Konjunktur

Trüber Herbst für Exporteure

Die gestörten Lieferketten und Materialengpässe bremsen die deutsche Exportwirtschaft im September erneut aus. Das unerwartet kräftig gestiegene ZEW-Konjunkturbarometer sorgt allerdings für Zuversicht, dass sich diese Probleme bald auflösen.

Trüber Herbst für Exporteure

ba Frankfurt

Während die harten Konjunkturdaten wie etwa die Außenhandelszahlen zeigen, dass die deutsche Wirtschaft in einem äußerst trüben Herbst steckt, senden Stimmungsindikatoren wie das ZEW-Konjunkturbarometer bereits wieder erste Hoffnungssignale. Dass die nach dem Corona-Einbruch erfolgte kräftige Gegenbewegung zum Jahresende hin schwächer wird und ein Großteil der avisierten Aufholjagd doch erst im kommenden Jahr stattfindet, gilt für Ökonomen als gesetzt. Dementsprechend folgen nun auch die Wirtschaftsweisen mit ihrer Prognoserevision. In ihrem Jahresgutachten, das am heutigen Mittwoch der Bundesregierung übergeben wird, senken sie Medienberichten zufolge die Voraussagen für 2021 und erhöhen diese für 2022.

Gravierende Engpässe

Laut Statistischem Bundesamt (Destatis) sind die Ausfuhren im September kalender- und saisonbereinigt um 0,7% im Monatsvergleich gesunken. Ökonomen hatten mit einer Stagnation gerechnet, nachdem im August erstmals seit 15 Monaten ein Exportminus verzeichnet worden war – von 0,8%. Seit Mai 2020 hatte die Erfolgsserie der deutschen Exporteure gehalten, wobei die Ausfuhren zuletzt aber nur mehr dem Wert nach zulegten, aber nicht mehr gemessen am Gütervolumen. Hätten die Exporteure keine höheren Preise durchsetzen können, wäre die Serie bereits früher gerissen – nicht zuletzt, da die Industrieproduktion wegen der gravierenden Engpässe bei Vorprodukten und Rohstoffen, der Logistikprobleme und markant gestiegener Kosten für Öl, Gas, Kohle und Strom stockt.

Dabei sind die Auftragsbücher derzeit voll. „Wenn die Industrieproduktion im Jammertal ist, dann sind es die Exporte irgendwann auch einmal“, sagte Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank. Der gegenwärtige Ausstoß in der Industrie reiche nicht aus, um die Ausfuhren wachsen zu lassen. „Der Materialmangel zeigt nun also auch Bremsspuren bei den Exporten“, so Gitzel. In Mangelzeiten werde daher der Importseite großes Interesse zuteil. Folglich zeigte er sich über das Importplus von 0,1% er­freut. Im August hatte Destatis ein Importwachstum von 1,2% verzeichnet. „Für einen grundlegenderen Aufschwung der Industrieproduktion und der Exporte müssen die Spannungen in der Lieferkette überwunden werden“, sagte ING-Chefökonom Carsten Brzeski. „Dies werden wir erst im Laufe des Jahres 2022 sehen.“

Brzeski verweist zudem auf eine strukturelle Verschiebung der Exportdestinationen: So sei die Bedeutung Polens, Ungarns und Tschechiens auf ein noch nie dagewesenes Niveau gestiegen und mache einen höheren Anteil an den deutschen Gesamtausfuhren aus als China, Russland und Japan zusammen. Das Vereinigte Königreich sei wegen des Brexit aus der Liste der fünf wichtigsten Handelspartner herausgefallen. Insgesamt setzten die Exporteure im September Waren im Wert von 117,8 Mrd. Euro ab. Verglichen mit September 2020 ist das eine Zunahme von 7,1%. Dabei legten die Ausfuhren in die USA um 16,2% auf 10,8 Mrd. Euro zu, während die Ausfuhren nach China um 0,2% auf 8,5 Mrd. Euro sanken.

Der Außenhandelsverband BGA lobte, dass die deutsche Außenwirtschaft trotz des „vielen Sands im Getriebe der Weltwirtschaft weiter stabil“ sei. BGA-Präsident Dirk Jandura mahnte allerdings, dass sich der Außenhandel zu Jahresende abkühlen werde.

Für Konjunkturzuversicht – auch mit Blick auf das anstehende Ifo-Geschäftsklima – sorgte das ebenfalls am Dienstag veröffentlichte Ergebnis der monatlichen Umfrage des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) unter 184 Analysten und institutionellen Anlegern. Ökonomen sehen in dem zweiten Wachstum nach fünf Rückgängen der ZEW-Konjunkturerwartungen – um 9,4 auf 31,7 Punkte – ein Zeichen der Entspannung. Zumal sie ein neuerliches Minus, auf 20,0 Zähler, erwartet hatten. Der erneute Rückgang der Lagekomponente – um 9,1 auf 12,5 Punkte – spricht für ZEW-Präsident Achim Wambach dafür, „dass die Experten für das laufende Quartal davon ausgehen, dass die Lieferengpässe sowie die hohe Inflationsrate die konjunkturelle Entwicklung be­lasten werden. Für das erste Quartal 2022 gehen sie von einer Wachstumserholung und einem Rückgang der Inflationsrate in Deutschland und im Eurogebiet aus.“ Auch das Konjunkturbarometer für den Euroraum legte erstmals seit Mai wieder zu (um 4,9 auf 25,9 Punkte), während die Lagekomponente um 4,3 auf 11,6 Zähler nachgab.

Auch die Wirtschaftsweisen erwarten eine rückläufige Inflation: 2022 sollen es 2,6% sein nach 3,1% in diesem Jahr. Die Wachstumsprognose senkten sie für 2021 auf 2,7% von zuvor 3,1%. Im kommenden Jahr soll die Wirtschaft um 4,6% zulegen. Bislang lag die Voraussage bei 4,0%.