Märkte am Nachmittag

Kriegsangst lässt etwas nach – Dax wieder über 15.000

Der Ukraine-Konflikt lastet nach wie vor auf den Märkten, zuletzt hatten aber politisch entspannende Nachrichten den Dax wieder über die 15.000-Punkte-Schwelle getrieben.

Kriegsangst lässt etwas nach – Dax wieder über 15.000

Nachdem zunächst über ein Telefonat zwischen dem weißrussischen und ukrainischen Verteidigungsminister berichtet worden war und dann auch Russlands Außenminister Lawrow für weiteren diplomatischen Dialog geworben hatte, ist der Dax wieder über die 15.000-Punkte-Schwelle gestiegen.

Im Gespräch der Verteidigungsminister von Belarus und der Ukraine sei es darum gegangen, zwischen den Nachbarländern wieder eine Atmosphäre des Dialogs herzustellen und die Sicherheit in der Region zu gewährleisten, teilt das belarussische Verteidigungsministerium mit. Die Minister hätten das laufende Militärmanöver der Ukraine und das von Belarus und Russland auf belarussischem Territorium erörtert. Beide Minister hätten ihre Zuversicht ausgedrückt, dass die Aktivität keiner Seite eine Bedrohung der Sicherheit der jeweils anderen darstelle. Die ukrainische Führung bestätigt das Telefonat und wertet es als positives Signal sowie als einen ersten Schritt in Richtung Zusammenarbeit.

Fortsetzung der diplomatischen Bemühungen

Der russische Außenminister Sergej Lawrow schlägt zudem eine Fortsetzung der diplomatischen Bemühungen um die geforderten Sicherheitsgarantien des Westens vor. Es sei nicht möglich, endlos Gespräche zu führen, sagt er in einer Unterredung mit Präsident Wladimir Putin. Aber es gebe immer eine Chance für eine Einigung. Die USA hätten konkrete Vorschläge unterbreitet, um die militärischen Risiken zu verringern. Aber die Antworten der EU und der Nato auf die Forderung Russlands nach Sicherheitsgarantien seien nicht zufriedenstellend gewesen.

Zuvor hatten zuspitzende Kriegsängste Anleger in Scharen aus den europäischen Aktienmärkten getrieben. Dax und EuroStoxx50 fielen am Montag bis gegen Mittag um jeweils gut 3% auf 14.912 beziehungsweise 4018 Punkte. Im Gegenzug deckten sich Investoren mit als sicher geltenden Bundesanleihen ein. Dies drückte die Rendite der zehnjährigen Titel auf 0,231%. Die Weltleitwährung war als „sicherer Hafen“ ebenfalls gefragt, woraufhin der Dollar-Index, der den Kurs zu wichtigen Währungen widerspiegelt, 0,4% zulegte.

„Gerade als der Coronavirus-Sturm abzuebben scheint, zehrt mit der wachsenden Erwartung einer russischen Invasion in der Ukraine eine neue Angst an den Nerven der Anleger“, sagte Analystin Susannah Streeter vom Brokerhaus Hargreaves Landsdown. Es sei nur schwer abzuschätzen, ob die Märkte bei diesem Thema überreagierten, erklärte Portfoliomanager Matt Siddle vom Vermögensverwalter Fidelity.

Nervös machte Investoren auch der erneute Anstieg der Energiepreise, der den wirtschaftlichen Aufschwung gefährden könnte. So stieg der europäische Erdgas-Terminkontrakt um bis zu 13% auf 84,20 Euro je Megawattstunde. Gerade Russland ist ein wichtiger Lieferant dieses Energieträgers. Spekulationen auf Lieferausfälle trieben auch den Ölpreis in die Höhe. Die Sorte Brent aus der Nordsee verteuerte sich bis zu 1,8% und kostete mit 96,16 Dollar je Barrel (159 Liter) zeitweise so viel wie zuletzt vor siebeneinhalb Jahren. Wegen einsetzender Gewinnmitnahmen kostete sie zuletzt nur noch 94,58 Dollar.

Ölpreis im Kriegsfall „problemlos über 100 Dollar“

„Wenn es Truppenbewegungen gibt, wird der Brent-Preis problemlos über die Marke von 100 Dollar springen“, prognostizierte Analyst Edward Moya vom Brokerhaus Oanda.

Weizen verteuerte sich ebenfalls. An der Börse Euronext stieg der Preis für eine Tonne zeitweise um knapp 2% auf 273,75 Euro. „Russland und die Ukraine gehören zu den drei wichtigsten Weizenexporteuren“, sagt Commerzbank-Analyst Carsten Fritsch. „Zusammen stellen sie mehr als ein Viertel des weltweiten Exportangebots.“

Russische Börsen unter Druck

Aus den Depots flogen auch russische Wertpapiere. Der Moskauer Index für in Dollar notierte Aktien rutschte um bis zu 5,4% ab. Der Ausverkauf russischer Staatsanleihen trieb die Rendite der zehnjährigen Bonds auf ein Sechs-Jahres-Hoch von 10,17%. „Es ist sinnvoll, Risiken in Bezug auf Russland so weit wie möglich zu minimieren und sich nicht aktiv in russischen Werten zu engagieren, bis das Risiko eines militärischen Zusammenstoßes verschwunden ist“, sagte Volkswirt Jewgeni Suworow von der CentroCreditBank.

Am Devisenmarkt zogen sich Investoren aus dem russischen Rubel und der ukrainischen Währung Hrywnja zurück. Im Gegenzug verteuerte sich der Dollar um 1,5% auf 78,29 Rubel beziehungsweise um 2,5% auf 28,749 Hrywnja.

Am westeuropäischen Aktienmarkt gerieten vor allem Reisewerte unter Verkaufsdruck. Der Branchenindex rutschte um 4% ab, da einige Airlines ihre Flüge in die Ukraine eingestellt haben oder darüber nachdenken. Die Aktien der stark in Russland engagierten Geldhäuser Raiffeisen Bank, Unicredit und Societe Generale (SocGen) büßten bis zu 8% ein. In London gaben die Papiere des Ölkonzerns BP, der am russischen Konkurrenten Rosneft beteiligt ist, 2,5% nach.

Zinsangst nicht überwunden

Die Ukraine-Krise sei aber nur ein Grund für die trübe Stimmung, sagte Neil Wilson, Chef-Analyst des Online-Brokers Markets.com. Er halte das Rätselraten um die Reaktion der US-Notenbank auf die anhaltend hohe Inflation für den nach wie vor entscheidenden Faktor. Investoren sind gespalten, ob die Fed den Leitzins im März um einen Viertel oder einen halben Prozentpunkt anheben wird.

Auch die prinzipiell positive Bilanzsaison komme mit dem einen oder anderen Wermutstropfen, gab Analyst Jochen Stanzl vom Online-Broker CMC Markets zu bedenken. „Während die meisten Unternehmen ihre Erwartungen zum Ergebnis im vierten Quartal zwar erreichen konnten, hat gut die Hälfte irgendeine Warnung im Schlepptau ihre Umsätze, Margen oder Gewinne für das laufende Jahr betreffend. Die Unternehmen spüren, dass sie in Zukunft nicht mehr so einfach in der Lage sein werden, die gestiegenen Preise für Vorprodukte und Rohstoffe eins zu eins an ihre Kunden weiterzureichen.“

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