Grüne stellen sich bei Grundgesetzänderung quer
Grüne stellen sich bei Grundgesetzänderung quer
Partei- und Fraktionsspitze kritisieren „Spielgeld“ für Merz – Unionsspitze macht Weg für Koalitionsverhandlungen frei
wf Berlin
Die Grünen werden der von Union und SPD geplanten Grundgesetzänderung zur Lockerung der Schuldenbremse nicht zustimmen. Sie kündigten einen eigenen Gesetzentwurf an. Die Grünen stünden nicht zur Verfügung, die Wahlgeschenke von Union und SPD zu finanzieren, sagte Grünen-Co-Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann nach Gremiensitzungen von Partei und Fraktion vor der Presse in Berlin.
Wenig Zeit für Koalitionsverhandlungen
Die erste Lesung für die Grundgesetzänderung im Bundestag ist für Donnerstag geplant. Am selben Tag starten nach Angaben von Union und SPD auch die Koalitionsverhandlungen. Sie sind für zehn Tage in 16 Arbeitsgruppen angesetzt und sollen am 23. März beendet sein.
CDU/CSU und SPD benötigen die Grünen oder die FDP für eine Zweidrittelmehrheit, um zügig die Fiskalregeln im Grundgesetz zu lockern. Die Grünen kritisieren unter anderem, dass in den Plänen von Union und SPD Investitionen in den Klimaschutz bisher keine Rolle spielen. „Wer von uns eine Zustimmung haben möchte für mehr Investitionen, der muss auch zeigen, dass es tatsächlich um mehr Investitionen geht“, sagte die grüne Co-Fraktionschefin Katharina Dröge. „Wir stehen mit Sicherheit nicht für mehr Spielgeld zur Verfügung.“
Schwarz-Rot spricht mit Grünen und FDP
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann und SPD-Parteichef Lars Klingbeil kündigten unabhängig voneinander für den Montagabend Gespräche mit der Grünen an. Klingbeil zeigte sich zuversichtlich, „etwas gemeinsam hinzubekommen, hinter dem sich die demokratische Mitte des Landes versammeln kann“. Die Union will auch mit der FDP sprechen, nicht aber mit der Linken im Bundestag.
Lockerung der Fiskalregeln
In der Sondierung, die am Samstag zu Ende gegangen war, hatte sich Schwarz-Rot auf die Lockerung der Schuldenbremse verständigt. Kredite für Ausgaben aus dem Verteidigungsetat oberhalb von 1% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) sollen – zeitlich und der Höhe nach unbegrenzt – nicht mehr auf die Schuldenbremse angerechnet werden. Zudem soll mit einer Laufzeit von zehn Jahren ein kreditfinanziertes Sondervermögen von bis zu 500 Mrd. Euro für Infrastrukturinvestitionen neben der Schuldenbremse etabliert werden. Konkret wird es von der Kreditobergrenze der Schuldenbremse ausgenommen werden.
Von diesem Sondervermögen sind 100 Mrd. Euro für Investitionen der Länder reserviert. Laut dem Entwurf „kann der Bund aus dem Sondervermögen (...) auch Investitionen der Länder in deren Infrastruktur finanzieren“. Der Bund darf die „zweckentsprechende Mittelverfügung“ prüfen. Näheres regelt ein Bundesgesetz, wohl auch, wer die Zinskosten trägt. Schließlich sollen die Länder einen strukturellen Verschuldungsspielraum von 0,35% des BIP erhalten. Bislang liegt dieser bei null Prozent.
Forderungen aus den Bundesländern
Aus den Bundesländern mit grüner Regierungsbeteiligung hatten sich Mona Neubaur, Vize-Ministerpräsidentin und Wirtschaftsministerin in Nordrhein-Westfalen, Danyal Bayaz, Finanzminister in Baden-Württemberg, und der Bremer Finanzsenator Björn Fecker mit Bedingungen für die Zustimmung im Bundesrat gemeldet. Auch in der Länderkammer ist eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. Die Grünen-Politiker fordern, die Schwelle für nicht schuldenbremsenrelevante Kredite für Verteidigungsausgaben von 1,0% auf 1,5% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) hochzusetzen. Damit würde verhindert, dass rund 10 Mrd. Euro aus dem aktuellen Verteidigungshaushalt aus dem Bundeshaushalt herausverlagert und nicht mehr unter die Rgeln der Schuldenbremse fallen würden.
Länder fordern 200 Mrd. Euro
Zudem dringen die grünen Minister darauf, die Zusätzlichkeit der Infrastrukturinvestitionen aus dem Sondervermögen sicherzustellen. Sonst gäbe es „keine bessere Infrastruktur, aber höhere Schulden und Zinsen“. Sie verlangen, dass die Länder am Sondervermögen mit mindestens 200 Mrd. Euro partizipieren dürfen. Länder und Kommunen erbrächten 60% der Infrastrukturinvestitionen. „Ohne Berücksichtigung wichtiger Korrekturen halten wir das Gesetz für nicht zustimmungsfähig“, betonen sie.