Im BlickfeldSchwache Absatzzahlen

Zoll-Schock bremst Geschäft der Autobauer

Die Absatzzahlen deutscher Hersteller in China sind auch zu Beginn des Jahres 2025 mies. Nicht nur der US-Markt könnte in nächster Zeit für weniger Ausgleich sorgen.

Zoll-Schock bremst Geschäft der Autobauer

Zoll-Schock überschattet Geschäft der Autobauer

Die Absatzzahlen deutscher Hersteller in China sind auch zu Beginn des Jahres 2025 mies. Nicht nur der US-Markt könnte in nächster Zeit für weniger Ausgleich sorgen.

Von Carsten Steevens, Hamburg

Die Absatzstatistiken der deutschen Autokonzerne im ersten Quartal 2025 zeigen miserable Zahlen für China. Nach wie vor belastet ein ruinöser Preiskampf, auf den sich VW und andere nicht einlassen wollen, das Geschäft. Gerade im Zukunftssegment der Elektrofahrzeuge verlieren die Hersteller im Wettbewerb mit lokalen Konkurrenten, die ihre Autos deutlich günstiger anbieten, weiter an Boden.

Dass die Pkw-Verkäufe von Mercedes-Benz in den ersten drei Monaten insgesamt um 4% auf 446.300 Fahrzeuge schrumpften, lag wesentlich an einem Rückgang um 10% im weltweit größten Automobilmarkt. Der Volkswagen-Konzern brachte im gleichen Zeitraum mit 2,13 Millionen global 1,4% mehr Fahrzeuge zu Kunden als vor Jahresfrist. In China sanken die Auslieferungen allerdings um 7,1% auf 644.100 Fahrzeuge. Im Markt für vollelektrische Fahrzeuge (BEV) ging es für den langjährigen Marktführer bei Fahrzeugen mit Verbrennerantrieb im ersten Quartal sogar um fast 37% abwärts. Bei einzelnen Marken des Wolfsburger Konzerns zeigt sich dabei ein besonders bedenklicher Trend.

China-Absturz bei Porsche

2024 schrumpften die Fahrzeugauslieferungen des Sportwagenbauers Porsche in China bereits um 28%, im September folgte als Reaktion die Ablösung von China-Chef Michael Kirsch durch Alexander Pollich, zuvor Leiter des Deutschlandgeschäfts. Doch im ersten Quartal dieses Jahres verstärkte sich der Rückgang der Fahrzeugauslieferungen in China weiter auf 42%. Weltweit lieferte Porsche somit 8% weniger Autos aus als im gleichen Vorjahreszeitraum.

Vor zwei Jahren – kurz nach dem Börsengang – hatte die Marke aus Stuttgart in China mit rund 21.400 noch mehr als doppelt so viele Karossen auf die Straßen gebracht wie im Startquartal dieses Jahres. Von Januar bis März 2025 landete China sogar hinter den Übersee- und Wachstumsmärkten. Zu dieser Region zählt Porsche Südostasien, Australien, den Mittleren Osten, Afrika sowie Mittel- und Südamerika. Die Region habe sich, so der Hersteller, zu einer „zentralen Säule des Porsche-Vertriebsnetzes entwickelt“.

Aufschwung in Nordamerika?

Der zuvor für diese Region zuständige Matthias Becker soll als Nachfolger des im Februar abgelösten Vertriebsvorstands Detlev von Platen den Rückgang der Volumina aufhalten. Dass er dabei auf Wachstum in Nordamerika setzen kann, erscheint nach Einführung der Zusatzzölle auf Fahrzeugimporte in die USA fraglich.

Dabei war ausgerechnet dieser Markt mit einem Plus bei den Auslieferungen von 37% auf rund 20.700 Fahrzeuge in den ersten drei Monaten dieses Jahres die größte Wachstums- und Absatzregion für Porsche. Die Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump könnte diesen Schwung nun jedoch bremsen. Verglichen mit der Schwestermarke Audi etwa, die die Importe von Fahrzeugen in den USA vorerst unterbrochen hat und auf Lagerbestände zurückgreift, sind Porsches Luxusmodelle zwar weniger margenempfindlich. Aber auch der Sportwagenbauer verfügt wie Audi über keine eigenen Produktionskapazitäten in den USA und ist auf Importe angewiesen.

