorteile schafft. SK Hynix ist durch seinen HBM3-Arbeitsspeicher besonders gut aufgestellt. Dieser Hochleistungsspeicher wurde speziell für GPUs wie die von Nvidia entwickelt, die für KI-Anwendungen unverzichtbar sind. HBM3 ermöglicht extrem hohe Datenraten, was für datenintensive KI-Anwendungen entscheidend ist. Und Meta investiert massiv in KI, um seine Plattformen wie Facebook und Instagram zu verbessern und das Metaverse weiterzuentwickeln. KI ist der Schlüssel zur Personalisierung von Inhalten und zur Automatisierung von Werbeprozessen, was Meta im Wettbewerb stärkt.
Die Nvidia-Aktie hat zuletzt die sehr hohen Erwartungen aber nicht mehr vollends erfüllen können. Wird da die Luft nach oben trotz der monopolartigen Stellung so langsam knapp?
Nein, trotz der jüngsten Marktkorrekturen ist für Nvidia noch genug Luft nach oben. Obwohl die Aktie in den vorigen 20 Monaten eine beeindruckende Performance verzeichnete und die Erwartungen sehr hoch sind, zeigen die fundamentalen Kennzahlen, dass das Wachstumspotenzial weiterhin stark ist und auch bleibt. Der Gewinn pro Aktie (EPS) und das Umsatzwachstum steigen kontinuierlich, was auf solide operative Ergebnisse und eine anhaltend hohe Nachfrage nach Nvidia-Produkten hindeutet. Ein weiterer entscheidender Faktor ist die hohe Nachfrage nach den neuen Blackwell-Chips, die speziell für KI-Anwendungen und Hochleistungsrechenzentren entwickelt wurden. Trotz Lieferengpässen bleibt die Nachfrage nach diesen Chips enorm, was Nvidias Marktstellung weiter festigt. Diese Chips bieten erhebliche Leistungsverbesserungen. Da Unternehmen weltweit ihre KI-Infrastruktur ausbauen, wird Nvidia durch die Produktion der Blackwell-Serie weiterhin von diesem Trend profitieren. Solange diese Wachstumstreiber intakt bleiben, besteht weiterhin Raum für Kursgewinne.
Microsoft sitzt durch die enge Partnerschaft mit OpenAI quasi an der Quelle der KI-Revolution. Für nicht weniger bedeutsam halten Sie, dass Microsoft KI-Anwendungen schon weitgehend in seine Produktpalette integriert hat. Rechnet sich das auch bereits?
Ja, Microsoft hat bereits damit begonnen, KI in seine Produktpalette zu integrieren. Die enge Partnerschaft und die erheblichen Investitionen in OpenAI haben dem Unternehmen einen enormen strategischen Vorteil verschafft, da es direkten Zugang zu einigen der fortschrittlichsten KI-Technologien auf dem Markt hat. Diese Technologien sind nicht nur zukunftsweisend, sondern teilweise auch bereits in bestehende Microsoft-Produkte integriert, wie etwa in Microsoft 365 mit den neuen KI-gestützten Funktionen wie Copilot. KI spielt aber auch eine zentrale Rolle in der Cloud-Plattform Azure, mit der Microsoft Unternehmen eine breite Palette von KI-Diensten anbietet, die von der Datenanalyse bis zur Automatisierung von Geschäftsprozessen reichen. Dieser Schritt hat Microsoft geholfen, seine Position als einer der führenden Anbieter von Cloud- und KI-Lösungen zu festigen. Langfristig kann der strategische Vorteil der OpenAI-Partnerschaft eine wichtige Rolle für Microsofts Wachstum spielen.
Neben den genannten Fünf haben Sie Anfang Juni als weitere zentrale KI-Akteure ASML, TSMC und Zscaler genannt. Wie sehen Sie diese Konzerne heute?
Für ASML stellen die zunehmenden Exportbeschränkungen, die von den USA in Bezug auf den Technologietransfer nach China gefordert werden, zweifellos eine Herausforderung dar. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass ASML ohnehin nur ältere Maschinen und die entsprechenden Wartungs- und Serviceleistungen an China verkaufen darf. ASML bleibt aufgrund seiner technologischen Monopolstellung im Bereich der EUV-Lithographie – also Extreme Ultraviolet Lithography – für die weltweite Chipproduktion unverzichtbar, da es das einzige Unternehmen ist, das diese hoch entwickelten Maschinen herstellt. TSMC, der weltweit größte Auftragsfertiger für Halbleiter, ist einer der Schlüsselkunden von ASML. TSMC ist bei der Herstellung der neuesten und leistungsstärksten Chips maßgeblich auf die fortschrittliche Lithografie-Technologie von ASML angewiesen. Taiwan bleibt somit eine zentrale Stütze für das Geschäft von ASML.
