GastbeitragAgenda 2025 für Deutschland

Wer regiert, muss auch handeln!

Ex-Bundesbankvorstand Andreas Dombret und der Deutschland-Chef von Oliver Wyman, Kai Bender, fordern die nächste Bundesregierung zum Durchgreifen auf, um den Standort Deutschland zu retten.

Wer regiert, muss auch handeln!

Gastbeitrag / Agenda 2025

Wer regiert, muss auch handeln!

Ganz gleich, ob es zu Neuwahlen kommt und wer sie gewinnt: Deutschland muss alles daransetzen, seine schwächelnde Wirtschaft nachhaltig zu stärken. Dabei wird es in erster Linie auf eine wachstumsorientierte Wirtschaftspolitik ankommen, um die Ursachen der Stagnation zu bekämpfen.

Die nächste Bundesregierung wird weitreichende Entscheidungen treffen müssen. Es braucht klare Anreize für privatwirtschaftliche Investitionen. Zugleich gilt es, wichtige staatliche Zukunftsprojekte zu beschleunigen – allem voran die Modernisierung der Infrastruktur. Als Pflichtthemen bleiben die vitalen Aufgaben mit Langfristcharakter: Bildung, Klimaschutz, Digitalisierung – und die Ertüchtigung der Bundeswehr. Welche Hebel sind vordringlich zu bedienen? 

Andreas Dombret (links) ist Global Senior Advisor bei Oliver Wyman und war Vorstandsmitglied der Deutschen Bundesbank, Kai Bender (rechts) ist Deutschlandchef der Unternehmensberatung Oliver Wyman.

Die erste Priorität kommt dem konsequenten Bürokratieabbau zu, um einen Regulierungsinfarkt zu vermeiden. Alle Vorschriften, die Investitionen unattraktiv machen oder verzögern, müssen hinterfragt werden, auch auf EU-Ebene. Neben Tariftreue- und Lieferkettengesetz zählen dazu nicht zuletzt energetische Auflagen im Immobilienbereich.

Hohe Energiekosten senken

Zweitens sollte die nächste Bundesregierung alles Notwendige in die Wege leiten, um die Energiekosten hierzulande zu senken und eine berechenbare, möglichst CO2-arme Energieversorgung sicherzustellen. Hohe Energiekosten sind aktuell eines der größten Investitionshemmnisse in Deutschland und bremsen dabei die ökologische Transformation ganz erheblich.

Drittens benötigt die Regierung eine Strategie zum Umgang mit staatsprotektionistischen Maßnahmen Chinas und der USA. Einen Zoll-Wettkampf kann Deutschland nicht gewinnen. Dabei darf es dem Ausland nicht gelingen, Europa zu spalten. Die Bundesregierung muss zeitnah auf Paris, Warschau und Rom zugehen, um wieder eine tragfähige Achse zu bilden. Und sie darf nichts unversucht lassen, um auch Großbritannien enger an die EU zu binden.

Attraktiv für Zuwanderung

Viertens muss die Regierung qualifizierte Zuwanderung attraktiv machen, um dem Fachkräftemangel zu begegnen. Auch das Arbeitsrecht muss an Flexibilität gewinnen, um den demografischen Herausforderungen gerecht zu werden. Längeres Arbeiten muss sich lohnen. Anreize zur Frühverrentung sollten hingegen infrage gestellt werden.

Fünftens plädieren wir für kategorische Technologieoffenheit, um Lösungen bei der grünen Wende zu finden. Anstatt Gesetze mit harten Fristen auf den Weg zu bringen, sollte die künftige Bundesregierung Transformationsanreize setzen – und dies mit der gebotenen Technologieoffenheit.

Reform der Schuldenbremse

Eine wirtschaftspolitische Agenda dieser Art wird ohne Frage außergewöhnliche Finanzierungsspielräume erfordern. Doch woher soll das Geld dafür kommen? In den Haushaltsplanungen sollten alle Teilhaushalte einschließlich des Sozial- und Rentensystems erneut auf Einsparpotenziale abgeklopft werden. Nur wenn dies nicht ausreicht, um den nötigen Spielraum zu schaffen, plädieren wir für eine Reform der verfassungsrechtlich verankerten Schuldenbremse. Öffentliche Investitionen in definierte „Asset-Klassen“ wie Verkehrswege könnten vorübergehend und ausnahmsweise kreditfinanziert werden.

Es erscheint uns besonders wichtig, die Eigenverantwortung in Wirtschaft und Verwaltung zu stärken und zu belohnen. Deutschland muss wieder als attraktiver Wirtschaftsstandort wahrgenommen werden. Aktuell fehlen steuerliche Anreize für Investitionen, und es mangelt an Kapital für junge Unternehmen. Europäische Konsolidierungen sind aus unserer Sicht positiv zu bewerten und auch der europäische Kapitalmarkt bedarf dringend einer Vertiefung.

Wir sind überzeugt: Die nächste Bundesregierung sollte unabhängig von der parteipolitischen Konfiguration diese Prioritäten aufnehmen und damit unsere soziale Marktwirtschaft festigen. Mehr denn je gilt: Wer regiert, muss auch handeln.