Reform- und Entlastungspaket

Lindner will Potenzialwachstum bis 2028 verdoppeln

Finanzminister Christian Lindner hält eine Verdoppelung des Potenzialwachstums in Deutschland bis 2028 für möglich – auch ohne zusätzliche Haushaltsmittel. In der koalitionsinternen Debatte um ein Reformpaket für die Wirtschaft hat er Vorschläge ausgearbeitet, die sich insgesamt gegenfinanzieren.

Lindner will Potenzialwachstum bis 2028 verdoppeln

Lindner will Potenzialwachstum verdoppeln

Reformpaket soll ohne zusätzliche Haushaltsmittel auskommen – Einigung innerhalb der Ampel bis Juni angestrebt

Bundesfinanzminister Christian Lindner hält eine Verdoppelung des Potenzialwachstums in Deutschland bis 2028 für möglich – auch ohne zusätzliche Haushaltsmittel. In der koalitionsinternen Debatte um ein Reformpaket für die Wirtschaft hat er Vorschläge ausgearbeitet, die sich insgesamt gegenfinanzieren.

ahe Berlin

In der Ampel ist der interne Beratungsprozess über ein großes Reform- und Entlastungspaket für die deutsche Wirtschaft angelaufen, auf das sich die Koalition bis Juni einigen will. Nach Vorstellungen von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sollen die Maßnahmen, die noch in diesem Jahr in Gesetzesform gegossen werden sollen, keine zusätzlichen Haushaltsmittel erforderlich machen, das Potenzialwachstum in Deutschland aber dennoch in den kommenden Jahren verdoppeln.

Wie aus dem Finanzministerium verlautete, will Lindner in den koalitionsinternen Konsultationsprozess in den kommenden Wochen mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) eine Vielzahl von Vorschlägen einbringen, die sich zusammengenommen gegenfinanzieren. Demnach sollen insbesondere die Produktionsbedingungen strukturell verbessert werden, etwa durch Reformen auf dem Arbeitsmarkt sowie einen weiteren Bürokratieabbau. „Wir brauchen keine Nachfrageimpulse“, hieß es im Ministerium.

Lindner sieht IRA nicht als Vorbild

In der Debatte, wie die Wirtschaft wieder in Schwung gebracht und die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland wieder gestärkt werden kann, hatte es auch in der Koalition wiederholt Forderungen nach neuen staatlichen Investitionsprogrammen gegeben. Linder will aber keinesfalls zu einer expansiven Fiskalpolitik zurückkehren. In seinem Ministerium verweist man in diesem Zusammenhang auch auf den Inflation Reduction Act (IRA) in den USA. Dieser habe zu einer höheren Inflation geführt.

Die reale Wachstumsrate des Produktionspotenzials der deutschen Volkswirtschaft, die in den 1970er Jahren noch bei durchschnittlich 2,5% lag, war in den letzten Jahren deutlich auf zuletzt nur noch 0,5% gesunken. Der Finanzminister will diese Rate nun wieder auf durchschnittlich 1,0% bringen – und das schon bis 2028.

Umsetzung noch dieses Jahr

Im Zentrum seines Programms sollen bessere Arbeitsanreize stehen, etwa durch erneute Änderungen beim Bürgergeld. Anreize für einen Vorruhestand sollen reduziert werden. Zugleich soll bei den Einwanderungsbedingungen für Fachkräfte noch einmal nachgebessert werden: So könnten Sonderregelungen für den Westbalkan auf weitere Staaten erweitert werden und Fachkräfte aus dem Ausland für drei Jahre Steuererleichterungen erhalten, etwa in Form von Freibeträgen.

Im Bereich des Bürokratieabbaus zielt das Programm des FDP-Chefs auf eine Entschlackung der Nachhaltigkeitsberichterstattung, eine Aussetzung des deutschen Lieferkettengesetzes, bis die neuen EU-Regeln in Kraft treten, sowie eine Novellierung des Vergaberechts. Wie in Berlin weiter verlautete, gehören zu Lindners „Wirtschaftswende“-Paket auch eine bessere steuerliche Forschungsförderung, die Abschaffung des Solidaritätszuschlags in zwei Schritten sowie eine Verlängerung der Abschreibungsoptionen aus dem Wachstumschancengesetz. Wie groß die Erleichterungen aus diesem Paket insgesamt sind, wurde nicht genannt. Aber allein der Solidaritätszuschlag hat ein Volumen von 12 bis 13 Mrd. Euro im Jahr.

Was machen Habeck und Scholz?

Lindner hofft, sein Programm noch in diesem Jahr umsetzen zu können – muss sich aber noch mit Scholz und Habeck einigen. Das Bundeskanzleramt und das Wirtschaftsministerium wollen eigene Vorschläge in die Ampel-interne Debatte der nächsten Wochen einbringen. Scholz hatte sich erst in dieser Woche mit Vertretern der Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft getroffen, die den Bundeskanzler bei dieser Gelegenheit noch einmal eindrücklich auf die strukturellen Herausforderungen hingewiesen und Reformen angemahnt hatten.

„Bleibt das Wachstumspotenzial so niedrig wie derzeit absehbar, wird das Land die großen Herausforderungen finanziell und auch gesellschaftlich nicht stemmen können“, hatten BDA, BDI, DIHK und ZDH in einem gemeinsamen Statement gewarnt.

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