Hinzu kommt, dass Länder wie die USA, Japan und Südkorea ihre Bemühungen zum Ausbau eigener Halbleiterindustrien intensivieren und ASML für diese Märkte ein wichtiger Zulieferer bleibt. Langfristig dürfte die monopolartige Markt- und Technologieposition von ASML stark genug sein, um potenzielle Einbußen durch Exportrestriktionen nach China zu kompensieren.
TSMC gilt bei der Herstellung der KI-Chips quasi als unverzichtbarer Monopolist. Angesichts der Bedrohung Taiwans durch China vielleicht der größte Schwachpunkt in der KI-Entwicklungskette. Wie schätzen Sie die Risiken für Land und Aktie ein?
TSMC gilt in der Tat als unverzichtbarer Monopolist in der Herstellung fortschrittlicher KI-Chips, insbesondere für Unternehmen wie Nvidia, die auf die modernste Fertigungstechnologie angewiesen sind. Die geopolitische Lage Taiwans und die Bedrohung durch China stellen sowohl für das Land selbst als auch für die globalen Lieferketten ein Risiko dar. Allerdings kann die geopolitische Lage spieltheoretisch als eine Patt-Situation betrachtet werden. Ein militärischer Konflikt um Taiwan würde nicht nur das Risiko eines Weltkrieges in sich tragen, sondern auch die gesamte Weltwirtschaft – einschließlich der chinesischen – lahmlegen. Taiwan und TSMC sind Schlüsselakteure in der globalen Lieferkette, und eine Störung der Chipproduktion hätte weitreichende Folgen für Branchen weltweit, die auf diese Technologie angewiesen sind. Da auch China auf die Chips von TSMC angewiesen ist, um seine eigene wirtschaftliche und technologische Entwicklung voranzutreiben, kann es sich eine Eskalation gegen Taiwan kaum leisten, ohne sich selbst erheblich zu schaden. Diese gegenseitige Abhängigkeit sorgt dafür, dass sowohl China als auch andere Akteure ein großes Interesse daran haben, einen militärischen Konflikt zu vermeiden, um die Stabilität der Weltwirtschaft – und ihrer eigenen Volkswirtschaften – nicht zu gefährden. Zudem arbeitet TSMC aktiv am Aufbau von Produktionskapazitäten außerhalb Taiwans, etwa in den USA und Japan, um die Risiken weiter zu streuen.
Im Gegensatz zu den anderen genannten Unternehmen ist Zscaler sicherlich ein Name, der nicht jedem Anleger geläufig ist. Zuletzt enttäuschten die Cybersecurity-Experten mit ihrem Ausblick. Wie sehen Sie das Unternehmen heute?
Zscaler mag im Vergleich zu bekannteren Namen wie Microsoft oder Nvidia weniger geläufig sein, doch das Unternehmen spielt eine entscheidende Rolle im wachsenden Bereich der Cybersicherheit, der im Zuge der digitalen Transformation immer wichtiger wird. Zscaler fasziniert vor allem durch seine Cloud-basierte Sicherheitsplattform, die Unternehmen dabei unterstützt, ihre IT-Infrastrukturen zu schützen, insbesondere angesichts der zunehmenden Verlagerung in die Cloud.
Zscaler setzt auf ein Zero-Trust-Sicherheitsmodell, das nicht nur den Netzwerkzugang absichert, sondern auch Bedrohungen in Echtzeit erkennt und abwehrt. Dieser moderne Ansatz hebt sich von herkömmlichen, hardwarebasierten Sicherheitslösungen ab und macht Zscaler zu einem Vorreiter im Bereich der Cloud-Sicherheit.
Zusätzlich kann Zscaler in Zukunft stark von der Integration von KI profitieren. KI kann zur Verbesserung der Bedrohungserkennung und -abwehr eingesetzt werden, indem große Datenmengen in Echtzeit analysiert und potenzielle Risiken proaktiv identifiziert werden. Durch maschinelles Lernen können Sicherheitsprotokolle automatisch optimiert und gezielte Angriffe frühzeitig abgewehrt werden, was die Effektivität der Sicherheitslösungen weiter steigert. Obwohl der jüngste Ausblick enttäuschte, bleibt der langfristige Trend zur digitalen Transformation und der damit verbundene Bedarf an Cybersicherheit ungebrochen. Zscalers führende Position im Bereich der Cloud-Sicherheit und die Möglichkeiten, die sich durch den Einsatz von KI ergeben, machen das Unternehmen zu einem vielversprechenden Akteur mit großem Potenzial für die Zukunft.
Das Interview führte Tobias Möllers. Den Text in voller Länge lesen Sie auf www.boersen-zeitung.de