Börsenwert halbiert

Anlegersorgen aufgrund möglicher Folgen eines eskalierenden weltweiten Zoll- und Handelskonflikts haben die Porsche-Vorzugsaktie in diesem Jahr um rund 29% auf etwa 41 Euro weiter sinken lassen. Verglichen mit dem Ausgabepreis beim Börsengang im September 2022 hat sich der Kurs inzwischen halbiert.

Branchenbeobachter verweisen darauf, dass die neuen Zölle voraussichtlich Fahrzeugpreise erhöhen und auf den Absatz drücken dürften. Um die Ertragsauswirkungen zu reduzieren, sei eine teilweise Weitergabe der erhöhten Zoll-Kosten notwendig, so LBBW-Autoanalyst Frank Biller. Sollten die Zölle in der angekündigten Höhe bestehen bleiben, seien kurz- bzw. mittelfristig Preiserhöhungen von 3.000 bis 10.000 Dollar je Fahrzeug in den USA realistisch. „Bei Gegenzöllen seitens Europas oder Chinas dürfte ein Großteil der Zoll-Mehrkosten ebenfalls auf die Preise der betroffenen Importfahrzeuge durchschlagen.“ Für Fahrzeugkäufer werde es in jedem Fall teurer.

Keine neuen Werke

Biller geht mit Blick auf die US-Verkäufe davon aus, dass es – falls es zu keiner Einigung kommt und die hohen Zölle länger Bestand haben – zu einem spürbaren Rückgang der Stückzahlen kommen wird. Der Informationsdienstleister GlobalData habe seine US-Absatzprognose für Fahrzeuge mit bis zu 6 Tonnen Gewicht (Light Vehicles) um 7,2% auf 14,9 Millionen in diesem Jahr gesenkt.

Dass deutsche Autokonzerne nur aufgrund der hohen Zölle in neue Werke in den USA investieren, erwartet der LBBW-Analyst mit Verweis auf Unsicherheiten bezüglich der längerfristigen Zoll-Rahmenbedingungen aktuell nicht. Hierfür sei eine längere Planungssicherheit von mindestens drei Jahren notwendig, so Biller. Er verweist dabei auf Aussagen des Mercedes-Benz-Chefs: „Der Aufbau eines kompletten Industriestandorts ist nicht ohne Weiteres möglich.“ Von der Planung bis zum Bau und der Inbetriebnahme einer Autofabrik dauere es Jahre. Auch seien hierfür eine stabile Zuliefererkette sowie ausgebildetes Fachpersonal notwendig.

Hoher Importanteil

Nach einer Analyse der Bank kommt der VW-Konzern in den USA verglichen mit den anderen deutschen Herstellern auf die größte Differenz zwischen Absatzanteil und Produktionsanteil. BMW und Mercedes-Benz produzierten fast so viele Autos in den USA wie dort abgesetzt würden. 2024 wurden insgesamt fast 60% der in den USA verkauften Fahrzeuge deutscher Hersteller importiert.

Neben Zugewinnen in Nordamerika benötigte der VW-Konzern im ersten Quartal allerdings das Wachstum bei den Auslieferungen in Südamerika (+17%) und Westeuropa (+3%), um den Absatzschwund in China auszugleichen. Zugleich verhalf ein kräftiger Zuwachs von rund 59% auf knapp 217.000 Fahrzeuge bei den BEV-Auslieferungen zum Anstieg der Gesamtzahlen im Vorjahresvergleich.

Tesla schwächelt

Dass sich der weltweite BEV-Anteil von Europas größtem Autobauer im ersten Quartal von 6 auf 10% erhöhte, lag auch am schwächelnden Absatz des US-Elektroautobauers Tesla. Dessen weltweite Verkäufe fielen im Vorjahresvergleich um fast 13% auf unter 337.000 Fahrzeuge. Marktanalysen zufolge sackte die Nachfrage vor allem in Europa und China ab, dem mit Abstand größten und dynamischsten Markt für E-Fahrzeuge.

Allein im deutschen Markt brachen die Neuzulassungen von Tesla im ersten Quartal laut Kraftfahrt-Bundesamt um 62% ein. Als Ursachen gelten das veraltete Model Y, das als Bestseller vor einem Facelift steht, sowie das politische Engagement von Tesla-Chef Elon Musk für Donald Trump und für rechtspopulistische Parteien in Europa. Der Absatz von E-Autos deutscher Hersteller legte einer EY-Analyse zufolge um 79% zu. Ihr Anteil im Heimatmarkt erhöhte sich im Vorjahresvergleich von 51 auf 66%.

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